Aggression der türkischen AKP-Regierung gegenüber Rojava verschärft sich

Spiel mit dem Feuer

Michael Knapp

In den letzten drei Monaten hat sich die Lage in und um Rojava entscheidend verändert. Die kurdische Freiheitsbewegung und die emanzipatorischen Kräfte haben entscheidende Siege errungen. Nach dem Wahlerfolg der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP), dem Durchbrechen der vom türkischen Militärregime 1982 eingeführten Zehnprozentwahlhürde, wurde die absolute Macht der türkischen Regierungspartei AKP grundsätzlich in Frage gestellt und ein Bündnis zwischen Linken, Revolutionär_innen, LGBTI, Antikapitalist_innen und der kurdischen Freiheitsbewegung geschmiedet. Dies stellt einen harten Schlag für die Politik der AKP dar, die kurdische Bewegung zu isolieren und hinzuhalten, während der Dialog auf Eis gelegt wird. Weiterhin ist ein Scheitern der Syrien- bzw. Rojava-Politik der Türkei festzustellen: Am 16.06.2014 befreiten Einheiten der Volks-/Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) und des Bündnisses Burkan al-Firat die seit 2012 von Dschihadist_innen und seit 2014 vom Islamischen Staat IS beherrschte Stadt Girê Sipî (Tall Abyad). Das bedeutet einen strategisch entscheidenden Sieg über den IS und die ihn unterstützenden Regionalmächte, da Girê Sipî für diese einen der wichtigsten Nachschubwege in die Türkei darstellte. Das Kappen der Linie Türkei–Ar Raqqa ist ein schwerer Schlag für das neoosmanische Projekt der türkischen Regierungspartei.

Die AKP, angewiesen auf einen Koalitionspartner, setzte während der zur Stunde immer noch andauernden Regierungsbildung, bzw. der Vorbereitung von vorgezogenen Neuwahlen, auf eine Eskalationspolitik auf allen Ebenen. Neben einer Intensivierung der Militäroperationen vor und nach den Wahlen begann sie nach dem Sieg von YPG/YPJ und Burkan al-Firat in Girê Sipî zusammen mit der weitgehend unter ihrer Kontrolle stehenden Syrischen Nationalen Koalition, mit Berichten von angeblichen ethnischen Säuberungen der YPG/YPJ gegenüber Turkmen_innen eine Intervention in der Region vorzubereiten und die diskursive Gleichsetzung von YPG/YPJ und IS voranzutreiben. Selbst konservative Kommentator_innen wie der Sicherheitsexperte Emre Uslu gehen davon aus, dass Erdoğan damit eine Intervention in Syrien vorbereiten will. Laut Uslu dient die verstärkte Berichterstattung über Turkmen_innen dazu, das innenpolitische Klima in der Türkei, ähnlich wie bei der Besetzung Zyperns 1974, auf diese kriegerische Handlung vorzubereiten.1 Die Benutzung der turkmenischen Frage ist eine klassische Strategie türkischer Regierungen, nationalistisches Klima anzuheizen und Militäroperationen voranzutreiben. Möglicherweise erhofft sich die AKP ein Zusammenrücken der nationalistischen Kräfte bei den möglichen Neuwahlen und damit eine Stärkung der eigenen Position.

Während eine direkte Intervention des türkischen Staates in Rojava bisher nur in begrenztem Maße stattfand und vor allem durch verbündete dschihadistische Kräfte umgesetzt wurde, liegt ein Einmarsch in Syrien und den von Dschihadist_innen besetzten Teilen Rojavas im Bereich des Wahrscheinlichen. Der Einmarsch in der Region stellt ein vom vormaligen Minister- und jetzigen Staatspräsidenten Erdoğan lange angestrebtes Ziel dar. Argumentativ wurde dies immer wieder durch die Gleichsetzung des IS mit der kurdischen Freiheitsbewegung, den YPG und YPJ wie auch der PKK zu erreichen versucht. Dieses Ziel ist vermutlich nun insofern gelungen, als dass eine Pufferzone und eine Eskalation des Krieges in Nordkurdistan/Türkei gegen die Nutzungsrechte am Luftwaffenstützpunkt Incirlik für die USA ausgehandelt worden zu sein scheinen.

Es folgte der Anschlag von Pîrsûs (Suruç), bei dem mindestens 33 Solidaritätsaktivist_innen aus der Linken der Türkei von IS-Terrorist_innen ermordet wurden. Von der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) wurde er als eine Kooperation von IS und türkischer Regierung bewertet:

»Indem die AKP-Regierung den IS genährt und unterstützt hat, wollte sie ihn sowohl als Werkzeug in der eigenen Mittelostpolitik benutzen als auch mit Hilfe der faschistischen Banden die Revolution von Rojava vernichten. Als Ergebnis dieser Politik wurde das türkisch-syrische Grenzgebiet zu einem Paradies für den IS gemacht. Von überall auf der Welt wurden Banden zu dieser Grenze nach Syrien gebracht und die Grenzstreifen für den IS für Organisierungscamps wie auch Logistikzentren geöffnet. Wenn es heute im Mittleren Osten den Faschismus des IS gibt, dann muss die Welt wissen, dass sein größter Unterstützer die AKP-Regierung ist.«2PîrsûsTatsächlich ist bekannt geworden, dass der Attentäter vom Geheimdienst MIT überwacht worden war. Selbst wenn die hohe Wahrscheinlichkeit einer AKP-Beteiligung an dem Anschlag beiseitegelassen wird, so bleiben doch unzählige Dokumente und Berichte, welche die enge Unterstützung des IS durch die Türkei belegen. So bestätigen u. a. anderem ganz aktuelle Aussagen des bei Girê Sipî gefangen genommenen IS-Terroristen Mahmut Gazitilar, dass es bei der nordkurdischen Stadt Semsûr (Adıyaman) ein Ausbildungscamp für den Dschihad gibt.3 Das belegt ebenfalls die Vielzahl von Transporten und Grenzübertritten von Dschihadist_innen bei Kaniya Xezalan (der auf türkischem Territorium liegende Teil Akçakale der durch die türkisch-syrische Grenze geteilten ehemaligen Stadt Tall Abyad) nach Girê Sipî und Raqqa. Während einerseits Waffen unter Medikamentenladungen in der Region Hatay entdeckt worden waren, die vom MIT an dschihadistische Kräfte transportiert wurden, finden ähnliche Transporte häufig unter humanitärem Deckmantel auch über die Grenze bei Kaniya Xezalan statt. Die dokumentierten Fälle stellen dabei allerdings höchstens die Spitze des Eisbergs dar. Während die türkische Regierung über die selbstverwalteten Regionen Rojavas ein Embargo verhängte, leistete sie hier großzügig »Hilfe«. Wie die New York Times am 04.05.2015 feststellte, sei eine große Menge Ammoniumnitrat bei Kaniya Xezalan über die Grenze gebracht worden, deklariert als »Dünger«.4 Selbstverständlich wird mit Ammoniumnitrat weltweit gedüngt, es ist allerdings leicht in einen starken Sprengstoff umzuwandeln, wie er immer wieder vom IS und anderen Gruppen weltweit zu Anschlägen mit Autobomben benutzt wird, da der Dünger leicht erhältlich und in großen Mengen einsetzbar ist. Weitere Funde von aus Dünger aus der Türkei hergestellten Sprengsätzen in Heleb (Aleppo) und Girê Sipî belegen das.5 Dem türkischen Magazin »Nokta« liegen mittlerweile Listen mit mindesten 60 Personen vor, die in der Türkei aufgegriffen und als Dschihadist_innen abgeschoben werden sollten. Anstatt sie jedoch des Landes zu verweisen, seien die im Dokument namentlich benannten Personen zwischen April und Oktober 2014 dem türkischen Geheimdienst MIT überlassen worden, der sie über Kaniya Xezalan an den damals in Girê Sipî herrschenden IS übergeben habe.6 Während Hilfslieferungen und Stromversorgung aus der Türkei im IS-kontrollierten Girê Sipî funktionierten, wurde nach der Befreiung der Stadt sämtliche Energieversorgung aus der Türkei abgeschaltet und die Region in das weitgehende Embargo gegen Rojava einbezogen. Noch deutlicher als diese Indizien mag die Erklärung des Nationalen Sicherheitsrats der Türkei (MGK) vom 29.06.15 sein, der drohte, im Falle eines Überschreitens des Euphrat durch die YPG/YPJ werde die Türkei intervenieren.

Besonders zynisch ist das Ausnutzen des Anschlags von Pirsûs vom 20.07.15 durch die AKP-Regierung. Der Angriff auf die linke Opposition, welche die AKP-Regierung mit allen Mitteln zu vernichten sucht, wird von eben dieser zum Angriff auf die ganze Türkei stilisiert und zum Anlass genommen, Bündnisse für einen »Krieg gegen den Terror« zu schließen. So wurde den USA die Militärbasis Incirlik für Luftoperationen gegen den IS überlassen, dafür wurden anscheinend im Gegenzug Angriffe auf die kurdische Guerilla und eine mögliche Pufferzone in Syrien eingeräumt. Angriffe auf den IS fanden nur in sehr begrenztem Maße statt, auf einen Tag reduziert. Die NATO sekundierte mit einer Solidaritätserklärung Ende Juli.

Die Bombardierungen folgten, allerdings in allergrößtem Ausmaß gegen die kurdische Guerilla, über 1000 Menschen wurden in der Türkei/Nordkurdistan inhaftiert, ein Bruchteil davon wegen eines Vorwurfs der IS-Mitgliedschaft, die große Mehrheit als Teil der Linken in der Türkei und der kurdischen Bewegung. In den letzten Wochen wurde auf eine Politik der Inhaftierung, Folterung und extralegalen Hinrichtung zurückgegriffen – das bedeutet, die Menschen, die in Pîrsûs vom IS bombardiert wurden, werden nun im offiziellen Staatsauftrag von Polizei und Militär angegriffen.

Weiterhin ließ die türkische Regierung lauthals verkünden, die USA hätten zugestimmt und die Anti-IS-Koalition würde IS und YPG/YPJ bombardieren, wenn diese die Pufferzone beträten. Sowohl die Zustimmung zur Einrichtung einer Pufferzone als auch die Bombardierung von IS und YPG/YPJ gleichermaßen im Falle eines Eindringens wurden von den USA allesamt dementiert, während sie dem am 27.07. noch zugestimmt hatten.7 Dieser Wechsel von Erklärung und Dementi scheint auf einen Interessengegensatz zwischen USA und Türkei im Hinblick auf die Bekämpfung des IS zurückzugehen. Laut Wall Street Journal hatte die Türkei erklärt, die Angriffe auf die PKK »kurzfristig abzuwickeln«, sie setzte jedoch ihr Bombardement fort. Nun entrüsten sich Militärvertreter_innen der USA: »Es ist klar, dass der IS nur ein Aufhänger war. Die Türkei wollte gegen die PKK vorgehen und brauchte einen Anlass.«8 Allerdings ist dieses Erstaunen sicherlich eher als offizielles Distanzierungsmanöver zu sehen, da die Türkei in ihrem politischen wie auch praktischen Vorgehen nie ein Hehl daraus gemacht hat, dass sie in der PKK oder auch in der Selbstverwaltung von Rojava eine größere Gefahr sieht als im IS9, und die Behauptungen des türkischen Außenministers Çavușoğlu, es gäbe keinen Unterschied zwischen dem IS und der Partei der Demokratischen Einheit (PYD) in Rojava, machten dies mehr als deutlich.10

Der Aufbau der sogenannten Pufferzone zwischen Cerablus (Dscharabulus) und Azaz scheint de facto voranzugehen, parallel dazu verstärkt die Türkei ihre Präsenz in den Regionen Idlib und Heleb. Das Bündnis zwischen Al-Qaida und Türkei wurde deutlich, als die Al-Nusra-Front (Dschabhat an-Nusra, JAN), wenn auch zähneknirschend, ankündigte, die von ihr kontrollierten Zonen in Heleb und Azaz zugunsten der Türkei zu räumen. Auch auf ökonomischer Ebene haben die Vereinnahmungsversuche begonnen, so hat die von JAN geführte Koalition Dschaisch al-Fatah in Idlib die Türkische Lira eingeführt, dasselbe tat JAN vor wenigen Tagen in Heleb. Falls die Türkei nicht direkt einmarschiert, so hat sie doch schon begonnen, rechtsextreme Kontrakräfte unter Kontrolle des MIT in die Region zu schleusen. Diese sollen als »turkmenische Oppositionskräfte« ihre Rolle im politischen Konzept der Türkei in Syrien unter anderem unter den Namen »Sultan-Murat-Brigade« oder »Fatih-Sultan-Mehmet-Brigade« spielen und dem neoosmanischen Projekt neues Leben einhauchen. Die turkmenische Organisierung ist stark vom türkischen Geheimdienst MIT und rechtsextremen Gruppen wie den »Grauen Wölfen« durchdrungen. Die Sultan-Murat-Brigade arbeitet eng mit JAN/Al-Qaida und anderen dschihadistischen Gruppen zusammen unter dem Namen Ansar al-Scharia und pflegt gemeinsame Operationsbasen insbesondere im Kampf gegen die selbstverwalteten Bezirke von Heleb.11

Der Sprecher der YPG, Sîpan Hemo, erklärte gegenüber ANHA: »Uns liegen Dokumente vor, die ein Treffen zwischen Nusra und türkischen Staatsvertreter_innen in Kilis belegen. Die Gebiete, die von Nusra geräumt werden, sollen der Sultan-Murat-Brigade übergeben werden. Das hat diese gestern in einer Presseerklärung bestätigt. Sie sagen, sie haben 13 Orte von JAN übergeben bekommen. Im Endeffekt bedeutet das, dass JAN und die Sultan-Murat-Brigade sich untereinander ablösen.« Am 10.08. überschritten etwa 600 Mitglieder der turkmenischen Brigaden, unter ihnen viele Mitglieder türkischer Spezialeinheiten, die türkisch-syrische Grenze bei Azaz unter türkischen und osmanischen Fahnen. Die Gruppen waren mit Pick-ups mit Flugabwehrgeschützen ausgestattet und rückten ebenfalls aus Richtung Idlib auf Azaz vor. Die Zusammenarbeit zwischen JAN und den turkmenischen Brigaden ging sogar über das, was Sipan Hemo erklärte, hinaus, so schlossen sich Mitglieder von JAN im von Nusra besetzten Dorf Qestel Cindo bei Afrîn den turkmenischen »Milizen« – de facto den türkischen Spezialeinheiten – an. Neben JAN haben sich in der Region nach Quellen aus dem Umfeld der Freien Syrischen Armee (FSA) große Einheiten von Ahrar al-Scham und Dschabhat al-Schamiye angeschlossen. Ahrar al-Scham begrüßte trotz enger Al-Qaida-Anbindung im Gegensatz zu JAN die Interventionen der internationalen Koalition gegen den IS und das Regime und bietet sich für eine Zusammenarbeit an. Der Politikwissenschaftler Michael Lüders erklärte gegenüber dem ARD-Magazin Monitor, dass die Ideologie und Praxis von Ahrar al-Scham JAN oder dem IS an Grausamkeit um nichts nachstehe.12 Ahrar al-Scham werden nach einem UN-Bericht schwere Menschenrechtsverletzungen, Massaker und Folter auch an Kindern vorgeworfen.13 Ahrar al-Scham ist ebenfalls eine der Gruppen, die massiv von der Türkei aufgerüstet worden sind. Obwohl die Bundesregierung offiziell dementiert, belegen von Monitor vorgelegte geheime Dokumente eben dies. Es heißt dort: »Seit Mitte November 2014 deuten nachrichtendienstliche Hinweise auf Waffenlieferungen Ankaras an Kräfte des bewaffneten Widerstands in Syrien hin. Empfänger sollen die Gruppierung Ahrar al Sham bzw. die Islamische Front (IF) gewesen sein.«14

Weiterhin gibt es deutliche Hinweise darauf, dass sich IS, JAN und turkmenische Milizen in der Region Azaz zumindest stellenweise koordinieren. So übergab der IS das Dorf Qere Mezre und insbesondere die dortigen Gasabfüllanlagen an die Sultan-Murat-Brigade und JAN. YPG-Kommandant Sîpan Hemo erklärte hierzu: »Nach Dokumenten, die uns vorliegen, hat der MIT die Kommandanten des IS und der Sultan-Murat-Brigade zusammengebracht und sie haben dieses Thema diskutiert. Nach diesem Szenario sollten für die Öffentlichkeit zunächst die Luftangriffe der Türkei auf einige Stellungen des IS erfolgen, daraufhin sollte der IS die Region verlassen. Danach sollte die Sultan-Murat-Brigade in die von den Banden geräumten Gebiete einziehen. Der IS fing daraufhin sofort damit an, eine Basis für ein solches Vorgehen zu schaffen. Er begann eine Erklärung zu verbreiten‚ wenn es einen heftigen Angriff gäbe, dann wären wir gezwungen, unsere Kräfte zurückzuziehen. Im Moment findet genau dieses Szenario statt.«

Auch wenn uns die Dokumente zum IS nicht vorliegen, so belegt doch der offizielle Abzug von JAN aus den Regionen Azaz und Heleb die enge Zusammenarbeit zwischen AKP-Regierung und JAN. Immer wieder postulierte Interessengegensätze werden von der Übergabe mindestens sechs verletzter YPG-Kämpfer_innen von der Türkei an JAN vor deren Abzug Lügen gestraft.

Eine weitere Frage bleibt; die von den USA ausgebildeten FSA-Milizen wurden allesamt von JAN gefangen genommen und existieren im Moment de facto nicht mehr. Nach dem offiziellen JAN-Abzug scheint es nun das Kalkül der Türkei zu sein, »gemäßigte Rebell_innen« in Form der »turkmenischen Milizen« zu installieren.

Wir können von einer Neuformierung der Gegner_innen der demokratischen Autonomie in Rojava und einer verdeckten Invasion der Türkei in das Gebiet der geplanten Pufferzone sprechen. Insbesondere die kurdische Bevölkerung der Region, aber auch andere Gruppen im Gebiet zwischen Kobanê und Afrîn stehen einer akuten Bedrohung gegenüber. Dabei wird wieder auf die Zusammenarbeit mit Rechtsextremen und Dschihadist_innen zurückgegriffen, welche die regionalen Interessen der Türkei durchsetzen sollen. Nicht zu vergessen ist, dass diese Politik im Schatten der Patriot-Raketen der deutschen Bundeswehr stattfindet und dass die Bundesregierung trotz ihrer Kenntnis der Al-Qaida-/JAN-/Ahrar-al-Scham-Verbindungen der Türkei bisher zu keinerlei Protest bereit war. Was der anberaumte Abzug der Patriot-Raketen aus der Türkei in diesem Kontext bedeutet, bleibt abzuwarten, sicher ist jedoch, dass die NATO-Partnerschaft und die Waffenlieferungen an die Türkei bisher in keiner Weise in Frage gestellt wurden. Dahinter Ignoranz zu vermuten, wäre sicherlich zu kurz gegriffen, es wird bewusst mit dem Feuer gespielt, das im Begriff steht, die ganze Region in Brand zu setzen. Die Aufrufe der Kanzlerin Merkel zum »Maßhalten« beim Bombardieren der kurdischen Freiheitsbewegung entbehren in diesem Rahmen nicht eines gewissen Zynismus.15

Sîpan Hemo erklärte, dass eine Intervention der Türkei nicht geduldet werden würde: »Dies möchten wir allen Völkern Syriens bekannt geben. Auch wenn sich diese Intervention nicht direkt gegen unsere Kantone richtet, wenn türkische Kräfte in Azaz eindringen und angreifen, dann ist das ein Angriff auf Westkurdistan. Wir sagen unseren Freund_innen, die Politik, die der türkische Staat praktiziert, ist kein Kampf gegen den IS und für die Freiheit der Völker Syriens. Der türkische Staat hat bis heute seine Verbindungen mit den Banden nicht abgebrochen. Er hat auch keine Entscheidung getroffen, mit den internationalen Kräften gegen den IS zu kämpfen. Der IS ist an sich ein Projekt des türkischen Staates gewesen. Heute mag sich die Form des Projekts geändert haben ... in dieser Situation mögen wir anderen Namen für den ›türkischen IS‹ begegnen. Morgen können wir dem ›IS‹ der Sultan-Murat-Brigade gegenüberstehen. Alles das hat ein Ziel: die Gegnerschaft zu den Errungenschaften der Völker Rojavas.«

Fußnoten:

1 todayszaman.com/columnists_is-turkey-preparing-for-an-intervention-in-syria_389932.html, 21.06.15
2 http://www.imctv.com.tr/kckden-patlamaya-iliskin-aciklama/
http://anfturkce.net/kurdistan/dais-adiyaman-da-eleman-devsiriyor
4 nytimes.com/2015/05/05/world/europe/fertilizer-also-suited-for-bombs-flows-to-isis-territory-from-turkey.html, 20.06.15
http://tr.hawarnews.com/turkiye-cetelere-patlayici-icin-gubre-veriyor/
http://tr.hawarnews.com/mit-eliyle-daisa-eleman-tasiniyor/
http://www.tagesschau.de/ausland/tuerkei-sicherheitszone-101.html
8http://www.wsj.com/articles/u-s-concerns-grow-over-turkish-bombardment-of-kurdish-separatists-1439422676?mod=rss_middle_east_news
9 vgl. http://www.sabah.com.tr/gundem/2015/06/19/pyd-daesten-cok-daha-tehlikeli-1434663598, 19.06.15
10 http://onedio.com/haber/disisleri-bakani-cavusoglu-pyd-isid-gibi-bir-teror-orgutudur--390571
11 http://www.turkmenajans.net/halepte-ansar-al-seria-operasyon-odasi-kuruldu/
12 Monitor, Sendung 13.08.15
13 vgl. http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/a_hrc_25_65.pdf
14 Monitor, Sendung 13.08.15
15 vgl. http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-07/tuerkei-bombenanschlag-soldaten-kurden