HDP-Abgeordneter Sirri Süreyya ÖnderInterview mit dem HDP-Abgeordneten Sırrı Süreyya Önder über seinen Besuch auf Imralı


Wir werden eine auf Prinzipien fußende Politik verfolgen ...


Günay Aksoy und Zana Kaya, Özgür Gündem, 04.06.2014

In einem Interview mit der Tageszeitung Özgür Gündem vom 4. Juni 2014 spricht der Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Sırrı Süreyya Önder über die Vorschläge des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan für die weitere Entwicklung im [Friedens-]Prozess, dessen Bewertungen hinsichtlich der anstehenden Präsidentschaftswahl in der Türkei sowie Öcalans Aufruf, revolutionäre ökonomische Modelle zu entwickeln. Wir geben das Interview leicht gekürzt wieder:

Über den Friedensprozess herrschte in der Öffentlichkeit die Ansicht vor, er sei in Kurdistan ins Stocken geraten und die Spannungen hätten in letzter Zeit zugenommen. In einer Zeit zunehmender Zweifel an der Vorgehensweise der Regierung hat es nun ein Treffen [auf Imralı] gegeben. Wie bewertet Herr Öcalan den Prozess allgemein?


Keine dieser Feststellungen ist eine Illusion oder ein von uns konstruiertes Misstrauen. Auch aus Sicht der Jugendlichen ist das so. Ja, der Prozess ist in eine chaotische Lage gekommen. Die diesbezüglichen Bedenken sind alle berechtigt und richtig. Es gibt keine Illusion oder ein falsches Verständnis. Was sind die Gründe dafür? Es gibt charakteristische Hauptmerkmale für die Vorgehensweise der Regierung seit Beginn des Prozesses. Erstens die ambivalente Haltung; zweitens die Einseitigkeit; drittens das Beharren; viertens der fehlende Mut. Bei all dem gab es zwei wichtige Faktoren, die zur Entwicklung des Prozesses beigetragen haben. Erstens die Verantwortlichkeit und der Arbeitswille zur Entwicklung des Prozesses auf Seiten Herrn Öcalans, der überhaupt erst den Anstoß zu diesem Prozess gegeben hatte. Zweitens die Haltung all der kurdischen politischen Bereiche, insbesondere der kurdischen Bevölkerung, der Jugend, Frauen und politischen Institutionen, die dem Willen Herrn Öcalans Kraft gegeben haben. Aber mehr geht von dieser Seite an diesem Punkt nicht mehr. Die auf Druck Herrn Öcalans entstandenen provokanten Entwicklungen sind eine natürliche Folge des Prozesses. Das sollte man zunächst so begreifen.


Was hat sich nun verändert, oder was wird nicht getan? Herr Öcalan macht von Anfang an darauf aufmerksam, dass es sich bei dieser Angelegenheit um eine politische handele. Die Gespräche zwischen ihm und den Delegierten des Staates seien wichtig und förderlich dafür, den Prozess anzustoßen und dessen Rahmen zu setzen, doch für eine Fortsetzung brauche es außer den Delegationen des Staates auch Vertreter politischer Institutionen. Er betont immer wieder, dass die Gespräche mit politischen Delegationen die Verhandlungsgrundlage bilden müssten. Folglich ist hierbei eine Veränderung zu verzeichnen. Wir wissen insbesondere, dass seit einem Monat intensive Diskussionen innerhalb der AKP-Regierung stattfinden. Der Prozess ist an einen Punkt gekommen, an dem er so nicht weitergeführt werden kann. Der Punkt ist eigentlich schon überschritten. In diesem Sinne haben wir mitbekommen, dass sich eine solche Diskussion auf Regierungsseite entwickelt hat. Wir haben auch die praktischen Auswirkungen gesehen. Im letzten Monat fanden intensive Gespräche zwischen poltischen Delegationen statt, die nicht alle der Öffentlichkeit bekannt sind. Außerdem haben sich die Gespräche zwischen Herrn Öcalan und dem Staat gehäuft und erstmals wurde ein politischer Wille festgelegt. Wenn auch nicht sehr präzise und mit klaren Worten, es gibt solch einen Willen. Dem messen Herr Öcalan und auch wir einen großen Wert bei. Die Rolle der politischen Delegationen besteht nicht nur in einer Funktion bei den Verhandlungen im Rahmen des Prozesses. Womit sind sie gleichbedeutend? Es geht gleichzeitig um die Schaffung des gesetzlichen Rahmens für den Prozess und die sogenannte Wegbereinigung, wie wir dies schon von Anfang an zusammengefasst haben. Worum handelt es sich dabei? Zuallererst um das Antiterrorgesetz, in der Praxis aber um die Lösung des sehr wichtigen Problems der kranken Gefangenen – also um praktische Hindernisse, die aus dem türkischem Antiterrorgesetz (TMK) herrühren. Drittens um strukturelle Transformationen zur Stärkung der Kommunalverwaltungen und eine gesetzliche Grundlage dafür. Was Herr Öcalan als zuversichtlichen Anfang bezeichnet, ist all dies und vielleicht auch anderes, das er uns noch nicht vermittelt hat, ihn selbst aber zuversichtlich stimmt.


Was meinen Sie mit den Gesprächen zwischen politischen Delegationen?


Jetzt gerade meinen wir damit die Gespräche der BDP-HDP-Delegation mit den Ministerien und den AKP-Politikern. Doch es wird nicht nur auf Gespräche mit Politikern beschränkt bleiben, sondern eine Reihe von Gesprächen mit NGO-Vertretern, Medienvertretern und Wissenschaftlern geben. Also wird der Prozess, der sich noch auf die BDP/HDP und AKP beschränkt, zunehmend einen solchen Charakter annehmen.


Es gibt die Betonung einer neuen Etappe [im Prozess]. Gibt es eine Roadmap, eine genaue Zeitplanung?


Wir denken, dass wir diese Roadmap in zwei bis drei Wochen nach einer Übereinkunft mit Herrn Öcalan erhalten werden. Als jemand, der diese Diskussionen führt, ist meine Beobachtung, dass in zwei bis drei Wochen der Rahmen für eine solche Übereinkunft geschaffen werden könnte.


In Kurdistan haben intensive Aktivitäten gegen Militärposten begonnen. Immer, wenn sich Spannungen aufbauen, ein Problem entsteht, reagieren in der Türkei die Mainstream-Medien, Liberale und die Regierungsseite in der Art: »Herr Öcalan soll etwas sagen, und das Problem wird sich lösen.« Was sagt Herr Öcalan dazu?


Wer Herrn Öcalan kennt, über seine Perspektiven informiert ist, kann auch in der Vergangenheit sehen, dass er niemals eine Haltung gezeigt hat, Aktionen von irgendjemand beginnen oder abbrechen zu lassen. Sein allgemeiner Ansatz ist im Prinzip, ein Thema anhand von drei Dimensionen zu prüfen und Vorschläge zu entwickeln. Erstens die Dimension der Prinzipientreue. Zweitens die geschichtsphilosophische Dimension. Er bewertet keine Angelegenheit, ohne ihre Historie zu bewerten. Selbst bei einem einfachsten Vorschlag haben wir das beobachtet. Drittens, in praktischer Hinsicht kann er Vorschläge machen oder Kritik üben. Diese genannten Vorwürfe in der Öffentlichkeit kritisiert er gnadenlos. Es ist so, als ob er »stopp« sagen müsse und alles würde angehalten oder »los« und alles würde begonnen. Das ist alles weit von einem Verständnis der Ernsthaftigkeit der Sache entfernt, und er hat diese Vorgehensweise als unverantwortlich, ja sogar gefährlich bewertet. »Sie würden die Wahrheit erkennen, wenn sie die Thematik verstehen und versuchen würden, prinzipientreue Herangehensweisen zu entwickeln«, sagt er.


Er sprach hier bei seiner Bewertung von einer Provokation. Aber damit waren weder die Jugend noch die kurdischen politischen Institutionen noch die Praxis des Staates gemeint. Er bezeichnete die Geschehnisse der letzten Tage in der Region als provokante Entwicklungen. Wer sich gegen den Friedensprozess positioniere, könne einen fruchtbaren Boden für Provokateure oder Provokationen bieten. Mit der Aussage, beide Seiten sollten sensibel dafür sein, ist nicht gemeint, dass sie sich gegenseitig der Provokation beschuldigen sollten. Wie bereits gesagt, er hat bei seiner Analyse mit der Geschichte des Problems begonnen: »Immer, wenn wir im Friedensprozess an einen bestimmen Punkt gelangen, schalten sich schlagartig Machtzentren ein, die diese oder ähnliche Entwicklungen in der Region für ihre Provokationen nutzen wollen.« Auch für das Jahr 1993 erklärte er das so. Auch für den Oslo-Prozess ... Hinter diesem einen Satz in seiner Presseerklärung steht also eine derart lange Bewertung. (...)


Welche Annäherung zeigt er gegenüber der Präsidentschaftswahl?


»Der meiste Unsinn wird bei diesem Thema verzapft. Also bei dem Verständnis, entweder für oder gegen Tayyip zu sein.« Aus unserer Sicht ist das jetzt ein wesentlicher Teil unseres Kampfes für den Frieden. Er hat alle Genossen und kurdischen politischen Institutionen aufgerufen: »Wenn wir, statt in einem engen Profil gefangen zu sein, einen universellen Kandidaten aufstellen, wird dies zwei grundlegende Qualitäten haben. Erstens den Glauben an die demokratische Politik. Zweitens Inklusivität. Geht es um eine Person, die auch in der Bevölkerung angesehen ist, spielt es keine Rolle, ob Mann oder Frau, ob Türke oder Kurde. Wenn wir uns um eine solche Person versammeln und Stimmen gewinnen, kann der Friedensprozess in viel kürzerer Zeit als erhofft abgewickelt werden. Dieser Aspekt ist sehr wertvoll. (...) Denn eine solche Option haben wir und vor uns liegt eine demokratische Chance. Alle müssen in diesem Sinne mobilisieren. Ich würde niemals einen Namen vorschlagen. Denn das würde dem Geist des Prozesses widersprechen. Das müssen all die Strukturen entscheiden und sich zusammenschließen. Wenn wir zu einer Kraft werden, wird auch der Friedenswille gestärkt. Dann wird für die Menschen in der zweiten Reihe die demokratische Politik, die bei ihnen unter den gegebenen Umständen nicht auf der Agenda stand, wieder aktuell. Sie werden gezwungen sein, eine prinzipientreue Herangehensweise zu entwickeln. Wir werden dann an ihrer Seite stehen. Es ist eine wichtige Phase für die Belebung des Friedens und der demokratischen Politik in diesem Land«, so Herr Öcalan. Für den Kapitalismus benutzt er immer zwei verschiedene Bewertungen. Er spricht von der wilden kapitalistischen Moderne. In letzter Zeit benutzt er immer wieder einen anderen Begriff: Raubkapitalismus. »Sogar in Griechenland schafft man es, eine vereinte Opposition und demokratische Front zu entwickeln. Wenn wir es nicht schaffen, gegen solch einen vulgären Raubkapitalismus einen Zusammenschluss, eine Opposition zu organisieren, liegt das Problem allein bei uns selbst«, sagt er.


Jüngst wurde die kurdische Bewegung von liberalen Kreisen kritisiert. Die Kritik konzentrierte sich insbesondere auf den Aspekt, dass dieser Prozess mit einer solchen Regierung nicht geführt werden könne. Wie bewertet er diese Kritik an der kurdischen Bewegung?


Mit einem bitteren Lächeln traf er einige Einschätzungen: »Diese Freunde haben die Wissenschaft und Theorie vergessen. Unser Blick ist dem demokratischen Sozialismus zugewandt und wir tappen nicht in die Falle des Idealismus. Der Idealismus diskutiert über die Personen, wir aber diskutieren das System. Einige unserer Freunde übersehen dieses wichtige Detail und steigen auch in die Diskussion über Persönlichkeiten ein. Wenn sie aber die Diskussion auf das System an sich lenken, werden sie schnell merken, dass das ganze Personal eigentlich gar nicht anders handeln kann. Das System determiniert nämlich ihr Verhalten«, betonte Öcalan. Das war seine erste Kritik. Zweitens und viel wichtiger sagte er lächelnd: »Sehen sie denn nicht, dass ihre Bewertungen in genau die Richtung gehen, in die sie die Regierung haben will? Das ist deshalb problematisch, weil sie davon ausgehen, dass die Regierung das einzig bestimmende Element sei, und so wird eine falsche Realität vorausgesetzt. Die Regierung ist nicht allein maßgebend, im Grunde bestimmt sie überhaupt nichts; im Hintergrund steht auf der einen Seite eine 40-jährige Widerstandsgeschichte, auf der anderen eine 100-jährige Historie. Auch gibt es eine Reihe Dimensionen des Kampfes, die selbst die kurdische Bewegung übersteigen. Die Dimension der Frauen, der Jugend und des ökologischen Kampfes (...) All das auf irgendeine Regierung oder Äußerungen des Ministerpräsidenten zu reduzieren, ist nichts anderes, als in die Falle des Idealismus zu tappen; und auch noch in der Weise, wie es die Regierung will. Es ist eine Falle, die Regierung als grundlegendes Machtzentrum zu betrachten. Darauf dürfen sie sich nicht einlassen.«


»Zum Beispiel müssen diese Freunde auch wissen, dass dieses Thema eine sicherheitspolitische Dimension hat, dass dieser Widerstand ein Gedächtnis hat und seine Haltung nicht jeden Tag nach einer neuen Entwicklung ändert. Diese Bewegung wurde in vierzig Jahren vierzigmal zu vernichten versucht und sie hat sich trotzdem immer behauptet. Diese Geschichte ist der Grund, warum unsere Genossen an unserer Seite stehen, und die Geschichte hat uns jedes Mal Recht gegeben. Unsere Weitsicht, unsere Warnungen und unsere eingenommene Haltung haben uns, wenn auch unter enorm hohen Kosten, in der Geschichte bestätigt und uns bis in die Gegenwart gebracht. Sie sollen in die Weltgeschichte blicken. Gab es schon eine solche Volks- und politische Bewegung? Mit all ihren Institutionen, ihrer Führung und der Realität ihrer Bevölkerung und des Widerstandes, einer Organisierung in allen Bereichen, einer Vergesellschaftung des Kampfes? Wenn diese Freunde sich statt auf ihre Angst vor der Regierung und ihrer Paranoia auf die Wissenschaft stützen würden, dann würden sie sehen, dass die Geschichte uns Recht geben wird. Aber niemand hat das Recht, unser politisches Bewusstsein und unsere politischen Kapazitäten kleinzureden oder nicht einmal anzuerkennen«, erklärt Öcalan.


»Die heute in der Türkei entstandenen demokratischen Einwände sind Ergebnis dessen, dass wir die Problematik auf die Ebene der demokratischen Politik und der Verhandlungen verlagert haben. Denn anderenfalls würden all denjenigen, die heute gegen totalitäre Herangehensweisen oder undemokratische Maßnahmen intervenieren, die Kurden als Feindbild präsentiert werden. Die Völker der Türkei, die Arbeiter und unsere Genossen müssen wissen, dass diese demokratischen Einwände und diese Pluralität entstanden sind, weil wir diese Problematik auf demokratischen Boden befördert haben. Die Menschen, die heute etwas für sich tun, die sonst immer auf andere gewartet haben, wären heute damit beschäftigt, über uns zu fluchen, würden wir Krieg führen. Wir hatten die Absicht, das System zu demaskieren und einen Raum für demokratische Politik oder auch demokratische Forderungen zu öffnen«, sagt Öcalan.


Denkt er, dass jede gesellschaftliche Dynamik sich dieses Prozesses angenommen hat?


Diesen Punkt ging er mit einer Kritik an BDP und HDP an. Er betonte: »Faschistische Kräfte, die gegen eine Lösung sind, füttern andauernd die Paranoia der Separation und halten so die gesamte Gesellschaft davon ab, etwas zu diesem Prozess beizutragen. Wir können das nicht der Gesellschaft ankreiden. Wir können hier Selbstkritik üben. Unsere politischen Institutionen haben nicht vermitteln können, dass genau dieser Prozess die Garantie für eine gemeinsame Heimat und ein Zusammenleben ist.« Er übt eine derartige Kritik an der BDP/HDP und allen anderen politischen Institutionen. Er traf selbst die Feststellung, »wenn meine Kommunikationskanäle zur Gesellschaft günstigere Bedingungen bekämen als heute, könnte ich diese Überzeugungsarbeit innerhalb einer Woche leisten«. (...)


Ein Jahr ist nach dem Gezi-Widerstand vergangen. Wie beurteilt er den Boden für demokratische Politik mit all der Vielfalt und den Einwänden?


Er meint, dass der Kongress [der Demokratischen Partei der Völker HDP am 22. Juni] dafür eine wichtige Chance biete: »Der Kongress muss all diesen Kreisen Räume öffnen, damit sie die Möglichkeit zur Repräsentation erkennen. Diese Opposition kann nur so auf einer richtigen Grundlage stehen und Ergebnisse erzielen. Sonst wird jeder von einer anderen Seite zerren und der Kongress wird sich selbst aus dem Weg räumen.«


Wie bewertet er das Massaker von Soma?


Er macht auf zwei Probleme aufmerksam. Anfangs war er darauf zu sprechen gekommen, dass die Ermordung von Frauen inakzeptabel sei. Anschließend kam er auf Soma: »Das, was im Baugewerbe und in Soma passiert, hat uns die Realität gezeigt.« Hier sieht er auch den Bezug zu Syriza: »Hier hat sich auch die Abwesenheit der linken und sozialistischen Tradition offenbart. Das sind genau die Bereiche, wo sie präsent sein müssen ... Der Kontakt zur Klasse ist verloren gegangen ... Die Klasse dem Raubkapitalismus auszusetzen ist aus Sicht der linken und sozialistischen Tradition inakzeptabel. Meiner Meinung nach müsste sich, anstatt engstirnige Diskussionen zu führen, intensiv damit auseinandergesetzt werden, wie das Vakuum in diesen Bereichen mit kreativen Methoden zu füllen wäre. Ich bekunde allen Familien, deren Angehörige bei Arbeitsmorden getötet wurden, mein Beileid.«


Hatte er etwas zum Thema Kommunalverwaltungen zu sagen?


Dazu sprach er wichtige Punkte an: »In den Orten, wo Ihr 60 % der Stimmen erhalten habt, seid Ihr gezwungen, der Bevölkerung ökonomische Modelle anzubieten. Ihr könnt sie in diesen ekelhaften Konsumspielchen des Raubkapitalismus, seinen widerlichen Fallstricken der Ausbeutung nicht ohne Schutz lassen. Während unsere Kommunalverwaltungen die kommunale Demokratie aufbauen, darf nicht das ökonomische Standbein aus dem Auge gelassen werden. Das muss eigentlich an erster Stelle stehen. Bei diesem Thema brauchen wir revolutionäre und alternative Modelle. Das kann sich nur durch breit gefächerte, umfassende Wirtschaftskonferenzen entwickeln. Wir können diesen Prozess beginnen, indem wir große Workshops und Konferenzen zur Ökonomie veranstalten, die allen Kreisen zur Beteiligung und für Beiträge offenstehen. Wir haben dafür nicht mehr als fünf bis sechs Monate Zeit. Eine solche Kommune ist aus unserer Sicht inakzeptabel: Es ist ein unvollständiger Ansatz, die Lage der wertvollen Familien, all die Armen der Stadt einfach hinzunehmen. Denn das ist eine Verpflichtung, die wir tragen, nicht eine einfache Aktion. Wenn eine Kommunalverwaltung in unserer Hand ist, ist es unsere grundsätzliche Verpflichtung sicherzustellen, dass in diesem Ort kein einziger Mensch hungert. Das ist nicht einfach eine Aktivität, die wir nach hinten verschieben können. Das Programm, das wir brauchen, muss kreative Modelle entwickeln, die die Bevölkerung nicht dem Räderwerk des Raubkapitalismus aussetzen. Bei diesem Thema kann man sich die Erfahrungen in Lateinamerika ansehen. Man kann in die Geschichte gehen, dort solidarische Modelle recherchieren. Mit möglichst breiter Beteiligung müssen diese Workshops durchgeführt werden. Manchmal können die besten Vorschläge oder Maßnahmen von einem ungebildeten Armen kommen. Deshalb braucht es ein Modell, das diese Thematik nicht in einen akademischen Raum zwängt.«