Über die Hintergründe der aktuellen türkischen Außenpolitik

Die »bösen Buben« in strategischen Untiefen

Murat Çakır, Dezember 2014

Am 1. Dezember 2014 titelte das Handelsblatt mit »Putin und Erdoğan: Das Treffen der bösen Buben« und berichtete über den Staatsbesuch des russischen Präsidenten in der Türkei. Putin kam mit einer ranghohen Delegation, der u. a. Außenminister Sergej Lawrow, Energieminister Aleksandr Nowak, der Minister für Justiz, Transport, Arbeit und Wirtschaftsentwicklung sowie verschiedene Unternehmensvertreter wie der Gasprom-Chef Aleksej Miller angehörten, nach Ankara.

Teile der bürgerlichen Medien bewerteten diesen Besuch als eine »Annäherung beider Staaten« und als Beleg für die »Abwendung der Türkei vom Westen«. Dabei ging es um handfeste Wirtschaftsinteressen: Nach Deutschland ist die Türkei der zweitgrößte Gaskunde Russlands und Russland ist der größte Energielieferant der Türkei. Rund 65 Prozent ihres importierten Erdgases bezieht die Türkei, die jährlich für Energielieferungen über 60 Milliarden US-Dollar bezahlen muss, aus Russland. Zudem bauen die Russen, der Staatskonzern Ros­atom, an der Mittelmeerküste das erste türkische Atomkraftwerk. Das Projekt soll rund 20 Milliarden US-Dollar kosten. Die AKP-Regierung plant mit diesem Atomkraftwerk zukünftig 6 Prozent des türkischen Strombedarfs zu decken.

Insofern ist es nachvollziehbar, dass der russische Staatspräsident einem wichtigen Kunden mit einer solch ranghohen Delegation die Aufwartung machte. Die russisch-türkischen Beziehungen gestalten sich im Rahmen einer Rivalitäts- und Kooperationsachse sehr ambivalent, die auch nach dem Besuch nicht unbedingt als eine »Annäherung« bewertet werden können. Dennoch deuten die russisch-türkischen Beziehungen auf die außenpolitischen Schwierigkeiten der Türkei, die vor allem hausgemacht sind, hin.

Die »strategische Tiefe« als Trümmerfeld

Eine oberflächliche Betrachtung belegt, dass heute die AKP-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu mit den fatalen Ergebnissen der sog. »Null-Probleme-Politik« des damaligen Außenministers Ahmet Davutoğlu zu kämpfen hat. Ministerpräsident Davutoğlu steht vor den Trümmern der türkischen Außenpolitik, welche er jahrelang selber gestaltet hatte. Die »strategische Tiefe der türkischen Außenpolitik« (Davutoğlu) entpuppt sich nun als reale Untiefe, denn keines der wichtigen Ziele konnte erreicht werden: Baschar Al-Assad sollte gestürzt werden – aber er sitzt heute fester im Sattel denn je; auf dem Balkan sollte der türkische Einfluss erweitert werden – das Gegenteil ist der Fall; die Kooperationen mit den Kaukasus-Staaten sollten intensiviert werden – die Grenze zu Armenien ist noch immer geschlossen und bei den Beziehungen der postsowjetischen Staaten zum Westen spielt die Türkei kaum eine Rolle; gemeinsam mit Katar setzte die Türkei im Nahen Osten auf die Muslimbrüder – diese werden aber jetzt von einer Koalition aus Israel, Saudi-Arabien und Vereinigten Arabischen Emiraten quasi liquidiert; mögliche Autonomieprozesse der kurdischen Bevölkerung in Syrien sollten verhindert werden – auch hier ist das Gegenteil der Fall, mehr noch, die kurdische Bewegung um Abdullah Öcalan erlangt eine nie dagewesene Legitimation in der Weltöffentlichkeit und die Türkei wird zusehends kritischer beäugt.

Lange Zeit wurde die Türkei unter der AKP-Regierung vom Westen als »Modell« für die arabische Welt angepriesen. Die AKP sollte als Beweis für die »Kompatibilität« von bürgerlicher Demokratie und westlich orientiertem islamischem Konservatismus dienen. Das mit massiven Privatisierungserlösen und Auslandskrediten finanzierte Wirtschaftswachstum sollte vom »türkischen Wirtschaftswunder« zeugen und belegen, dass ein islamischer Staat mit einer neoliberalen Wirtschaftspolitik für mehr Wohlstand, Reichtum und gleichzeitig für mehr bürgerliche Freiheiten sorgen könne.

Doch die Umwälzungen in der arabischen Welt ab 2011 und spätestens die Machtübernahme der Muslimbrüder in Ägypten bewiesen, dass der islamische Konservatismus kein Garant für bürgerliche Freiheiten sein kann. Auch in der Türkei entfernte sich die AKP-Regierung von ihrem Demokratisierungsversprechen: Autoritäre Politik wurde verschärft, sog. Demokratisierungsmaßnahmen zeigten sich als reine Kosmetik, die Wirtschaft stagnierte, die Verschuldung insbesondere der privaten Haushalte nahm zu und der sog. Friedensprozess in der kurdischen Frage geriet ins Stocken. So wurde das »Modell« zur Karikatur dessen.
Die wirtschaftliche Entwicklung der AKP-Ära hatte gleichzeitig zur Folge, dass die private Kapitalakkumulation eine neue Dynamik gewann. Auf der anderen Seite erhöhte sich der gefühlte Wohlstand für breite Massen, welcher jedoch auf Pump beruhte. Diese Situation und die strukturelle Hegemonie des sunnitischen Konservatismus bilden die Grundlage für die weiterhin hohe gesellschaftliche Unterstützung der AKP, die wiederum mit aggressiven regionalimperialistischen Ambitionen die Hoffnungen der sunnitisch-konservativen Bevölkerungsteile auf Teilnahme am zu erwartenden Reichtum nährte.

»Neo-Osmanismus« und NATO-Strategien

Die als »Neo-Osmanismus« bezeichneten regionalimperialistischen Ambitionen der AKP-Regierung entsprechen zum einen den Kapitalexport-Erwartungen der türkischen Bourgeoisie und korrespondieren mit den Wohlstandshoffnungen der sunnitisch-konservativen Bevölkerungsmehrheit. Zum anderen entsprechen sie aber auch den NATO-Strategien zur Neuordnung der Region. Die vorhandenen Interessenswidersprüche zwischen den Herrschenden in der Region sollten aber darüber nicht hinwegtäuschen. Es gibt zwar bezüglich der zu unternehmenden Schritte deutliche Unterschiede zwischen den Kooperationsachsen Türkei-Katar und Israel-Saudi-Arabien sowie dem Westen, aber im Hinblick auf langfristige strategische Interessen in der Region existieren keine Widersprüche.

Es ist eine geopolitische Besonderheit der Region, dass mehrere Regionalmächte – oder die, die es werden wollen – sich gegenseitig die Hegemonie streitig machen. Jene, die dem Westen nahestehen, konkurrieren zudem um die Gunst der USA. Während die Türkei und Katar sich gemeinsam auf konfessionelle Stellvertreterkriege stützen wollen, bildet die israelisch-saudische Koalition den Gegenpol innerhalb der gleichen Frontlinie, an der sich alle Akteure gegen die sog. »schiitische Achse« unter iranischer Führung aufgestellt haben. Israel befürchtet den Verlust seiner Stellung als die einzige Atommacht der Region, wenn der Westen Irans Nuklearprogramm akzeptieren würde. Saudi-Arabien dagegen fürchtet eine Instabilität im Innern, somit die Gefährdung der Macht, wenn Iran weiterhin die schiitische Bevölkerung auf der arabischen Halbinsel beeinflusst. Die Türkei wiederum gestaltet ihre Beziehungen zu Iran auf einer Rivalitäts- und Kooperationsachse, zumal Iran einer der wichtigsten Energielieferanten der Türkei ist. Die Auseinandersetzungen zwischen den regionalen Akteuren werden von den USA – die nun ihre langfristigen Strategien auf die Pazifik-Region orientieren – bewusst gefördert.

Gefangen in den Konflikten des Dreiecks Balkan-Kaukasus-Naher Osten wird die türkische Außenpolitik zusehends unberechenbar, weshalb ihre NATO-Partner, vor allem die USA und Deutschland, auf Korrektur drängen. Dennoch ist dieses Korrekturdrängen kein Hinweis dafür, dass Deutschland, die Türkei und die USA völlig gegensätzliche Strategien verfolgen. Im Gegenteil; die Türkei ist aufgrund ihrer geostrategischen Lage für den Westen ein unverzichtbarer Faktor. Maßgeblich dafür ist der Kampf um die Energieressourcen der Region. Die kurze Betrachtung der regionalen Energiereserven macht das deutlich:

Im Nordirak, also Süd-Kurdistan, lagern 45 Milliarden Barrel Erdöl und 200 Milliarden Kubikmeter Erdgas. 2010 erklärte die kurdische Autonomieregierung (KRG) unter Mesud Barzanî, dass binnen weniger Jahre täglich 1 Million Barrel Erdöl gefördert werde. Die Pläne sehen vor, die tägliche Förderung ab 2019 auf 2 Millionen Barrel zu erhöhen. Derzeit wird das Erdöl aus Süd-Kurdistan über die Türkei vermarktet, was längst zu rechtlichen Streitereien zwischen der irakischen Zentralregierung und der AKP-Regierung geführt hat. Die vorhandene Pipeline Kerkûk-Yumurtalık ist nicht darauf eingerichtet, täglich 1 Million Barrel Erdöl zu transportieren. Kapazitätserweiterungen der vorhandenen Pipeline wären teurer als eine neue Pipeline. Aus diesem Grund haben internationale Konzerne, die in Süd-Kurdistan immense Investitionen getätigt haben, einen Plan für den Neubau einer Pipeline entwickelt, die von Kerkûk aus startend über Nordsyrien (Rojava) den türkischen Umschlagsort Ceyhan erreichen soll.

Die geplante neue Pipeline ist übrigens auch für Israel und Katar von besonderer Bedeutung: 2010 wurden im östlichen Mittelmeer, im sog. Levante-Becken, Erdgasreserven entdeckt, deren Menge auf gigantische 3,5 Billionen Kubikmeter geschätzt wurden. Israel hat längst begonnen, im Tamar-Feld, ca. 100 km von seiner Küste entfernt, Erdgas zu fördern. In einigen Jahren soll im größeren Leviathan-Feld die Förderung starten. Israel und Zypern haben diesbezüglich Vereinbarungen getroffen, deren Rechtmäßigkeit die Türkei bestreitet. Die Türkei beansprucht die Region im östlichen Mittelmeer als eigene »Seewirtschaftszone« und sucht mit eigenen Schiffen nach geeigneten Förderstandorten.

Der Streit um das Erdgas im östlichen Mittelmeer wird jedoch auch von Kooperationsversuchen begleitet. Das ist kein Widerspruch, denn das eigentliche Problem für alle Akteure der Region ist nicht die Förderung von Energieträgern, sondern deren gesicherter Transport an die Konsumenten: nach Europa und anderen westlichen Staaten. 2013 war in den türkischen Tageszeitungen zu lesen, dass Israel großes Interesse an der Vermarktung seines Erdgases über die Türkei zeige. Experten von BOTAS, dem staatlichen Pipeline-Unternehmen der Türkei, erklärten, dass die günstigste Route für das israelische Erdgas die Anbindung an die geplante neue Pipeline durch Rojava sein würde. Libanon kommt für Israel nicht in Frage, da die »Instabilität« dieses Landes von Israel als »hoch« eingestuft wird. Daher sehen die Pläne vor, dass das israelische Erdgas mit einer Pipeline von Israel über die Golan-Höhen und durch Syrien an die geplante Pipeline in Rojava (in Richtung der türkischen Stadt Kilis) angebunden und vom türkischen Energie-Umschlaghafen Ceyhan an die Weltmärkte transportiert wird.

Auch Katar hat Interesse an einer Anbindung. Katar hält mit 25,4 Billionen Kubikmetern rund 14 Prozent aller bekannten Erdgasreserven in der Hand und ist Weltmarktführer bei dem Verkauf von verflüssigtem Erdgas. Da aber diese Liquid-Technologie relativ teuer ist und sowohl besonders eingerichtete Tanker für den Transport als auch geeignete Aufnahmehäfen benötigt, wäre eine Anbindung an die geplante Pipeline für Katar höchst ertragreich.

Die »kritische Ressource« Wasser als außenpolitische Waffe

Bauarbeiten am Ilısu-StaudammFür Israel hätte eine solche Lösung einen großen Zusatznutzen: Über eine parallele Pipeline könnte kurdisches Wasser nach Israel geliefert werden, das an einem chronischen Wassermangel leidet. Aus dieser Perspektive betrachtet bekommt der Aufruf des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, »die internationale Gemeinschaft« müsse »ein unabhängiges Kurdistan im Nordirak unterstützen«, einen ganz anderen Beigeschmack.

Für die Türkei wiederum hat die »kritische Ressource« Wasser immense wirtschaftliche und außenpolitische Bedeutung. In Anbetracht der Tatsache, dass die Auseinandersetzungen in den Wasser-Krisengebieten des Nahen Ostens schärfer werden, sieht die Türkei ihren Wasserreichtum nicht nur als ein strategisches Gut, sondern als eine außenpolitisch wirksame Waffe, die sie für ihre regionalimperialistischen Ambitionen nutzen kann.

Hier spielt das »Große Anatolien-Projekt« mit zahlreichen Dämmen eine wichtige Rolle. Dieses Projekt ist für die Wasserversorgung in Syrien und im Irak eine große Bedrohung. Aber auch für andere Länder der Region wachsen die Wasserprobleme: Während Irak den Tigris in den Thartha-See umleitet und gedroht hatte, Syriens Euphrat-Damm, nahe der Stadt Tabqa, zu bombardieren, streiten sich seit langem die Israelis, Jordanier, Palästinenser und Syrer um die Nutzung des Jordans und der wasserführenden Schichten der Westbank. Die großen Probleme der Trinkwasserversorgung in den Golfkooperationsstaaten seien hier nicht mal benannt.

Es gibt Pläne der Türkei für die Flüsse Ceyhan und Seyhan, von denen aus mit Wasserpipelines an Israel, Jordanien, Saudi-Arabien und die Golfkooperationsstaaten Wasser verkauft werden soll. Diese Pläne (für insgesamt 3 Pipelines) wurden in den 1990er Jahren entwickelt und haben an Aktualität bis heute nichts verloren. Aber es gibt weitere Wasserprojekte der Türkei: Mitte 2000 wurde das »Manavgat-Projekt« bekannt, das vorsah, Wasser aus dem Manavgat-Fluss an Israel, Kreta, Libanon, Libyen, Malta und Zypern zu liefern. Die Türkei hat inzwischen eine der weltgrößten Wasseraufbereitungsanlagen gebaut. 2010 berichteten türkische Medien, dass Israel im Hafen von Ashkelon entsprechende große Wasseraufnahmeanlagen fertiggestellt habe. Eine Realisierung bedeutet für die Türkei ein lohnendes Geschäft, denn Schätzungen belegen, dass 2025 das jährlich verfügbare Trinkwasser pro Kopf in Israel 311 m3 (1990: 467 m3), in Libanon 809 m3 (1990: 1 407 m3), in Libyen nur 55 m3 (1990: 154 m3) und in Malta, wie seither, 75 m3 betragen wird.

Aufgrund der Rivalitäten zwischen der Türkei, Israel, Syrien und der irakischen Zentralregierung konnten die Wasserprojekte der Türkei bis heute nicht realisiert werden. Dennoch sind diese Pläne nicht vom Tisch, denn die Wasserprobleme der Region bleiben weiterhin akut. Insbesondere die AKP-Regierung hält daran fest. Während sie in einer neoliberalen Privatisierungsorgie Flüsse und sogar kleinste Bäche an internationale Nahrungsmittelkonzerne wie Nestlé verhökert, überall im Land den Bau von privaten Wasserkraftwerken fördert und den Dammbau – auch um die Bewegungsräume der PKK-Guerilla begrenzen zu können – mit aller Macht und gegen alle Widerstände weiterführt, setzt sie die Möglichkeit der Drosselung des Wassers gegen Irak und Syrien als Waffe ein.

Türkische Außenpolitik ist NATO-Politik

Trotz des Wachstumsrückgangs bleibt die Türkei eines der wichtigsten Schwellenländer, die zugleich für den Westen aus geopolitischen, geoökonomischen und geostrategischen Gründen unverzichtbar ist. Die Regierenden und die türkische Bourgeoisie sind sich dieser Situation wohl bewusst. Die NATO-Mitgliedschaft, die weiterhin fortgeführte strategische Partnerschaft mit den USA und Israel, die Kooptierung in die globalen Strategien durch G20-Mitgliedschaft und die seit den Zeiten des Kaisers Wilhelm mit Deutschland aufrechterhaltene Hauptkooperationsachse für »Sicherheit und ökonomische Stabilität« sind die Grundlagen, auf denen die türkische Außenpolitik gestaltet wird.

Das NATO-Mitglied Türkei unterhält nicht nur eine der 10 größten Armeen der Welt, die im Zuge des 30 Jahre andauernden schmutzigen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung weitgehend modernisiert wurde, sondern hat inzwischen ihren militärisch-industriellen Komplex derart ausgeweitet (auch wenn vieles in Lizenz produziert wird), dass sie zu einem Rüstungsexporteur aufsteigen konnte.

Die Exportzahlen belegen das: 2013 hat sich der türkische Außenhandel mit Rüstungsgütern um 10 Prozent auf fast 1,5 Milliarden Euro gesteigert. Die meisten Rüstungsgüter wurden in die USA exportiert. Weitere Hauptabnehmer kommen aus der EU, dem Kaukasus, Golfstaaten und Südost-Asien. Bereits im Zeitraum von 2008 bis 2012 konnte im Waffenexport eine Steigerung von 43 Prozent realisiert werden. Zum türkischen Export-Portfolio der staatlichen wie privaten Rüstungsunternehmen gehören neben Flugzeugen und Kampfhubschraubern Flugzeugmotoren, die Kampfdrohne »Anka«, gepanzerte Landfahrzeuge, Schnellboote, Raketen, Abschussrampen, leichte Schusswaffen, militärische Digitalsysteme wie Sendeanlagen, »Command and control«-Systeme, Simulatoren sowie militärische Anwendungssoftware.

Sicher, die türkische Syrienpolitik wird von ihren NATO-Verbündeten argwöhnisch beäugt, und ohne Frage, die außenpolitischen Ziele der Türkei können als Fiasko bezeichnet werden. Es gibt viele Widersprüche zwischen Washington und Ankara, genauso gibt es viel Kritik aus Berlin und Brüssel. Eine ähnliche Situation ist in den Beziehungen zwischen der Obama-Administration und der israelischen Regierung zu beobachten. Aber niemand käme auf den Gedanken, der Westen könne wegen der Kritik an der Netanjahu-Regierung Israel jemals fallen lassen. Genauso ist es unwahrscheinlich, dass der Westen auf die Türkei (oder umgekehrt) verzichten würde. Die natürlichen Ressourcen der Region, deren Kontrolle und sicherer Transport in den Westen sowie die gewollte Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens sind maßgeblich bestimmend für jedes westliche Handeln. Die Türkei spielt hierbei eine der Hauptrollen. Wer daher die türkische Außenpolitik kritisieren will, muss die Kritik zuerst an Washington, Brüssel und Berlin richten. Denn türkische Außenpolitik ist nichts anderes als die maßstabsgetreue Umsetzung der NATO-Politik und dient zur Wahrung westlicher Interessen.