III. Internationale Fachtagung:

»Der so genannte Anti-Terror-Kampf am Beispiel der Kurdinnen und Kurden im Lichte des internationalen Rechts«

Konferenzbericht von Elmar Millich

Vom 6. bis 8. Februar fand in Bonn die dritte Internationale Fachtagung »Der so genannte Anti-Terror-Kampf am Beispiel der Kurdinnen und Kurden im Lichte des internationalen Rechts« statt. Die vom Rechtshilfefonds Azadî und der Juristenvereinigung MAF-DAD ausgerichte Konferenz hatte als einen Schwerpunkt das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Hinblick auf die jüngsten Entwicklungen im Mittleren Osten. Unterschiedliche Vorstellungen von Autonomie bzw. Eigenstaatlichkeit in den verschiedenen Regionen Kurdistans wurden auf ihre aktuellen Realisierungschancen im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt war die aktuelle Antiterrorgesetzgebung auf europäischer und nationaler Ebene. Unterstützt wurde die juristische Fachtagung von den Organisationen »European Association of Lawyers for Democracy and World Human Rights«, der »Internationalen Liga für Menschenrechte« und der »Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen«.

Nach dem Einführungsreferat von Dr. Remzi Kartal, Kovorsitzender des KONGRA GEL, über die Philosophie des Demokratischen Konföderalismus und ihre Umsetzung in den verschiedenen Teilen Kurdistans ging der Völkerrechtler Prof. Norman Paech im ersten Teil der Konferenz auf die aktuelle Situation in Syrien ein. Er bezeichnete die Luftangriffe der von den USA geführten Koalition als völkerrechtswidrig, auch wenn sie für die VerteidigerInnen von Kobanê im Kampf gegen den IS notwendig gewesen seien. In weiteren Vorträgen wurde auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker eingegangen und die Problematik bei der konkreten Umsetzung gemäß dem Völkerrecht beschrieben. Mehrheitlich existiert aktuell die Rechtsauffassung, dass die Umsetzung dieses Selbstbestimmungsrechts durch Gründung unabhängiger Staaten auf die Phase der Entkolonialisierung beschränkt bleiben sollte, aber in der jetzigen Zeit Modelle von Autonomie und föderalen Strukturen gegenüber neuen Grenzziehungen vorteilhafter seien. Dr. Joost Jongerden referierte über die Wandlung der PKK von einer klassischen antinationalen Befreiungsbewegung mit dem Ziel eines Nationalstaates hin zu einer modernen Bewegung, die ein föderales Konzept für den gesamten Mittleren Osten entwickelt hat.

Der zweite Teil der Konferenz hatte die Anwendung und Auswirkungen des Terrorismusbegriffs und der Antiterrorgesetze zum Inhalt. Rechtsanwalt Mahmut Şakar berichtete über die Unterdrückung des kurdischen Volkes seit der Staatsgründung der Türkei von 1923, die bis heute anhalte. Prof. Fiona de Londras stellte klar, dass es bis heute keine international verbindliche Definition des Terrorismusbegriffs gebe, sondern dass dieser immer politisch geprägt sei, vor allem, wenn er sich nicht auf konkrete Verbrechen, sondern auf Organisationen und ganze Bevölkerungsteile beziehe. Dr. Rolf Gössner, Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, ging auf die positive Rolle ein, welche die PKK aktuell im Mittleren Osten spiele und warf der deutschen Regierung vor, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben und an alten Stigmatisierungen festzuhalten. Zum Abschluss des Samstagsprogramms stellte Rechtsanwalt Marc Wijngaarden den aktuellen Stand des Verfahrens dar, welches von seiner Kanzlei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Listung der PKK als terroristische Organisation auf europäischer Ebene geführt wird.

Der dritte Konferenzteil am Sonntagvormittag befasste sich mit juristischen und politischen Strategien, im Umgang mit der PKK weg von der Repressionsebene hin zu einem politischen Dialog zu kommen. Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, berichtete über politische Aktivitäten seiner Partei und wies besonders auf die für den 26. Februar angesetzte Bundestagsdebatte über eine Aufhebung des PKK-Verbots hin. Rechtsanwalt Jan Fermon bestritt, dass es überhaupt spezieller Antiterrorgesetze bedürfe, sondern dass das allgemeine Strafrecht und das Völkerrecht ausreichten, um terroristische Verbrechen zu ahnden. Er kritisierte auch die Praxis des Zustandekommens der EU-Terrorliste. Die Forderungen der einzelnen Staaten würden einfach aneinandergeheftet, ohne dass eine wirkliche Diskussion stattfände. Die Rechtsanwälte Sönke Hilbrans und Stephan Kuhn berichteten über die Strafverfahren gegen KurdInnen in Deutschland unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach § 129b StGB. Hauptargument der Verteidigung in diesen Prozessen war, dass die PKK keine terroristische Organisation sei, sondern Partei eines bewaffneten Konflikts, auf die die Zusatzprotokolle der Genfer Konvention anzuwenden seien. Diese Auffassung wurde aber mittlerweile auch in letzter gerichtlicher Instanz zurückgewiesen. Die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung berücksichtigten die Gerichte lediglich im Strafmaß, sahen aber keine völkerrechtsgemäße Rechtfertigung für die Aufnahme eines bewaffneten Kampfs. Rechtsanwalt Dündar Gürses ging noch einmal auf das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Terrorliste ein und verwies auf ähnliche Klagen der palästinensischen Hamas und der tamilischen LTTE, die Druck auf das Gericht machten, sich intensiv mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker auseinanderzusetzen. Er nannte es zudem einen Skandal, dass zwei Jahre nach den Morden an Sakine, Leyla und Fidan in Paris noch nichts zur Aufklärung des Verbrechens geschehen sei. Thomas Schmidt, Generalsekretär der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte weltweit e.V., verlas zum Schluss der Konferenz die im Folgenden wiedergegebene Abschlussresolution, die von den TeilnehmerInnen im Anschluss verabschiedet wurde. Insgesamt wurde die Konferenz von den TeilnehmerInnen positiv aufgenommen und der Wunsch geäußert, sie in vergleichbarer Form fortzusetzen.Die Fachtagung wurde veranstaltet von