Erklärung des Exekutivrats der KCK zu den Parlamentswahlen in der Türkei

Die Wahlergebnisse müssen richtig interpretiert werden!

ANF, 09.06.2015

Der Exekutivrat der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) betont den großartigen Sieg der HDP, die Parlamentswahl am 7. Juni sei ein historisches Ereignis gewesen, das zugleich als Sieg des Zusammenkommens der Völker der Türkei und Kurdistans zu werten sei:

»Der Erfolg der HDP ist die Konkretisierung von Öcalans Projekt der demokratischen Nation als HDP und HDK. Dieser Sieg ist ebenfalls dem Widerstand in allen vier Teilen Kurdistans, insbesondere dem in Kobanê und Şengal (Sindschar), zuzuschreiben.

Den Sieg verdanken wir zuerst den Märtyrern in diesem Wahlkampf, die sich in Agirî (Ağrı) mit ihrem Körper heldenhaft dem Komplott entgegengestellt haben. Der in Çewlîg (Bingöl) getötete Hamdullah Öğe und die im Massaker von Amed (Diyarbakır) ums Leben Gekommenen sind die Hauptarchitekten des Erfolgs.

Die Menschen der Türkei, die trotz Bombenangriffen und Brandstiftung gegen Wahlbüros oder Anschlägen auf Wahlkundgebungen unerschrocken blieben, entwickelten den Wahlsieg. Aufgrund dessen gedenken wir der gefallenen Märtyrer, schulden ihnen Dank und Respekt und gratulieren allen Menschen.«

Wir gratulieren allen linken Organisationen und demokratischen Kräften

Die KCK betont, dass der Zusammenschluss zahlreicher Sozialisten, linker Gruppen und demokratischer Kräfte mit der kurdischen Freiheitsbewegung eine wichtige Rolle gespielt habe: »Der Gewinn dieses Bündnisses ist ein Erfolg für die demokratische Türkei und das freie Kurdistan und diese Linie muss von nun an befolgt werden. Dabei grüßen wir MLKP, EMEP, SDP, Partizan, MKP, Devrimci Karargah, Yeşiller ve Sol Karargah, ÖDP, Halk Evleri und alle anderen an der Wahlarbeit beteiligten demokratischen und linken Kräfte und gratulieren ihnen ebenfalls.«Der Wahlerfolg der HDP wird auf den Straßen von Wan gefeiert | DIHA

Nationale Einheit wurde gestärkt

Für den Wahlerfolg hat auch das Wahlbündnis zwischen der DDKD und des Azadi-Umfelds eine wichtige Rolle gespielt, die mit ihrer Unterstützung für Nubahar und Zehra eine Haltung eingenommen haben, welche die nationale Einheit gestärkt hat. Ohne Zweifel haben auch die südkurdischen politischen Kräfte, insbesondere die YNK und die Goran-Bewegung mit ihrer Unterstützung für die Wahlkampagne der HDP eine Rolle für den Wahlerfolg gespielt und sind ihrer Verantwortung für die Stärkung der nationalen Einheit gerecht geworden.

Alle religiösen und ethnischen Gemeinschaften haben die Tür zu einer demokratischen Türkei weit aufgestoßen

Auch führt der Exekutivrat an, dass der HDP-Sieg und die Stärke der Gesellschaft bei dieser Wahl den gesellschaftlichen Gruppen und verschiedenen Religions- und Volksgruppen zu verdanken sei, die mit ihrer Haltung und realisierten Schaffung einer demokratischen Bevölkerung den Schritt zu einer demokratischen Türkei getan hätten.
Eine wesentliche Rolle bei der Schaffung ihres eigenen freien und demokratischen Lebens hätten die Religionsgemeinschaften wie die Aleviten, Êzîden, Assyrer oder Armenier gespielt, die zugleich Teil des guten HDP-Ergebnisses geworden seien. Außerdem hätten diese Religions- und Volksgruppen ihren Ruf nach einer Akzeptanz ihrer Identität zum Ausdruck gebracht und die Verantwortung für eine sich künftig demokratisch und frei entwickelnde Türkei übernommen.

Die Heldinnen dieser Wahlanstrengungen sind die Frauen

Die Erklärung des Exekutivrats unterstreicht die Rolle der »heldenhaften, unermüdlichen« Frau, die durch ihre gute Organisation, hohen Arbeitseinsatz und Leidenschaft für die Freiheit zum stärksten Motor der demokratischen Entwicklung und der größten Teilhaberin des Wahlerfolgs geworden sei und zugleich mit der Frauenquote von 40 % der Abgeordneten die freiheitliche Seele der demokratischen Revolution bilde.

Das kurdische Volk ist der Motor der demokratischen Revolution

Laut KCK ist das kurdische Volk Hauptakteur bei der Realisierung einer demokratischen Revolution in der Türkei: »Die Lehre aus diesem Wahlergebnis ist der Sieg über die institutionalisierte, in Kurdistan autoritär und hegemonial agierende AKP.«

Die Haltung der kurdischen Bevölkerung habe gezeigt, dass Abdullah Öcalan, die kurdische Freiheitsbewegung und die HDP nicht nur ein Teil, sondern die eigentlichen Ansprechpartner im Friedensprozess seien, womit auch die Fragen nach Beteiligten, Vertretern und Ablauf des Prozesses beantwortet würden.

Die KCK gratuliert der kurdischen Bevölkerung für ihre Hauptrolle, die sie aufgrund ihres geschlossenen, einheitlichen Antretens bei der Wahl für den Sieg gespielt habe, und ihrem Wunsch nach einer demokratischen Türkei und einem freien Kurdistan.

Der Wahlsieg ist der Ideologie und Politik Abdullah Öcalans zu verdanken

Der Wahlerfolg sei der Ideologie und Politik Abdullah Öcalans zu verdanken, der trotz Isolation eine große Rolle spiele: »Es hat sich gezeigt, dass der Einfluss Öcalans unabhängig von seiner Lage und seinen Bedingungen nicht verhindert werden kann. Diese Wahl beweist seinen enormen Einfluss auf Frieden, Freiheit und Demokratie in der Türkei und zugleich die untrennbare Verbindung mit seiner Freiheit. In dieser Hinsicht ist es für die Lösung der kurdischen Frage und die der Aleviten von Bedeutung, dass die Isolation Öcalans aufgehoben und ihm der Weg zur Freiheit geebnet wird.«

Die Krönung wird die Demokratisierung der Türkei

Weiter verwies die KCK darauf: »Der Erfolg der HDP ist ein Sieg der demokratischen Kräfte. Aus diesem Grund ist die Realisierung der Demokratie Aufgabe der HDP, welche die demokratische Revolution durchführen und mit einem demokratischen Programm alle demokratischen Kräfte in Bewegung setzen wird. Die demokratisch-revolutionäre Stimmung in der Türkei muss durch das Erweitern des demokratischen Bündnisses mit der Demokratisierung gekrönt werden.

Mit dem Wahlerfolg der HDP hat das mit der Verfassung des 12. September entstandene politische System eine Niederlage einstecken müssen. Die Türkei kann mit dieser Verfassung nicht weiterregiert werden und braucht dementsprechend eine neue demokratische und freiheitliche Verfassung.«

Die aktuell verfassunggebende Versammlung hat das Potenzial, das Parlament zu stellen

Trotz aktuell unfähigem Parlament seien alle Ethnien, Religionen und gesellschaftlichen Gruppen in ihm vertreten, sagt die KCK und spricht ihm den notwendigen Charakter zu, die erforderliche demokratische Verfassung zu entwickeln. Diese verfassunggebende Versammlung habe das Potenzial, langfristig die Türkei zu demokratisieren, den Frieden herbeizuführen und alle Probleme weitestgehend zu lösen.

Es ist die Niederlage der AKP und der faschistischen Islamisten

Bei dieser Wahl hätten abgesehen von der AKP auch der IS und mit ihm ideologisch verbundene Parteien wie z. B. Al-Nusra eine Niederlage hinnehmen müssen. Mit Beginn der Demokratisierung in der Türkei würden die faschistischen Organisationen im Mittleren Osten ebenfalls ausgeschaltet und die Demokratie verbreitet. Weiter heißt es, die ethnisch-religiös geprägten Auseinandersetzungen im Mittleren und Nahen Osten würden beendet und der Weg für das Miteinander der verschiedenen Gesellschaften bereitet werden.

Die AKP kann die Wahlergebnisse nicht interpretieren

Mit ihrer Äußerung »Die HDP kann lediglich einen Film über den Friedensprozess drehen« hat die AKP laut Exekutivrat bewiesen, dass sie die Ergebnisse in keiner Weise richtig interpretieren könne. Die Gruppen, die nicht hinter dem von Abdullah Öcalan und der Freiheitsbewegung begonnenen Friedensprozess ständen, hätten gezeigt, dass sie sich aus anderen Gründen am Prozess beteiligten. Dagegen habe die kurdische Bevölkerung mit ihrer Haltung nochmals unterstrichen, dass sie hinter dem Friedensprozess stehe und dieser unausweichlich sei, wogegen die Gruppen, die nicht mehr an einen positiven Ausgang glaubten, ihr wahres Gesicht gezeigt hätten. Die AKP ermahnend betont die KCK, dass der Friedensprozess noch zwingender sei als zuvor und die Hinhaltetaktik der AKP ins Leere gehe, weil die Lösung der kurdischen Frage näher gerückt sei.

Die Ergebnisse müssen richtig interpretiert und die erforderlichen Schritte eingeleitet werden

Zum Abschluss erklärt der KCK-Exekutivrat, dass Nordkurdistan nun eine nationale Einheit gebildet habe, die der türkischen Regierung und dem Staat den Ansprechpartner und Verantwortlichen für die kurdische Frage gezeigt habe. Die HDP verkörpere mit ihrem Verständnis von einer demokratischen Nation eine große Möglichkeit zur Lösung der kurdischen Frage. Aus diesem Grund wird an alle politischen Parteien appelliert, eine korrekte Analyse vorzunehmen und die notwendigen Schritte einzuleiten.
Darüber hinaus werden alle demokratischen Kräfte dazu aufgefordert, die anfallende Verantwortung zu übernehmen, neu entstandene Bündnisse zu stärken und den jahrzehntelangen Widerstand mit der Demokratisierung zu krönen.