Erste internationale Frauenkonferenz »Revolution im Aufbau« des Netzwerks »Women Weaving the Future« hat im Oktober in Frankfurt stattgefunden

Revolution im Aufbau – revolution in the making

Sophia Angeli

Erste Internationale Frauenkonferenz im Oktober in FrankfurtErstmals fand in Frankfurt im Studierendenhaus an der Goethe-Universität die internationale Frauenkonferenz »Revolution im Aufbau« statt. Das Netzwerk »Women Weaving the Future«, in welchem verschiedene Organisationen und Einrichtungen der kurdischen Frauenbewegung vertreten sind, organisierte die Zusammenkunft, zu welcher am 5. und 6. Oktober 2018 mehr als 500 Frauen aus aller Welt kamen. Zunächst gilt es an dieser Stelle all jenen zu danken, die die Konferenz möglich gemacht haben. Ohne die Mitarbeit vieler Helferinnen und Helfer aus unterschiedlichen Kreisen wäre es nicht möglich gewesen, so eine wunderbare Konferenz auszurichten. Besonderer Dank gilt der kurdischen Community aus Frankfurt und Umgebung, insbesondere den Familien, welche so liebevoll und gastfreundlich Frauen aus aller Welt bei sich zuhause aufnahmen. Auch der Frauensender Jin TV, welcher die Konferenz live übertrug, und all den Dolmetscher*innen soll herzlich gedankt werden. Und zuletzt natürlich Dank an die Organisatorinnen, welche das Wochenende inhaltlich vorbereiteten.

Der Saal war zum Auftakt brechend voll, die Bühne geschmückt mit Blumen, die Wände dienten als Galerie für Bilder von Revolutionärinnen und Transparente. Eröffnet wurde die Konferenz durch Vertreterinnen der kurdischen Frauenbewegung in Europa. So erklärte Şenge Kahraman, die Mutter von zwei im kurdischen Befreiungskampf gefallenen Söhnen, dass ihr Land in vier Teile geteilt worden sei, Kultur und Sprache verboten worden seien. Alle Mütter der Welt müssten sich vereinen und hinter dem Widerstand ihrer Kinder stehen, denn es lebe die Freiheit. Dilber Aydin, eine Vertreterin der kurdischen Frauenbewegung in Europa und des Vorbereitungskomitees, betonte die historische Chance der jetzigen Phase, das Jahrhundert zu einem Jahrhundert der Frauen und der Freiheit zu machen. Die Frauenfrage könne niemals ein Nebenwiderspruch sein, sondern müsse im Herzen jedes revolutionären Kampfes stehen. Revolution dürfe nicht mystifiziert werden, dies sei eine ideologische Manipulation. Es gelte, gemeinsam zu kämpfen und alle Farben zusammenzubringen, um das 21. Jahrhundert zur Revolution der Frauen zu machen. Dafür bedürfe es emotionaler wie analytischer Intelligenz sowie eines Teilens der Perspektiven. Sie schloss mit dem Aufruf, nun gemeinsam die Frauenrevolution zu organisieren. Eine Performance von Vertreterinnen der Befreiungskämpfe aus aller Welt nahm die kämpferische Stimmung bereits zu Beginn der Konferenz auf. Es wurden Parolen gerufen, Blumen verteilt und die Fäuste gehoben. Die Schönheit der kämpferischen Frauen spiegelte sich auch in der farbenfrohen Kleidung wider, die viele trugen.

Die erste Session trug den Titel »Der Höhepunkt des Patriarchats und sein systematischer Kampf gegen Frauen«. ­Debbie Bookchin, eine Journalistin und Autorin aus den USA, moderierte das Panel und leitete mit folgenden Worten ein: »Wir verbinden die Kämpfe unserer Schwestern, wir leben in einer Zeit mit viel Gewalt gegen Frauen und haben das alle selbst erfahren. Auf der anderen Seite birgt diese Zeit große Möglichkeiten. Die Frauenbewegung ist nie stärker gewesen, das Patriarchat hat sich nie so klar gezeigt.«

»Der Höhepunkt des Patriarchats: Die Frauenfeindlichkeit des Kapitalismus«, so lautete der Titel des Beitrages von Miriam Miranda. Die Aktivistin und Leiterin der Organisation OFRANEH kommt aus dem Volk der Garifuna, das der Sklaverei entfloh und sich mit karibischen Völkern mischte. Die Organisation hat einige Tausend Mitglieder und kämpft für die Rechte der Bevölkerung, auch Miriam unterstützt aktiv den Kampf. »Wir erleben in einer Zivilisationskrise ein System, das auf dem Rücken von Frauen aufgebaut wird. Die Frauen leiden am meisten unter den Krisen, Männer lassen ihre Frustration an den Frauen aus. Wir Frauen müssen die kollektiven Werte und die Natur verteidigen, um den nächsten Generationen ein Leben zu ermöglichen. Wir haben nur diese Erde. Wir wollen sie verteidigen, das ist unsere Aufgabe als Frauen. Wir müssen uns als Frauen entkolonialisieren. Wir müssen die Dialektik und uns selbst ändern. Wir müssen aufhören, kapitalistische Werte zu reproduzieren. Wir müssen hier mit Alternativen für ein neues Leben herauskommen, darauf haben wir das Recht.«

Claudia Korol erörterte in ihrem Beitrag »Der Zusammenbruch des 21. Jahrhunderts: Frauen ergreifen Herausforderungen und Chancen« die Möglichkeiten der patriarchalen Systemkrise für die Frauenbefreiung. Die Journalistin kommt aus Argentinien und ist Mitbegründerin der Volksuniversität der Madres de Plaza de Mayo. »Ich komme aus dem Süden von Abjadala, was ›Erde mit lebendigem Blut‹ bedeutet. Die Weißen haben es Amerika genannt. Wir fühlen und leiden mit, wenn eine Bombe in Efrîn explodiert. Wir danken allen, die in den Bergen und Dörfern kämpfen. Ihr kurdischen Frauen habt uns gezeigt, dass es möglich ist, Revolution zu machen. Seit 500 Jahren wird auf unserem Kontinent ein Genozid ausgeübt. Unsere Seen, Wälder und unsere Körper werden verschmutzt, weil wir unter Besatzung leben sollen. Das Patriarchat und die Sklaverei beruhen auf der Ausbeutung der Frauen, Communities und unserer Empfindungen. Durch eine Gesellschaft, die nur den Tod, Drogen und Prostitution anbietet, baut das Imperium seine Hegemonie auf Ausbeutung auf. Das geschieht im Namen einer Zivilisation, die rassistisch und sexistisch ist und das Leben zerstört. Uns wird der Zugang zu Bildung und zu unserem eigenen Land versagt. Die USA verbreiten sich auf unserem Territorium. Der Krieg der Herrschenden wird gegen die Basisfrauen geführt. Wir brauchen einen Platz für uns. Wir klagen an, wir organisieren uns. Die Frauen von heute glauben nicht mehr an die Versprechungen der patriarchalen Kultur. ›Keine Frau weniger – Ni una menos‹, mit diesem Motto stehen wir nicht nur gegen Feminizide auf. Wir kämpfen auch dafür, dass wir nicht noch eine weniger durch Rassismus werden. Keine weniger, die aus den Geschichtsbüchern gestrichen wird, die ohne Bildung bleibt, ermordet wird oder bei einer Abtreibung stirbt. Unser Kampf ist ein kollektiver Schrei. Wir bauen Alternativen, wir sind stark, wo wir sind. Wir finden unser altes Wissen zurück, wie wir uns ernähren und heilen ohne Industrie. Wir lernen unsere alten Sprachen wieder und wir kämpfen gegen Individualismus. Das erfüllt uns mit Freude, die uns Kraft gibt für den feministischen Kampf. Wir werden unsere Revolution revolutionieren!« Die Istanbuler Soziologin Nazan Üstündağ sprach über Sexismus und seine Verbindung mit der heiligen Dreifaltigkeit des Kapitalismus. »Fundamentalismus, Nationalismus und Wissenschaftlichkeit sind die Mittel, die die kapitalistische Moderne aufbauen und einen sehr gewalttätigen Krieg gegen Frauen führen. Ohne den Staat gibt es Nationen, aber keinen Nationalismus. Ohne Staat gibt es Religion, aber keinen Fundamentalismus. Diese Ideologien basieren auf der politischen Organisation des Staates. Wir müssen uns die Kräfte zurückholen, die uns gehören.«

In der anschließenden Diskussion ging es um die Fragen, wie gegen all die Angriffe vorzugehen sei und wie ein neues Bewusstsein entwickelt werden könne. Es ginge darum, die Deutungshoheit über den Fortschrittsbegriff aufzubrechen. Veränderung sei notwendig, dazu gehöre auch, den Planeten zu verteidigen, dessen Ressourcen geplündert werden. Auch die Arbeit in einem Kollektiv aus Frauen, wie es bei Jin TV geschehe, sei eine Antwort. Denn dort würden sich die Frauen gegenseitig stärken und sich so von dem lösen, was das Patriarchat ihnen vorschreibe. Selbstverwaltung, so der Konsens, werde es ermöglichen, die Kontrolle über das Leben zu erlangen und dieses selbst zu gestalten.

Den Nachmittag des ersten Tages gestalteten neun verschiedene Workshops, welche im kleineren Rahmen die Möglichkeit boten, die jeweils lokalen Kämpfe unter einem gemeinsamen Fokus zu vergleichen, Erfahrungen auszutauschen und Methoden des Kampfes zu diskutieren.

Schon der erste Tag der Konferenz bestärkte die revolutionäre Hoffnung auf eine freie Zukunft. Am Abend wurde diese dann auch noch musikalisch genährt: Die Musikerinnen der Gruppe »Stimme der Natur« spielten revolutionäre Lieder in unterschiedlichsten Sprachen, wozu gemeinsam und zahlreich getanzt wurde.

Den zweiten Tag leitete das Panel »Frauenbefreiungskampf von Fis nach Kobanê und von Minbic nach Raqqa« ein, welches von Rahila Gupta, Journalistin und langjähriges Mitglied der Southall Black Sisters, moderiert wurde. Videobotschaften eröffneten die Session, so wurden die Stimmen einiger Eltern von internationalistischen Gefallenen gehört, Frauen aus Brasilien bezeugten ihren Kampf gegen Patriarchat und Faschismus im Kontext der Präsidentschaftswahlen und aus Italien erklangen solidarische Rufe der nationalen Konferenz von »ni una di meno«. Rahila betonte in ihrer einleitenden Rede den Freiheitskampf der kurdischen Frauen, welcher sich gegen die Versklavung von Frauen weltweit richte. So sei es besonders wichtig, an dieser Stelle die Kämpferinnen der YPJ und die Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad zu grüßen.

Die Rednerinnen auf dem Podium repräsentierten den Befreiungskampf, welchen sie in Syrien und Europa führen. Haskar Kırmızıgül, Gründungsmitglied des Jineolojî-Zentrums in Brüssel, Avin Swed, Sprecherin von Kongreya Star, dem Dachverband der Frauenbewegung in Rojava, Khawla al-Issa Alhamoud, Aktivistin und Sprecherin des Frauenrats in Raqqa, sowie Foza Yûsif, Ko-Vorsitzende des Gründungsrats der Demokratischen Föderation Nordsyrien.

Haskar sprach vom 40-jährigen Befreiungskampf der kurdischen Bewegung und betonte hierbei die Rolle, die Frauen seit Beginn mit ihrer Suche nach Befreiung aus den patriarchalen Zuständen spielten. Den Ideen Öcalans zufolge könne es eine freie Gesellschaft nur durch die Befreiung der Frau geben. Diesen Kampf zu führen, sei die Aufgabe der revolutionären Frau. Dies betonte auch Avin und erklärte das 21. Jahrhundert zum Jahrhundert der Frauen. Khala brachte den Anwesenden eindrücklich die Situation der Frauen unter der Besatzung des sogenannten Islamischen Staates näher. Die Aufgabe sei es nun, die Frauen zu organisieren und zu bilden, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht Objekte der Schande seien, sondern diejenigen, welche Gerechtigkeit und Freiheit erkämpfen werden. Der Beitrag von Foza erörterte die praktische Umsetzung der Frauenrechte in Rojava. Für die Selbstbestimmung der Frauen und die Schaffung eines neuen Systems sei die Organisierung unabdinglich, nur so seien die Ideen der Freiheit zu verwirklichen und zu institutionalisieren. Die Diskussion, die dem Panel folgte, war besonders lebhaft und zeugte von dem Interesse der Teilnehmerinnen, mehr über die konkreten praktischen Schritte, aber auch über die Konflikte und Herausforderungen zu erfahren, welche dem Aufbau der freien, demokratischen Gesellschaft inmitten des Krieges innewohnen.

Den Nachmittag füllte die Session »Verschiedene Orte, universelle Kämpfe: Frauenbewegungen und ihre Erfahrungen«. Yvonne Heine von Cenî, dem kurdischen Frauenbüro für Frieden, moderierte die Session. Jade Daniels, eine Aktivistin, Künstlerin und Schriftstellerin, beleuchtete in ihrem energiegeladenen Beitrag die Situation der schwarzen Frauen in den USA und die immer noch herrschende Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung durch staatliche Institutionen und deren inhärenten Rassismus. Sie selbst ist Aktivistin bei Black Lives Matter in L. A. und organisiert dort die Community, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der politischen Bildung liegt. Nazira Goreya, die Ko-Vorsitzende des Exekutivrates des Kantons Cizîrê und Mitbegründerin der Suryoye Frauen Union in Rojava/Nordsyrien, beschrieb den Kampf der Suryoye-Frauen an der Seite der kurdischen. Zudem ging sie auf die Gefahr ein, die besonders Minderheiten in faschistischen Zeiten drohten und betonte deshalb die Wichtigkeit der Einheit der ethnischen Gruppen und des gemeinsamen Kampfes um die Freiheit. Mary Joan Guan von der Frauenorganisation ­GABRIELA von den Philippinen betonte, dass der antipatriarchale Kampf nicht von anderen Kämpfen, wie dem Kampf gegen den Imperialismus getrennt werden könne. Auch sie wies auf die Rolle der Frauen im Kampf hin, sei es im Entwickeln eines Bewusstseins oder in der Organisierung der Menschen. Rita Segato, Professorin für Anthropologie und Bioethik an der UNESCO Universität Brasilia, erklärte, dass in Lateinamerika das große Problem die Feminizide seien. Aufgrund der Heftigkeit dieser Morde, die quantitativ an Opfer­zahlen in Kriegen herankommen, erläuterte sie die Notwendigkeit, dass Frauen zusammenkommen und sich organisieren. »Die Revolutionen in Lateinamerika haben den Frauen nichts gebracht, denn sie sind im Rahmen des Staates geblieben. Es wurde zwar vieles im privaten Leben verändert, aber keine Politikform der Frauen entwickelt. Die Kommune muss wiederbelebt und ein Schlussstrich unter den Staat gezogen werden. Der Staat ist nicht der Weg. Die Politik muss wieder aus den Häusern der Frauen kommen, wie bei den Zapatistas in Chiapas.« Selay Ghaffar von der Solidaritätspartei Afghanistans ließ starke Worte der Solidarität verlauten und erklärte eines der wichtigsten Ziele ihrer Partei, nämlich dass Frauen sich organisieren. In Afghanistan würden Frauen jedoch nicht nur durch Fanatismus und Fundamentalismus unterdrückt, sondern insbesondere stelle auch die Besatzung durch imperialistische Staaten ein enormes Problem dar. »Die Begriffe Demokratie und Freiheit von Frauen werden benutzt, um die Besatzung zu rechtfertigen. Die USA haben in den 1980ern ungeheure Summen investiert, um die Islamisten zu unterstützen, damit sich der Kommunismus nicht in Afghanistan ausbreitet. Das Parlament ist voll mit den Marionetten der USA, die nur ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen und ihre neusten Waffensysteme auf afghanischem Boden testen. Frauenrechte, Menschenrechte und Demokratie können nicht mit Massakern und Bomben durchgesetzt werden.«

Das Abschlusspanel moderierte Meral Çiçek von REPAK und wurde eingeleitet von Videobotschaften des Jineolojî-Komitees und der KJK aus den Bergen Kurdistans. Die Beiträge der Rednerinnen reflektierten die Inhalte der Kämpfe, welche in den vergangenen zwei Tagen zusammengetragen wurden, und Erfahrungen der internationalen feministischen Solidarität und stellten die Frage nach Methoden und Formen der gemeinsamen Organisierung. Die Kraft und die Hoffnung, die das Zusammenkommen von über 500 Frauen, die sich wiederum stellvertretend für Millionen von Frauen weltweit auf der Konferenz versammelten, war auch noch in den späten Nachmittagsstunden sowohl im Saal als auch auf dem Podium deutlich zu spüren.

Dies war das Besondere an der Konferenz. Die Möglichkeit des Austausches zwischen all diesen Frauen, die sich in den jeweiligen Kontexten befinden, aber dennoch für dieselbe Freiheit kämpfen, vereint. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass dieser Kampf gegen das Patriarchat, gegen den Kapitalismus, gegen den Nationalstaat und Faschismus jetzt geführt wird und einer größeren Vernetzung bedarf. Die Zukunft weben – das bedeutet auch, dass es ein kollektiver Prozess ist zu entscheiden, wie denn die Zukunft beschaffen sein soll. Es geht somit auch um die Beziehung zueinander, um die Beziehung zwischen Mensch und Natur und um die Beziehung zur eigenen Identität. Das Muster der Zukunft ist ein buntes, ein vielfältiges, gewebt aus den Fäden des gemeinsamen Kampfes um die Freiheit und dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben in Frieden und ohne Unterdrückung und Ausbeutung.

Abschussresolution der ersten internationalen Frauenkonferenz »Revolution im Aufbau«

»Wir sind uns sehr der Tatsache bewusst, dass vom Patriarchat ein globaler Krieg gegen Frauen geführt wird. Wir haben in verschiedenen Formen gegen das Patriarchat seit Tausenden von Jahren gekämpft. Diese neue Welle des globalen Krieges gegen Frauen richtet sich gegen uns aufgrund dessen, was wir erreicht haben und aufgrund der Tatsache, dass wir die Bedeutung der Vorstellung eines gleichberechtigten und freien Lebens und dessen Realisierung immer weiter wachsen lassen; in allen Teilen der Welt.

Sei dir darüber klar! Wir werden nehmen, was uns gehört: unsere Kraft und unsere Freiheit. Wir werden das trotz der extremen Brutalität tun, der uns das Patriarchat zwingt entgegenzutreten.

Es gibt viele verschiedene Gesichter des globalen Krieges gegen Frauen: Rassismus, Kolonialisierung, Kapitalismus und Patriarchat verbinden sich auf unterschiedliche Weise; zuweilen kristallisieren sie sich zu Figuren wie Erdoğan, Duterte, Mondi, Putin und Trump, die offen frauenfeindlich sind, die rassistisch sind und das Patriarchat mobilisieren, um Macht zu monopolisieren und die Umwelt zu zerstören, um ein paar wenige reich zu machen.

Dann gibt es die Kartelle an Orten wie El Salvador, Guatemala, Honduras und die Warlords in Afghanistan. Es gibt staatliche Gerichte in Iran, die die Todesstrafe gegen Frauen verhängen, und es gibt den Grenzschutz in Europa und den Vereinigten Staaten. Es gibt den Sexhandel sowohl in Europa als auch in Afrika. Da sind der IS und andere patriarchale dschihadistische Organisationen im Nahen Osten und es gibt die Kapitalisten, die die Arbeit von Frauen ausbeuten sowie die Söldner, die sie überall auf der Welt kidnappen und vergewaltigen. Es gibt die sogenannten Ehrenverbrechen und Verbrechen aus Leidenschaft, Genitalverstümmelung und Vergewaltigung; alle Arten, in denen Frauen durch ihre intimen Beziehungen verletzt und getötet werden. Dann gibt es die Staaten und die Gerichte, die die Täter beschützen und Frauen bestrafen. Viel wichtiger jedoch sind die Frauen. Menschenrechtsaktivistinnen, Feministinnen, Kämpferinnen, Politikerinnen, Aktivistinnen ... Frauen versuchen trotz aller Widrigkeiten, ihre Kinder im Jemen am Leben zu erhalten, leisten Widerstand gegen Extremismus und Diktatur in Ägypten, überleben und helfen anderen, Vergewaltigung zu überleben und Entführung aus den êzîdischen Gemeinschaften. Sie versuchen Frieden für ihre Gesellschaft und die Welt auf dem Balkan zu schaffen und Frauen in Argentinien, die sich organisieren und vereinen. Frauen aus Syrien, Libyen, Zentralamerika und Westafrika sind auf der Flucht und versuchen, sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Auch gibt es zapatistische Frauen, die um jeden Preis kämpfen und aufbauen, und dann gibt es die Frauen, die in Rojava eine Revolution machen und sich eine andere Welt vorstellen. Auf all diesen verschiedenen Wegen weben wir unsere Zukunft.

Da sind jene, die sagen, Black Lives Matter und me too, solche, die sagen, dass nicht eine weniger sein darf, nein zum Abtreibungsverbot und dass du nicht alleine bist. Und solche, die sagen, dass du das hättest sein können.

Jetzt ist die Zeit, es zu verstehen, wertszuchätzen, zu fühlen und die ganzen verschiedenen Kämpfe zu unterstützen. Und vor allem ist es wichtig, ein Teil dieser Kämpfe zu werden! In den letzten zwei Tagen kamen mehr als 500 Frauen von überall auf der Welt in Frankfurt zusammen und haben darüber diskutiert, wie wir unsere Zukunft weben sollen und wie ein Beitrag für die Frauenrevolution in der Mache geleistet werden kann, und wie von vielen in der Konferenz vorgeschlagen, müssen wir unsere Organisationen organisieren, verknüpfen und vernetzen, und so wie andere es vorgeschlagen haben, müssen wir anfangen, einen weltweiten demokratischen Konföderalismus der Frauen aufzubauen. Lasst diese Konferenz und dieses Netzwerk zu einem ersten Schritt werden. Zum Schluss dieser Konferenz erklären wir, dass wir unseren gemeinsamen Kampf für Freiheit von jeder einzelnen von uns und von uns allen fortführen werden. Wir werden es nicht erlauben, dass nur eine Frau verletzt wird. Wir werden den Kampf gegen das Patriarchat gewinnen. Wir werden neue Einrichtungen einer freien und neuen Gesellschaft schaffen. Wir erklären, dass eine Revolution in der Mache ist, die Krise des Kapitalismus ist ein Ergebnis unserer Kämpfe und das Jetzt – die Gegenwart – gibt uns die historische Möglichkeit, dieses Jahrhundert, das 21. Jahrhundert, in ein Jahrhundert der Frauen und der Völker zu wandeln. Wie eine der Rednerinnen sagte: ‚Wir als JIN (Frauen) möchten, dass unser JIYAN (Leben) auf AZADÎ (Freiheit) beruht.‘ Also lasst uns gemeinsam unsere Stimmen und unsere Fäuste erheben und rufen NI UNA MENOS, ELE NAO, BLACK LIVES MATTER und JIN JIYAN AZADI!«


 Kurdistan Report 200 | November/Dezember 2018