Halim Deners Tod jährt sich im Juni das 25. Mal

Die Toten bleiben jung

Volker Braun, 17. Mai 2019

Wer das Arbeiterjugendzentrum (AJZ) in Bieleld an der Heeper Straße kennt, der kennt auch das große Graffiti, das auf dem Rollladen in Front des AJZ zu sehen ist. Über 23 Jahre wurde es nicht übermalt und erinnert an den damals 16-jährigen, kurdischen Jugendlichen Halim Dener, der in der Nacht vom 30. Juni 1994 von einem zivilen SEK-Polizisten in Hannover beim Plakatieren beobachtet und von hinten erschossen wurde.

Halim Deners Tod jährt sich am 30. Juni das 25. MalBielefelds Oberstaatsanwalt Udo Vennewald ließ dem Vorstand des Jugendzentrums nun einen Strafbefehl zukommen in der Höhe von 3000 EURO, weil das AJZ der Handlungsanweisung der Bielefelder Polizei nicht folgte, das Graffiti freiwillig zu übermalen. Vennewald erklärt, dass nach neuster Beschlusslage des Bundesinnenministeriums das Graffiti einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz darstellt. Dieser Erlass, die kurdischen Embleme zu verbieten, wurde noch vom Ex-Innenminister de Maizière rausgegeben, weil diesem nicht entgangen war, dass aus einer kleinen kurdischen Bewegung ein Volksaufstand und aus einer Guerilla eine kurdische Armee geworden ist, die dem Faschismus unter riesigen eigenen Opfern eine Grenze aufzeigt und ein für alle Mal damit Schluss sein muss, dass brennende deutsche Leopardpanzer die Tagesschau beenden.

Die Heckler&Koch- und Rheinmetall-Dynastien zerstören die Lebensgrundlagen vieler Volksgruppen und realisieren Verwüstungen und Kontaminierung ganzer Regionen der Welt. Die Staatsanwaltschaft in Bielefeld regelt nur die Rückwirkungen davon. Früher sagte Brecht dazu »das Unrecht geht einher mit sicherem Schritt«. Der deutsche Staat ist Auftraggeber eines Polizisten, der die Lebensgeschichte eines 16-Jährigen beendet, weil er das Monopol besitzt, ungestraft zu töten.

Halim Deners Tod jährt sich im Juni das 25. Mal. Das Graffiti mit seinem Gesicht ist ein Denkmal geworden in Bielefeld, dafür, dass es sich lohnt, sich für ein Morgen einzusetzen, in dem niemand mehr reich wird durch Kriegswaffenproduktion. Die Bielefelder Polizei behauptet, einen »Beschuldigten« identifiziert zu haben, der das Graffiti gesprüht hat. Ihre Drohungen sollen nur einschüchtern, denn sie wissen, dass der Sprayer vor vielen Jahren verstarb. Er hat unter das Portrait von Halim Dener geschrieben: »Ich hoffe, dass ich nie von den Bullen beim Sprühen erschossen werde.« Er war jung und kam aus Hamburg und er hieß Eric.

Ihm ist diese künstlerisch bedeutsame Arbeit zu verdanken. Der Vorstand des Bielefelder AJZ schreibt nun, dass sie sich juristisch zur Wehr setzen werden und bittet um Solidarität.
Vielleicht wäre es auch an der Zeit, Erics Kunstwerk zu restaurieren und einen Antrag bei der Denkmalschutzbehörde zu stellen, es in die Liste der bedeutenden Kunstdenkmäler der Stadt aufzunehmen ... Zudem gibt es die Möglichkeit, am 6. Juli in Hannover um 14 Uhr am Ernst-August-Platz an einer bundesweiten Gedenkdemonstration für Halim Dener teilzunehmen.


 Kurdistan Report 204 | Juli/August 2019