Büchel ist überall – Atomwaffenfrei jetzt

20 Wochen Aktions-Präsenz in Büchel

Holger Deilke

Büchel ist der Ort, an dem die letzten 20 Atombomben auf deutschem Boden lagern. Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel (Rheinland-Pfalz) üben Bundeswehr-Piloten mit Tornados US-Atombomben ins Ziel zu fliegen. Aber nicht nur das: Dort wird nicht nur für zukünftige atomare Kriege trainiert, sondern von dort aus wird schon jetzt aktiv Krieg geführt. Büchel spielt eine zentrale Rolle beim völkerrechtswidrigen NATO-Kriegseinsatz in Syrien: Zu den vier Tornados des schleswig-holsteinischen Militär-Stützpunktes Jagel wurden im Januar 2016 zusätzlich zwei Tornados sowie weitere zwanzig Militärangehörige aus Büchel für mindestens ein Jahr für Einsätze in Syrien auf den Militärstützpunkt Incirlik/Türkei verlegt. Sie sind dort stationiert, um als Teil der NATO-Truppen in den Krieg in der Region einzugreifen. Auf der Webseite der Bundeswehr heißt es dazu am 3.4.2016: »Die Tornados führen Aufklärungseinsätze ausschließlich über dem Hoheitsgebiet von Syrien und dem Irak durch. Der Luftraum der Türkei wird nur zum An- und Abflug genutzt. Bisher lagen etwa 40 Prozent der beauftragten Aufklärungsziele in Syrien und etwa 60 Prozent im Irak.«20 Wochen Aktions-Präsenz in Büchel

Das Transportieren und Abwerfen der Atombomben durch Bundeswehr-Tornados ist das Konzept der »nuklearen Teilhabe« Deutschlands: Deutschland hat sich im Atomwaffensperrvertrag von 1970 verpflichtet, Atomwaffen oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, und diese Verpflichtung 1991 im 2+4-Vertrag bekräftigt. Mit der nuklearen Teilhabe wird das umgangen. Neue flexiblere (einstellbare Sprengkraft, größere Zielgenauigkeit ...) Atombomben sollen ab 2024 im Fliegerhorst Büchel zum Einsatz bereitstehen. Neustationierungen von Atomwaffen sind allerdings verboten, weshalb der Austausch alt gegen neu »Modernisierung« genannt wird.

Die Option zum Ersteinsatz von Atomwaffen ist Teil der NATO-Doktrin. Deshalb hält die Bundesregierung auch an der atomaren Teilhabe fest und investiert in die Modernisierung der Trägersysteme (Tornados), damit die »modernisierten« Bomben ebenfalls bedient werden können.

  1. Abstimmungsverhalten der BRD in der UN-Vollversammlung im Dezember 2015:
  2. Deutschland stimmte gegen die ethische Verpflichtung zur Abschaffung von Atomwaffen.
  3. Deutschland stimmte gegen die Forderung einer Ächtung von Atomwaffen.
  4. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung über die Anerkennung katastrophaler humanitärer Konsequenzen eines Atomwaffengebrauchs.
  5. Deutschland enthielt sich bei der Forderung nach Einrichtung der Offenen Arbeitsgruppe der UN-Generalversammlung zur rechtlichen Umsetzung eines Atomwaffenverbotes, will aber darin »mitarbeiten«.

Aktionen in Büchel:
Für den Fliegerhorst arbeiten ca. 2 000 Personen, darunter viele zivile Arbeitskräfte. Er ist deshalb in weitem Umkreis der größte Arbeitgeber, und eine Infragestellung dieses Standortes stößt in dieser sehr ländlichen Gegend auf große Ablehnung. Dennoch: Durch zähe Hartnäckigkeit von Teilen der Friedensbewegung haben sich vor Ort vielfältige Aktionen zivilen Ungehorsams in Form von kleineren und größeren Blockaden etabliert. Damit halten diese Aktionsgruppen das Thema präsent.

Bis 2013 waren es nur vereinzelte kleine Aktionen und Gruppen, die die Antikriegspräsenz in Büchel aufrechterhielten. 2013 gab es eine große Musikblockade, 2014 ein achttägiges Aktionscamp mit verschiedenen Blockaden, 2015: Büchel 65. Während der 65 Tage kam es an mehr als 30 Tagen zu Behinderungen im Ablauf der Militärroutine. An mehreren Tagen war das gesamte Gelände für 2 Stunden komplett dicht. Mehr als 450 AktivistInnen haben sich an der Aktion beteiligt. 35 Gruppen sind aus dem ganzen Bundesgebiet und Frankreich angereist.

Dieses Jahr findet nun eine 20-wöchige Aktionspräsenz vor dem Fliegerhorst statt. 20 Kalender-Wochen stehen für 20 Atombomben: Seit 26. März 2016 (26.3.2010: Beschluss aller Fraktionen des Bundestages mit großer Mehrheit für den Abzug aller Atomwaffen von deutschem Boden) bis zum Nagasaki-Gedenktag, 9. August, führen Aktionsgruppen am Atomwaffen-Stützpunkt Büchel Mahnwachen und andere gewaltfreie Aktionen (z. B. Blockaden) in eigener Verantwortung durch (der Verantwortliche für die Internetseite von Büchel65 hat am 22. Juni einen Prozess vor dem Amtsgericht in Cochem, in dem er verantwortlich gemacht werden soll für die letztjährigen Aktionen). Eine gut sichtbare Friedenswiese mit dauerhaften Friedenssymbolen der verschiedensten Gruppen wird eingerichtet. Die einzelnen Aktionsgruppen werden vor Ort von einzelnen AktivistInnen unterstützt und beraten. In der Regel richten sich die Gruppen vor dem Haupttor ein (mit Transparenten, Musik, und der Hoffnung auf gutes Wetter). Sind genügend Menschen vor Ort, ziehen häufig kleinere Gruppen vor die anderen Tore der Kaserne, um diese ebenfalls zu blockieren. Die Bundeswehr ist offensichtlich daran interessiert, dass es kein Aufsehen gibt, und richtet sich im Wesentlichen auf das zeitlich begrenzte Blockiertsein ein.

Im Herbst 2016 wird überlegt werden, ob ab 2017 eine Dauerpräsenz eingerichtet wird bis zum Abzug aller Atomwaffen aus Büchel. Die Reaktionen von Militär und Polizei werden sicher nicht immer so zurückhaltend bleiben. Aber wie heißt es: Das weiche Wasser bricht den Stein.