Editorial


EditorialLiebe Leserinnen und Leser,

das neue Jahr ist angebrochen und wir blicken nicht einfachen Zeiten entgegen. Der grenzüberschreitende Krieg des türkischen Staates gegen die kurdische Zivilbevölkerung und deren Freiheitsbewegung hat die letzten Monate des vergangenen Jahres komplett dominiert und auch für den Jahresanfang wird das wohl so bleiben.

Die Frage, die wir uns in diesem Zusammenhang stellen müssen, ist, was unsere Antwort darauf sein muss? Zunächst einmal dürfen wir uns von der gegenwärtigen Situation nicht erdrücken lassen. Uns muss klar sein, dass der Widerstand in Kurdistan auf allen Ebenen fortgesetzt wird. Wir müssen diesen Widerstand durch praktische Solidarität stärken. Und von Deutschland aus geht das besonders gut. Denn die Bundesregierung stützt derzeit mit am aktivsten die Diktatur Erdoğans. Deutsche Waffenlieferungen in die Türkei boomen, der schmutzige EU-Türkei-Flüchtlingsdeal verschafft der AKP diplomatischen und wirtschaftlichen Spielraum und die Repressionen gegen kurdische Aktivisten in Deutschland nehmen weiter zu. Und genau an diesen Punkten können wir aktiv werden, wir können beispielsweise mit öffentlichkeitswirksamen Initiativen gegen den Krieg in Kurdistan oder das in Deutschland bestehende PKK-Verbot auch hier eine Kraft gegen diese unmenschlichen Praktiken organisieren; wir können uns an bestehenden Kampagnen wie »TATORT Kurdistan« beteiligen und wir können die §129b-Prozesse gegen kurdische Aktivisten, die in mehreren deutschen Städten stattfinden, durch Prozessbeobachtungen begleiten und über sie informieren, um nur einige Beispiele zu nennen.


Neben der Öffentlichkeitsarbeit können wir uns auch an der finanziellen Unterstützung von solidarischen Projekten in Nordkurdistan und in Rojava beteiligen. Der AKP-Staat hat zahlreiche Hilfsorganisationen, die humanitäre Hilfe für tausende Familien in der Region leisteten, ebenfalls verboten. Um das nicht einfach so hinzunehmen, können wir beispielsweise zu dem Projekt der Familienpatenschaften in Nordkurdistan beitragen. Wir können auch eines der zahlreichen Aufbauprojekte in Rojava unterstützen, die in Deutschland von der Stiftung der Freien Frau in Rojava (WJAR) koordiniert werden.

Natürlich müssen wir uns klarmachen, dass der Kampf gegen die kapitalistische Moderne nicht bloß in Kurdistan, sondern überall auf der Welt stattfindet. Deshalb stellt sich uns auch die Frage, ganz konkret hier vor der eigenen Haustür, was unsere Antworten auf die Angriffe des globalen Kapitalismus sind. Und in dieser Auseinandersetzung können wir sicherlich viel von den Erfahrungen und den Ideen der kurdischen Freiheitsbewegung lernen. Wir können uns zusammentun, Lesegruppen und Bildungsveranstaltungen organisieren und gemeinsam darüber diskutieren, wie wir denn leben wollen und was wir dafür tun müssen. Ein Termin, den mensch sich in dieser Hinsicht merken sollte, ist Ostern 2017, wenn zum dritten Mal die Konferenz »Die kapitalistische Moderne herausfordern« nach Hamburg einlädt.

Viel zu tun also im neuen Jahr. Für Schwarzsehen und Passivität bleibt da nicht viel Raum. Lasst uns also aktiv werden. Das ist letztlich auch die einzig richtige Antwort auf den Krieg in Kurdistan und anderswo und die Auswüchse der kapitalistischen Moderne.

Die Redaktion