Die kurdische Bewegung konnte die Verbindung des Todes mit dem Leben und der Politik wiederherstellen

Angriffe auf die Gefallenenfriedhöfe in Nordkurdistan

Interview mit Hisyar Özsoy

»Für den Staat ist es nicht möglich, diesen Krieg zu gewinnen, indem er Gräber und Beerdigungen angreift und diese beleidigt.« | Foto: anfIn den vergangenen Monaten sind Friedhöfe in Nordkurdistan vermehrt Ziel von Angriffen türkischer Sicherheitskräfte geworden. Anfang Juni hat die Freiheitliche Juristenvereinigung (ÖHD ‒ Özgürlük için Hukukçular Derneği) einen Bericht über staatliche Angriffe auf den Friedhof von Sîsê (Yolçatı) in der Nähe der nordkurdischen Kreisstadt Licê verfasst. In diesem Bericht wird ein deutlicher Anstieg der Angriffe auf den Gefallenenfriedhof in den vergangenen Monaten verzeichnet. Die Angriffe auf Guerillagräber werden als »Vollzug von Feindrecht gegen die Kurden« bezeichnet und es wird hervorgehoben, dass solche Angriffe nach dem Ende des Friedensdialogs 2015 besonders zugenommen hätten. Es wird von Grabschändungen durch Sicherheitskräfte in Licê, Farqîn (Silvan), Erdîş (Erçiş), Gever (Yüksekova), Cewlîg (Bingöl), Kelê (Malazgirt) und Heşkîf (Hasankeyf) berichtet.
Im Folgenden veröffentlichen wir ein Interview mit dem Doktor der Anthropologie und HDP-Abgeordneten aus Amed (Diyarbakır), Hisyar Özsoy, über diese Staatspraxis.

Wir wissen, dass der Tod zwei Aspekte hat. Es gibt den biologischen und den sozialen Tod. Nach dem biologischen Tod bleiben Einflüsse des toten Individuums auf das Leben bestehen. Wie können wir uns in dieser Hinsicht die Bedeutung der Angriffe auf Gräber erklären?

Das hat natürlich eine Geschichte und ist keine temporäre Angelegenheit, sondern schon lange Politik des Staates. Der Staat will die Kurd*innen, die er tötet, auf biologische Wesen reduzieren ‒ das ist das eigentliche Problem. Wir unterscheiden uns von anderen Wesen, Tieren, Pflanzen durch die soziale Organisierung des Lebens. Dazu gehört auch der Tod. Was der Staat tun will, ist, die Kurd*innen auf den biologischen Tod zu reduzieren. Am Ende sterben alle, aber als Gesellschaft und Mensch geben wir dem biologischen Tod einen sozialen und symbolischen Wert. Mit seinen Praktiken versucht der Staat, die Kurd*innen daran zu hindern, dem biologischen Tod eine soziale und symbolische Dimension zu geben. In diesem Sinne versucht er, das symbolische und soziale Universum zu zerstören, in dem der Tod einen Sinn finden würde: Der Staat versucht, den sozialen Tod zu töten. Wir werden darüber sprechen, wie erfolgreich er dabei ist.

Welche Art von Bindung wurde zwischen der Gesellschaft und den Toten hergestellt, wenn wir uns die politischen Umstände und den Freiheitskampf der kurdischen Gesellschaft vor Augen führen? Über was für eine Kraft verfügen die Gräber der Kurdinnen und Kurden?

In allen Religionen und Glaubensrichtungen der Welt messen wir dem Tod Heiligkeit bei. Selbst wenn wir an Friedhöfen vorbeigehen, pfeifen oder singen wir nicht: das ist eine Form des Respekts. Ein Ort, an dem Respekt aufgebaut wird ... Abgesehen davon sind die Todesfälle, von denen wir sprechen, letztlich politische Todesfälle. Politische Todesfälle haben auch einen wichtigen Platz in der Nationbildung der kurdischen Gesellschaft. In meiner früheren akademischen Arbeit habe ich erwähnt, dass die Vorstellung einer kurdischen Nation dem einer kollektiven Beerdigung ähnelt. Wir sprechen von Hunderttausenden von Menschen, die im Kampf für die nationale Befreiung in Kurdistan ihr Leben gelassen haben.

Schauen Sie, es werden immer noch Lieder über Ali Şer oder Şêx Seîdê Pîran (Scheich Said) geschrieben und gesungen. Wir sprechen von bis zu 40.000 bis 50.000 Menschen aus jüngster Zeit. Und das nur in Nordkurdistan. Denken wir dann noch an die anderen Teile Kurdistans, ist der Tod ein sehr zentraler Punkt in der nationalen Vorstellungskraft der Kurd*innen. Weil der Staat das erkannt hat, versucht er, den Tod von seinem politischen Image zu trennen, d. h., die Verbindung der kurdischen Menschen zueinander zu trennen, Grenzen zwischen ihnen zu ziehen und diese Grenzen streng zu kontrollieren.

Wie erfolgreich kann dies sein?

Das ist eine vergebliche Anstrengung. Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel nennen: Şêx Seîd wurde 1925 in Dağkapı gehenkt und in einem Massengrab verscharrt. Wir wissen nicht, wo. Fast seit hundert Jahren, ziemlich genau 95 Jahre, also auch heute noch, halten die Menschen diese Erinnerung lebendig. Ja, wenn Şêx Seîd ein Grab hätte, wäre es heute wahrscheinlich eine Pilgerstätte und die Leute würden ihn besuchen. Die Regierung versucht zu verhindern, dass Spuren hinterlassen werden, und sie hat Erfolg, wenn auch mit Gewalt. Sie geht hin und zerstört. Was wir in letzter Zeit gesehen haben, ist, dass Friedhöfe bombardiert und zerstört werden, oder sie mit Zäunen abgesperrt werden. Sei es mit Panzern oder Bulldozern.

Aber es entsteht ein Krieg, den der Staat nicht gewinnen kann. 95 Jahre später haben Şêx Seîd und Seyîd Riza, die beiden, die über kein Grab verfügen, die keine Beerdigungen hatten, immer noch einen sehr zentralen und kraftvollen Platz in der sozialen und politischen Vorstellungskraft der kurdischen Gesellschaft.

Ich behaupte sogar, würden Gräber gefunden, hätten die Toten einen bestimmten Ort, würde ihre Bedeutung eventuell auf einem lokalen Bereich begrenzt bleiben. Da es aber keine Gräber gibt, entsteht eine große und symbolische Leere. Und die Kurd*innen versuchen, diese symbolische Leere mit vielen Geschichten, historischen Erzählungen und Mythen zu füllen. Eine Situation, die den Einfluss des Todes auf die symbolische, politische und nationale Vorstellungskraft ständig erhöht. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Staat keine Chance, die »toten Körper« und ihre Geister zu bekämpfen und zu zerstören. Im Rahmen eines psychologischen Krieges versucht er ständig, den Wert und das Verständnis des Todes in der Gesellschaft zu untergraben, insbesondere unter den Kurd*innen. Eine schwierige Situation ist natürlich der Abriss der Gräber und das Zerstören der Grabsteine. Dies sind physische Angriffe. Aber es gibt keine Möglichkeiten für sie, diesen Krieg im symbolischen Bereich zu gewinnen.

Sie sagen, dass die kurdische Bewegung in den letzten 40 Jahren die Bedeutung des Todes im Nahen Ostens verändert hat. Können Sie das ein wenig ausführen?

In den letzten 40 Jahren haben wir über viele Tote gesprochen, Zehntausende kurdische Jugendliche sind gestorben. Todesfälle werden als Sinn und Wert in die symbolische Welt eingraviert. Selbst wenn Gräber nicht zugelassen werden, sind die organischen Beziehungen zwischen den Toten und der kurdischen Gesellschaft sehr hoch, wenn sie an Familien und Großfamilien denken. Genau an diesem Punkt komme ich zu der Schlussfolgerung einer fast »kollektiven Beerdigung«. Der Tod ist so produktiv bei der Etablierung der kurdischen nationalen Vorstellungskraft! Der Tod ist im Grunde eine persönliche Situation. Eine Person stirbt und die Gesellschaft kodiert diesen Tod, indem sie Rituale durchführt. Einige verbrennen Asche, einige machen Beerdigungen, aber letztendlich ist es ein universeller Zustand, ein Übergangsprozess, von dieser Welt in die andere Welt. Es variiert je nach Ort. Alevit*innen, Sunnit*innen und Êzîd*innen sind unterschiedlich, aber alle müssen ihre Toten von dieser Welt in eine andere Welt schicken. Wir können nicht trauern, bis wir uns nicht verabschiedet haben. Die kurdische Bewegung war in der Lage, den Tod wieder mit Leben und Politik zu verbinden.

Es war eine sehr ernste Transformation in den letzten 40 Jahren. Wir wissen um den Widerstand im Jahr 1980 im Gefängnis von Diyarbakır (kurdisch: Amed). Der Satz der Hungerstreikenden »Wir lieben das Leben so sehr, dass wir bereit sind, dafür zu sterben« ist zu einem Slogan geworden, aber auf die philosophische Dimension des Satzes wird wenig eingegangenen. Es ist seltsam, nicht wahr? Es war auch die zentrale Losung für das Todesfasten. Wenn man die kurdische Bewegung betrachtet, erkennt man, dass sie einen Mechanismus geschaffen hat, aus dem Tod ein politisches Leben zu schaffen. Um das Märtyrertum oder um den Tod haben sie eine weitere breite symbolische und politische Vorstellungskraft gebildet. Grob formuliert, verändern sie die Bedeutung des biologischen Todes: Er ist in Kurdistan nicht mehr das Ende.

Was die kurdische Bewegung verändert hat, ist keine Frage des Weiterlebens in der anderen Welt. Es geht darum: Wenn ein Mensch biologisch stirbt, hält sein Einfluss in diesem Leben weiter an. Die kurdische Bewegung konnte die Verbindung des Todes zum Leben und der Politik wiederherstellen. Der Tod hörte also auf, biologisch zu sein. Der Kampf der kurdischen Bewegung wird als Versuch angesehen, die Todesangst der Kurd*innen zu überwinden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Vedat Aydın1 ist gestorben, vom Staat ermordet, aber seitdem war er Gegenstand in Tausenden von Gedichten, Büchern und Liedern. Irgendwie wurde der Tod in der ganzen kurdischen nationalen Vorstellungskraft eine Inspiration. Der Staat hat in der Vergangenheit Kurd*innen getötet und sie aus der Welt der Bedeutung und des Wertes verbannt. Sie würden nichts mehr ausdrücken können. Aber was die kurdische Bewegung in den letzten 40 Jahren getan hat, ist, den Tod der vom Staat getöteten Kurd*innen in eine Art »symbolbezogene Ökonomie« zu transformieren, um biologische Todesfälle in eine Welt von Bedeutung und Wert zu bringen. Es gibt einen solchen Punkt in der Bildung der nationalen Vorstellungskraft. Familien, deren Kinder in verschiedenen Provinzen Kurdistans gestorben sind, werden »Wertfamilien« genannt. Sie schaffen Wert aus dem Tod innerhalb eines bestimmten Martyriums. Was die kurdische Bewegung tut, ist die Schaffung einer solchen »symbolbezogenen Ökonomie«. Niemand, der nun stirbt, wird zu einem Nichts verurteilt. Jeder im bestimmten Kontext gestorbene Mensch bekommt einen Wert. Der Staat greift so hart an, um genau diese Wertschöpfung zu verhindern.

Auf welcher Ebene steht die gewalttätige Kraft des Staates gegen diese Kraft von Symbolen und Bildern? Kann er diese Wertschöpfung, von der Sie sprachen, stoppen?

Er greift physisch an und versucht, physische Spuren zu zerstören. Bei der Wertschöpfung geht es nicht nur darum, die Toten zu finden und zu beerdigen. Wenn der Staat die Kurd*innen tötet, wird die symbolische Welt wachsen. Tatsächlich versuche ich, etwas über das berühmte Gedicht von Musa Anter2 zu schreiben, als ein Beispiel für die Produktivität des Todes. Das Grauen, das Ape Musa gelesen hat. Das Grauen, welches dem Henker die ganze Zeit über widerfährt. Der Henker tötet durchgehend, aber: »Der Henker ist eines Nachts in seinem Bett aufgewacht und sagte, mein Gott, was für ein schwieriges Rätsel. Je mehr ich töte, desto mehr vermehren sie sich. Aber je mehr ich töte, desto mehr sterbe ich.« Der Henker tötet ständig, aber wenn er tötet, vermehren sie sich numerisch, politisch und symbolisch.

Für den Staat ist es nicht möglich, diesen Krieg zu gewinnen, indem er Gräber und Beerdigungen angreift und diese beleidigt. Er kämpft gegen Geister. Es ist eine bedauerliche Situation. Der Staat ist in der Sorge und im Entsetzen des Henkers. Der Grund, warum er so viel angegriffen hat, ist, dass er glaubt, dass sie sich vermehren. Wenn der Staat nur ein wenig intelligent wäre, würde er sehen, je weniger er tötet, desto weniger ernährt er diese Ökonomie tatsächlich. Es gibt auch eine in dieser Hinsicht interessante Dialektik. Der Staat befindet sich in einer Praxis, der seine Gegner in dem Maße vergrößert, in dem er sie tötet.

Rênas Cûdî schrieb einen Artikel in der kurdischen Tageszeitung Yeni Özgür Politika im Kontext des Neokolonialismus und weist darauf hin, dass sich der Staat jetzt darauf konzentriert, wie Kurd*innen sterben und nicht wie sie leben sollen. Ich denke, es wäre vorteilhaft, diese Diskussion in verschiedenen Dimensionen fortzusetzen. Was würden Sie dazu beitragen?

Ich habe den Artikel ebenfalls gelesen und empfehle, ihn zu lesen. Eine der effektivsten Methoden, um die Macht in einem Land zu verstehen, besteht darin, zu untersuchen, wie Menschen sterben. Wenn Sie sich ansehen, wie der Kurde oder die Kurdin gestorben ist, werden Sie nicht nur eine Verletzung der Rechte sehen, sondern auch eine sehr komplexe politische Situation. Meiner Meinung nach ist der Grund, warum der Staat die Leichname der Kurd*innen so sehr angreift, der Wunsch nach Herrschaft. Herrschaft ist auch Dominanz über Land und Tod. Die Art und Weise, wie der Staat die Kurd*innen tötet, ist tatsächlich ein Ausdruck der kurdischen Frage.

In der Türkei oder dem Nahen Osten ist die Problematik, dass Kurd*innen nicht wie Menschen sterben können, vielleicht größer, als dass sie nicht wie Menschen leben können. Schauen wir uns die zerstückelten Leichen an, die mitten auf der Straße liegen gelassen wurden, in Kühlschränken aufbewahrt werden mussten, in naher Vergangenheit Cemile Cizir Çagırga3, Taybet Inan4. Es gibt noch die 1990er und die Zeit davor, es gibt Şêx Seîd. Eine nationale Vorstellung wird mit dem geformt, was zur Hand ist. Die wichtigsten Meilensteine, die die nationale Vorstellungskraft der Kurden ausmachen, sind Massaker und Beerdigungen. Helebce (Halabdscha), Dersim 1925, Rojava, Kobanê in naher Vergangenheit, verbrannte Dörfer, solche ohne Beerdigung. Wir sprechen von einer politischen Vorstellung, in der der Tod sehr hart und zentral ist. Das Gebiet des Todes ist das Zentrum für Souveränität und Identitätsdebatte. Es ist einfach notwendig, über »Menschenrechtsverletzung«, »skrupellos«, »unmoralisch« hinauszudenken. Dies sind Aufrufe an das Gewissen der Menschen, moralische Werte. Aber die Frage des Todes muss in den Mittelpunkt der Beziehungen zwischen Kurdistan und der Türkei gestellt werden. Dies sollte berücksichtigt werden. Weil wir Souveränität, Identität, ein bestimmtes Gebiet, Land sagen. Diese sind die konkretesten Formen dieser Kämpfe.

Beim Thema Tod geht es sehr stark um Identität, Herrschaft und das Land. Was wir Herrschaft im Staat nennen ist das Recht, politisch innerhalb der eigenen Landesgrenzen zu töten. In den vier Teilen Kurdistans möchte der Staat über den Tot der Kurd*innen verfügen. Er möchte zwischen den Toten und den Ereignissen unterscheiden, nicht nur töten, damit es nicht zu einem symbolischen, politischen oder sozialen Wert wird.

Das Angreifen von Beerdigungen und Gräbern ist ein Versuch, über Raum und Zeit zu bestimmen. Aber so ist nun mal der Tod. Wenn die Seele eines Menschen seinen Körper verlässt, können alle möglichen Beleidigungen an dem Körper vollzogen werden, aber bisher gab es keine Macht, die Seelen bekämpfte und gewann.

In einem Interview zu dieser Thematik erklärte der Politikwissenschaftler Kemal Can: »Die Regierung erklärt jede ›Abnormität‹ zur ›neuen Normalität‹.« Besteht die Gefahr, dass die Angriffe auf Gräber und Beerdigungen, die wir als die neuen Normen der Macht betrachten können, als normal akzeptiert werden könnten? Was können Politiker*innen, Journalist*innen, Intellektuelle, Demokrat*innen, also alle Oppositionsgruppen tun, um eine solche Gefahr abzuwehren?

Gewohnheit bedeutet teilweise Akzeptanz. Aber ich glaube nicht, dass es hier eine Akzeptanz gibt. In der Gesellschaft sammelt sich ein sehr ernstzunehmender Zorn an, der durch die Zerstörung der Grabsteine in den letzten Monaten durch den Staat entstanden ist. Aber wie wird sich diese Wut ausdrücken? Wenn es jetzt zehn Menschen gibt, die gegen diese Situation protestieren, werden sie von fünfzig Soldaten aufgehalten. Unsere HDP-Abgeordneten versuchen deswegen, überall präsent zu sein.

Es gibt jedoch ein großes und ernstes Problem und es gilt eine große Lücke zu füllen. Es gibt kein globales System, das sich mit den Rechten der Toten und diesen Brutalitäten befassen kann. Es gibt ein internationales Menschenrechtssystem, aber es gibt kein System, das sich damit befassen könnte. Alle versuchen, ihre eigenen Toten zu jagen. Deshalb muss eine autonome Bewegung aufgebaut werden. Sie sollte sehr stark organisiert sein, mit lokalen und internationalen Verbindungen, von Menschenrechtsverteidiger*innen bis zu Akademiker*innen, von Intellektuellen bis zu Politiker*innen und Familienangehörigen. In der kommenden Zeit möchten wir die Voraussetzungen dafür schaffen und dazu beitragen.

Die Hauptsache ist, wie kommen wir aus diesem Wirbel des Todes heraus? Wie werden diejenigen, die diesen Staat regieren, aus der Situation herauskommen, noch mehr zu töten? Wie können wir ‒ vor allem jungen Menschen ‒ Geschichten erzählen, die sich nicht allein um den Tod drehen?

Fußnoten:

1 - Am 5. Juli 1991 entführten Paramilitärs des türkischen Staates den Politiker Vedat Aydın, damals Provinzverbandsvorsitzender der Partei HEP (Halkın Emek Partisi) in Amed (Diyarbakır). Anschließend wurde er grausam ermordet.

2 - Der kurdische Intellektuelle und Dichter Musa Anter (Apê Musa) wurde 1992 von Todesschwadronen des türkischen Staates in Amed ermordet.

3 - Zu den Opfern der türkischen Staatsgewalt gehört auch die zehnjährige Cemile Çağırga. Am 7. September 2015 spielte sie in Cizîr (Cizre) im Viertel Cûdî vor dem Haus ihrer Eltern, als sie von einem Geschoss der sogenannten Sicherheitskräfte getroffen wurde. Da die Familie aufgrund der Ausgangssperre den Leichnam ihrer Tochter nicht ins Krankenhaus bringen oder bestatten durfte, mussten sie ihn tagelang in einer Gefriertruhe aufbewahren.

4 - Im Dezember 2015 wurde Taybet Inan während der Militärbelagerung in Silopiya von türkischen Sicherheitskräften erschossen. Ihr Leichnam lag sieben Tage lang auf offener Straße und durfte nicht geborgen werden.