Hintergrundbericht zu deutsch-türkischen Rüstungsgeschäften und der Nutzung deutscher Panzer in Efrîn/Nordsyrien

»Deutsche Panzer raus aus Kurdistan«

Meral Çiçek, Yeni Özgür Politika, 27.01.2018

»Es ist doch eine große Schande für dieses Land, dass wir [...] zu einem der größten Rüstungsexporteure geworden sind. Die Bundesregierung hat sich zum Handlungsgehilfen der Rüstungsindustrie machen lassen und tritt die Werte unserer Außenpolitik mit Füßen. [...] Unter Angela Merkel sind wir nun zum Helfershelfer für die Aufrüstung von Diktaturen geworden.«

Freiburg: Deutschland produziert - Erdogan bombardiertDieses Zitat von Sigmar Gabriel stammt vom Juni 2013. Damals war seine Partei SPD noch in der Opposition. Derselbe Sigmar Gabriel ist mittlerweile zum »Rüstungsminister« avanciert, der seinem türkischen Kollegen Çavuşoğlu in seiner Heimat türkischen Tee und schmutzige Waffendeals serviert. Beim »Versöhnungstreffen« in Goslar Anfang Januar dieses Jahres ging es unter anderem auch um die Modernisierung der Leopard-2A4-Panzer in türkischem Besitz. Das türkische Militär besitzt ca. 350 dieser Panzer aus deutscher Produktion. Ankara wünscht sich durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall die Aufrüstung von 100 seiner Leopard-Panzer mit dickeren Bodenplatten zum Schutz gegen Sprengfallen und Minen. Außerdem soll ein Sensorsystem zur Verteidigung gegen Panzerabwehrgeschosse installiert werden.

Türkei kämpft nicht gegen den IS

Der deutsche Außenminister hat die Aufrüstung der Leopard-Panzer bisher stets mit dem Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) begründet. Angeblich seien beim Einsatz gegen den IS mehrere Leopard-Panzer zerstört worden. Demnach sollen die Panzer im Bestand der türkischen Armee gegen vom IS gelegte Minen besser geschützt werden. Schön und gut, aber das türkische Militär kämpft doch gar nicht gegen den IS. Die Türkei führt nirgendwo einen aktiven militärischen Kampf gegen ihn. Aber welchem Ziel soll die Aufrüstung der 100 Panzer dann dienen? Worum geht es wirklich? Obwohl bisher in keiner der zu dieser Sache abgegebenen Erklärungen von Kurden die Rede war, ist doch offensichtlich, dass es der Türkei eigentlich um den Kampf gegen die Kurden geht. Denn sie bekämpft momentan militärisch nur Kurden. Und das sowohl innerhalb der eigenen Staatsgrenzen als auch im Norden von Syrien und dem Irak. Und damit dieser Kampf die gewünschten Ergebnisse bringt, sollen jetzt von Deutschland produzierte Panzer durch eine deutsche Rüstungsfirma auf den letzten Stand gebracht werden. In den vergangenen Jahren haben die Volksverteidigungskräfte (HPG) und die Einheit der Freien Frauen (YJA-Star) verstärkt auf Sabotageaktionen mit Minen gesetzt und dabei mehrere Panzer des türkischen Militärs entweder zerstört oder stark beschädigt. Das ist der wahre Grund für das türkische Gesuch zur Aufrüstung ihrer Panzer.

Panzer sollen für Kampf gegen Kurden nachgerüstet werden

Und damit nicht genug. Mitten in der Diskussion um die Aufrüstung der Leopard-Panzer in türkischem Besitz und die dafür notwendige Genehmigung (Gabriel hatte in seinem Gespräch mit Çavuşoğlu Anfang Januar ja angedeutet, die Nachrüstung könne genehmigt werden) hat das türkische Militär seine Angriffe auf Efrîn gestartet – ausgerüstet mit Leopard-Panzern. Das führt vor Augen, dass es der Türkei bei der Nachrüstung nicht nur um den Kampf gegen Kurden innerhalb der eigenen Staatsgrenzen geht, sondern auch um die militärische Besetzung von Rojava.

Dass die nachgerüsteten Panzer aber nicht gegen den IS, sondern Kurden aufgefahren werden sollen, kann die Bundesregierung so natürlich nicht sagen. Und deshalb wird die Öffentlichkeit bewusst getäuscht. Doch die Bilder der vergangenen Tage, die zeigen, wie türkische Panzer aus deutscher Produktion die Grenze nach Nordsyrien passieren, haben diese billigen Lügen und dreckigen Deals der Bundesregierung aufgedeckt. Konfrontiert mit dem starken öffentlichen Druck auf die Regierung erklärte Berlin, die Entscheidung zur Nachrüstungsgenehmigung bis zur Neubildung einer Regierung zu vertagen. Das heißt jedoch nicht, dass die Nachrüstungspläne fallen gelassen worden sind. Vielmehr scheint es, als wolle vor allem die SPD verhindern, dass dieses Thema im Falle eines Scheiterns der Koalitionsgespräche und von Neuwahlen Stimmenverluste mit sich bringt. Denn die Kritik konzentriert sich vor allem auf Sigmar Gabriel.

Deutschlands Waffenpolitik

Deutsch-türkische Waffengeschäfte sind nichts Neues. Dieses Verhältnis ist viel älter als die Parole »Deutsche Panzer raus aus Kurdistan«. Preußische Offiziere hatten beginnend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem osmanischen Heer immer wieder verschiedene »Dienste« geleistet. General Helmuth von Moltke leitete zwischen 1835 und 1839 eine Mission mit 8 Offizieren und 16 Unteroffizieren. Zahlreiche deutsche Offiziere, vor allem von Moltke, leisteten den Osmanen militärisch und politisch »beratende Dienste«. Im Ergebnis sah sich Sultan II. Abdulhamid nach der Niederlage gegen die Russen gezwungen, die Reorganisierung seines Heeres mit deutscher »Unterstützung« zu genehmigen. In diesem Zusammenhang wurde das osmanische Heer bewaffnet, über Hamburg wurden Hunderte schwere Kanonen nach Istanbul exportiert. 1886 wurde beschlossen, den Osmanen 500.000 Gewehre und 50.000 moderne Karabiner zu liefern. Insgesamt 100 vom Sultan höchstpersönlich bestimmte osmanische Offiziere wurden in Potsdam ausgebildet.

Waffenexporte sichern politischen Einfluss

Deutsche Waffenexporte und Militärhilfe für die Osmanen sind ein eigenes Untersuchungsfeld. Aber hierzu an dieser Stelle nur so viel: Aus Sicht der Deutschen ging es bei der Entwicklung militärischer Beziehungen zum Osmanischen Reich nicht primär um die Stärkung der deutschen Rüstungsindustrie. Natürlich hat dies eine wichtige Rolle gespielt. Die wirtschaftlichen Interessen des Großbürgertums und sein politischer Einfluss sind nicht zu ignorieren. Aber meiner Meinung nach wäre es falsch, diese Beziehung auf wirtschaftliche Interessen zu beschränken. Denn beim deutschen Waffenhandel dominieren immer politische Interessen. In der Bundesrepublik werden jährlich Waffen im Wert von sechs Milliarden Euro verkauft. Die Rüstungsindustrie spielt längst nicht mehr die wirtschaftliche Rolle, die sie in den 1970ern gespielt hat. Andere Branchen bringen der deutschen Wirtschaft viel größere Gewinne. Beschäftigt sind in dieser Industrie heutzutage nur noch 80.000 Menschen. Grund hierfür ist auch, dass die Rüstungsproduktion immer mehr ins Ausland verlagert wird.

Interesse am Fortbestehen des Krieges in Kurdistan

Aus Sicht des deutschen Staates spielt beim Rüstungsexport der strategische und politische Einfluss eine viel größere Rolle. Und dabei handelt es sich um eine Haupteigenschaft des deutschen Imperialismus. Aus diesem Grund büßt die Parole »Deutsche Panzer raus aus Kurdistan« aus Sicht der Kurden auch nichts an Aktualität ein. Denn – und das muss man klar zum Ausdruck bringen – die Bundesregierung hat ein Interesse am Fortbestehen des Krieges in Kurdistan. Nicht nur im Rahmen der NATO, sondern auch um die Türkei kontrollieren und ihre Interessen im Mittleren Osten verfolgen zu können. Dabei agiert der deutsche Imperialismus im Vergleich zum beispielsweise US-amerikanischen Imperialismus eher verdeckt und indirekt.

Aus eben diesem Grund findet der Rüstungsexport in Deutschland zumeist auch verdeckt statt. Beschlossen wird meist im Geheimen, hinter verschlossenen Türen. Nicht das Parlament oder Kabinett, sondern der Bundessicherheitsrat entscheidet darüber, an welches Land welche Waffen geliefert werden. Der Bundessicherheitsrat, 1955 im Jahr des NATO-Beitritts vom damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer gegründet, besteht aus der Bundeskanzlerin, dem Kanzleramtschef sowie den Außen-, Verteidigungs-, Wirtschafts-, Finanz-, Innen-, Justiz- und Entwicklungshilfeministern. Beim Bundessicherheitsrat hat Geheimhaltung oberste Priorität; die Öffentlichkeit erfährt meist erst im Nachhinein von Waffendeals.

Zunahme von Waffenexporten in Krisengebiete

Die Bundesregierung hat in den letzten vier Jahren ihre Waffenlieferungen an EU- und NATO-Staaten nicht erhöht. 2017 wurden Waffen im Wert von 6,24 Milliarden Euro verkauft. 60 % davon gingen in Kriegs- und Konfliktregionen. Die Große Koalition von CDU/CSU und SPD hat in ihrer Amtszeit Waffenexporte im Gesamtwert von 24,9 Milliarden Euro genehmigt.

Die Vorgängerregierung aus CDU/CSU und FDP hatte im gleichen Zeitraum Waffenexporte im Wert von 21 Milliarden Euro genehmigt. Der Großteil davon ging an NATO-Partner. Während der Großen Koalition hat jedoch der Waffenexport in Drittländer zugenommen. Während die Waffenexporte in der letzten Legislaturperiode um 21 % gestiegen sind, stellen Konfliktstaaten (Algerien, Ägypten, Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate) die Hälfte der zehn größten Rüstungsempfänger.

Deutschland vertieft das Chaos

Auch wenn sich Deutschland immer mit seinen hohen Exportkriterien und Kontrollmechanismen bei Waffenlieferungen rühmt, handelt es sich dabei um einen sehr trickreichen Bereich. Es gibt kaum ein rechtliches Hindernis, das Bundesregierung und Rüstungsindustrie bisher nicht überwunden, kaum eine Lücke, die sie nicht genutzt hätten. Und wenn nötig, wird einfach tief in die Trickkiste gegriffen. Bisher wurde dafür kaum jemand zur Verantwortung gezogen. Aus diesem Grund hat die deutsche Rüstungsindustrie immer einen Weg gefunden, Waffen zu liefern, wohin sie immer will, auch wenn immer behauptet wird, »aus Prinzip« keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern. Entweder wurden sie heimlich exportiert oder die Produktion wurde ins jeweilige Land verlagert oder über Dritte hat man dafür gesorgt, dass die Waffen im gewünschten Land ankommen. Die Geschichte der deutschen Rüstungsindustrie ist voll mit solchen Beispielen.

Waffenlieferungen an undemokratische Regime

Verhält sich die Bundesregierung wirklich nur aus wirtschaftlichen Interessen so? Geht es beispielsweise bei der Belieferung der Türkei mit Waffen, die gegen Kurden genutzt werden, primär um wirtschaftlichen Profit? Können wir das wirklich so begründen? Welchen Schluss müssen wir aus dem Umstand ziehen, dass die Bundesregierung so oder so immer in instabile Regionen Waffen geliefert hat, vor allem in den Mittleren Osten und nach Nordafrika? Wie war es beispielsweise möglich, dass das G3-Gewehr in den 1980er Jahren in achtzig Länder geliefert wurde, von denen die meisten in einer Kriegs- oder Konfliktsituation waren? Die Lizenz für dieselbe Waffe wurde an fünfzehn Staaten verkauft. Dazu gehören Pakistan (1963), Iran (1963), Türkei (1967), Saudi-Arabien (1969), Brasilien (1976), Mexiko (1979), Myanmar (1981) und die Philippinen.

Vor allem in den Jahren, in denen Lizenzen erteilt wurden, fällt auf, dass dann rechte und faschistische Regime und Militärjuntas aufstiegen und die Verfolgung von linken und Befreiungsbewegungen verstärkt wurde. Und eben hier liegt das Hauptinteresse bei deutschen Rüstungsexporten: Indem faschistische oder antidemokratische Regime gegen Volksbewegungen bewaffnet werden, soll das Erstarken linker und demokratischer Bewegungen verhindert werden. Indem man in diese Kriegs- und Konfliktregionen Waffen liefert, wird dafür gesorgt, dass der Krieg besonders blutig verläuft und länger andauert.

Beispielsweise belieferte Deutschland während des ersten Golfkriegs sowohl den Iran als auch den Irak mit Waffen und spielte somit eine Rolle im Krieg. Durch Waffenlieferungen in instabile Regionen werden Krisen und Chaos vertieft. Aus diesem Grund können wir die deutschen Waffenlieferungen in die Türkei sowie Waffenschenkungen nicht nur oder primär aus wirtschaftlicher Sicht bewerten. Deutschland hat ein Interesse an der Fortdauer dieses Krieges, der Stärkung der Rechten und der Schwächung der kurdischen Freiheitsbewegung. Man kann sagen, dass sie die Türkei über diesen Krieg sozusagen beaufsichtigt. Wir sollten uns nicht täuschen lassen von temporären »Konflikten« in den deutsch-türkischen Beziehungen. In der strategischen Partnerschaft haben diese Konflikte keinen bleibenden Schaden hinterlassen. Und aus diesem Grund ist es nicht ausreichend, allein die Waffenlieferungen an die Türkei zu thematisieren und gegen sie zu protestieren. Denn dieser Export stellt nur eine Dimension einer viel umfassenderen Partnerschaft dar. Nur wenn die feindselige Haltung der Bundesregierung gegenüber der kurdischen Freiheitsbewegung in ihrer Kausalität und Geschichte aufgedeckt und belichtet wird, können schmutzige Deals zwischen Berlin und Ankara gestört werden.

Hintergrund: Deutsche Leopard-Panzer und die Türkei

Der Verkauf von Leopard-Panzern in die Türkei begann gleich nach dem Militärputsch von 1980 zu einer Zeit, in der Tausende Kurden und Linke in Militärgefängnissen schwerster Folter ausgesetzt waren und sich die PKK auf den bewaffneten Kampf vorbereitete. Im Rahmen der »NATO-Verteidigungshilfe« lieferte die Bundesregierung zwischen 1982 und 1984 71 Panzer des Modells Leopard 1 an die Türkei. Zwischen 1990 und 1993, also zu Beginn des »schmutzigen Krieges« der türkischen Regierung gegen die kurdische Bevölkerung sowie der kurdischen Volksaufstände vor allem in der Region Botan, wurden weitere 320 Panzer exportiert. Diese Lieferung wurde mit der »alleinigen Verteidigung des Landes und dementsprechend der NATO-Allianz« begründet. Mit diesen Panzern wurden in der ersten Hälfte der 1990er Jahre über 4.000 kurdische Dörfer zerstört und Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Zwischen 2006 und 2011 lieferte Deutschland der Türkei dann 354 modernisierte Leopard-2A4-Panzer. Die Genehmigung wurde 2005 in den letzten Regierungstagen der damaligen Koalition von SPD und Grünen unterzeichnet. Diesmal wurde als Einschränkung nur festgelegt, dass die Panzer ohne Erlaubnis aus Berlin nicht an Dritte weitergegeben oder verkauft werden dürften. Darüber hinaus fand der Waffendeal ganz ohne Einschränkungen statt.

Hintergrund des aktuellen Nachrüstungsgesuchs

Auch wenn die Leopard-Panzer von der Münchener Rüstungsfirma KraussMaffei Wegman« gebaut werden, soll die von der Türkei gewünschte Nachrüstung von der Düsseldorfer Rheinmetall umgesetzt werden. Geplant ist, 100 von ca. 350 Leopard-2A4-Panzern im türkischen Bestand nachzurüsten. Daran würde Rheinmetall 250 Millionen Euro verdienen. Aber es geht nicht nur um die Nachrüstung selbst, sondern um ein weit größeres Projekt. Aus diesem Grund trafen sich der [Vorstands-]Vorsitzende von Rheinmetall, Armin Papperger, und der Aufsichtsratsvorsitzende der Lobbyfirma WMP EuroCom, Hans-Hermann Tiedje, im vergangenen Herbst mit Sigmar Gabriel. Dabei ging es um die Bedeutung der Nachrüstung türkischer Leopard-Panzer für die weitere Zusammenarbeit mit der türkischen Rüstungsindustrie. Aber von vorn:

Deutsch-türkisches Gemeinschaftsunternehmen

Rheinmetall gründete 2016 zusammen mit dem türkischen Militärfahrzeugproduzenten BMC ein Joint Venture namens RBSS (Rheinmetall BMC Defense Industry). Besitzer von BMC, die auch die Militärfahrzeuge vom Typ »Igel« herstellen, ist Ethem Sancak aus Sêrt (Siirt), ein enger Freund des türkischen Präsidenten Erdoğan. Sechzig Prozent der RBSS-Anteile liegen bei BMC, der Rest bei Rheinmetall. Aber BMC gehört fast zur Hälfte Katar, damit ist Katar indirekt Teil von Rheinmetall-BMC.

Für Rheinmetall ist diese Partnerschaft vor allem wichtig, um Militärfahrzeuge direkt in der Türkei zu produzieren und problemlos in verschiedene Konfliktregionen im Mittleren Osten und anderswo zu exportieren. Restriktive Gesetze können umgangen werden, wenn Waffen und Militärfahrzeuge außerhalb Deutschlands hergestellt oder nur Zusatzteile produziert werden. Aus Sicht der Türkei soll mit diesem gemeinsamen Unternehmen das sieben Milliarden Euro schwere nationale Panzerprojekt Altay umgesetzt werden. RBSS soll vom türkischen Unterstaatssekretariat für Rüstungsindustrie den Auftrag für die Produktion der ersten 100–200 Panzer erhalten. Erdoğan selbst hat sich im Dezember 2017 per Dekret zum Vorsitzenden des Amtes für Ausschreibungen der Militärfahrzeugproduktion erklären lassen und hat somit alle Entscheidungsmacht.

Bedeutung des Nachrüstungsprojekts für Rheinmetall

Auch wenn Rheinmetall das Gegenteil behauptet, zeigen gemeinsame Recherchen von Stern, Correctiv und Özgürüz, dass ohne offizielle Genehmigung der Bundesregierung schon mit dem Bau einer gemeinsamen Panzerfabrik begonnen worden ist. Im türkischen Karasu am Schwarzen Meer wird auf einem 222 Hektar großen Areal eine Fabrik gebaut. Obwohl die Parteien dies leugnen, ist klar, dass all diese Vorbereitungen für die Herstellung von Panzern der Marke Altay bestimmt sind.

Die Modernisierung der Leopard-Panzer hat in diesem Riesenprojekt eine Schlüsselfunktion, denn Rheinmetall hat vor, die Panzer zusammen mit BMC in der Türkei nachzurüsten. Die Beschleunigung des Fabrikbaus in Karasu mag damit zusammenhängen. Denn wenn die Nachrüstung hier erfolgen sollte, könnte schon mal das Personal für die spätere Produktion der Altay-Panzer geschult werden.

Das Bundesaußenministerium erklärte, Gabriel habe in seinem Gespräch mit dem Rheinmetall-CEO Papperger und dem Lobbyisten Tiedje seine ablehnende Haltung zu bestimmten Formen von Rüstungsexporten zum Ausdruck gebracht. Allerdings steht die bisherige Praxis deutscher Waffenexporte offen im Raum. Und auch Rheinmetallchef Papperger äußerte im Oktober gegenüber dpa, dass Rheinmetall trotz der Kritik und der Spannungen zwischen Berlin und Ankara im Gespräch mit der türkischen Seite bleiben werde. Schließlich sei die Türkei weiter NATO-Partner. Politische Einschätzungen könnten sich sehr schnell ändern, schneller als Industriestrategien.


 Kurdistan Report 196 | März/April 2018