Die Rolle der YPJ im Mittleren Osten und ihr Einfluss auf den Frauenkampf

Frauen werden die Revolution verteidigen

Interview mit Zeynep Efrîn, Kommandantin der Frauenverteidigungseinheiten YPJ


»Die Frauen der YPJ haben mit ihrem entschlossenen Kampf bewiesen, dass der Freiheitswille von Frauen stärker ist als die Brutalität und Waffen des patriarchalen Systems«. | Foto: YPG-PressofficeDie Frauenverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Jin – YPJ) wurden am 4. April 2013 in Rojava gegründet. Sie wurden vor allem durch ihren Widerstand in Kobanê international bekannt. Frauen in vielen Ländern des Mittleren Ostens und darüber hinaus – von Afghanistan bis nach Europa, in Nord- und Lateinamerika – fühlten sich vom erfolgreichen Kampf der YPJ gegen die zuvor als unbesiegbar geltenden frauenverachtenden IS-Mörderbanden inspiriert. Der sogenannte Islamische Staat (IS) galt als offenster Ausdruck des patriarchalen Systems, in dem täglich in allen Teilen der Welt Frauen ermordet und vergewaltigt werden und der Willen von Frauen auf brutale oder subtile Weise gebrochen wird. Die Frauen der YPJ haben mit ihrem entschlossenen Kampf bewiesen, dass der Freiheitswille von Frauen stärker ist als die Brutalität und Waffen des patriarchalen Systems.
Wir sprachen mit der YPJ-Kommandantin Zeynep Efrîn über die Rolle der Frauen­verteidigungseinheiten innerhalb der Revolution in Rojava und ihren Einfluss auf den Kampf der Frauen.

Wie sehr hat sich der Aufbau der Frauenverteidigungseinheiten YPJ auf die Kämpfe der Frauen im Mittleren Osten ausgewirkt?

Seit dem Beginn des Aufbaus der Frauenverteidigungseinheiten bis heute ist viel Zeit vergangen und es wurden viele Themen diskutiert: Wie kamen die Frauenverteidigungseinheiten zustande? Wie vollzog sich ihr Aufbau? Wie entfaltete sich die Wirkung der YPJ? In der Realität des Mittleren Ostens und seiner Geschichte ist es so, dass die YPJ nicht die Ersten waren, die sagten: Wir verteidigen uns gegen Angriffe und schützen unsere Bevölkerung, unsere Würde, unser Land. Schon vor uns haben sich hunderte Frauen von allen Völkern der Region Kämpfen angeschlossen und in ihnen eine wichtige Rolle gespielt. Diese Geschichte finden wir in allen Gemeinschaften: bei den Araber*innen, Kurd*innen, Armenier*innen, Assyrer*innen. Wir kennen zwar nicht jeden einzelnen Namen dieser Frauen, aber einige sind überliefert. Es waren vor allem einzelne Persönlichkeiten, die bekannt wurden. Sie blieben in Erinnerung und auch ihre Werte bestehen weiter. Wir sehen uns in einer Kontinuität mit ihnen. Sie waren unsere Vorgängerinnen, wir sind ihre Enkelinnen. Es ist wichtig, diese Verbindung nicht zu trennen. Genauso verhält es sich auch global. Auf der ganzen Welt, in zahllosen Freiheitskämpfen, spielten Frauen eine wichtige Rolle: sei es in Leitungsfunktionen, sei es in Kriegen, aber auch bei der Unterstützung der Armeen in den Kriegen – in allen Gesellschaften, allen Ländern finden sich solche Beispiele.

Leider sind nicht viele der Geschichten dieser Frauen niedergeschrieben worden. Es wäre gut, sie in einem Buch, einer Dokumentation, einem Film zusammenzutragen und zu erwähnen, welche Frau welche Rolle gespielt und was für einen Einfluss sie gehabt hat. Beispielsweise all die Frauen, die kämpften, damit Bildung sich weiterentwickelt; all die Frauen, die für gesellschaftliche Gleichheit kämpften; all die Frauen, die für die Gleichberechtigung der Geschlechter und all jene, die für die Freiheit ihres Landes gekämpft haben. Jede einzelne von ihnen gewährleistete den Fortbestand der Rolle und Existenz der Frauen an jedem Ort. Heute sind wir es, die ihre Werte fortsetzen und sich ihrer erinnern. Dieses Vermächtnis treten wir an und ziehen unsere Erfahrung aus jenen Geschichten. Zu jeder Zeit, in jedem Abschnitt der Geschichte, in jedem Moment der Gesellschaft gab es Frauen, die dem Erbe und der Vielfalt des Mittleren Ostens entstammten.

Warum nun wurden die YPJ so einflussreich bzw. so bekannt? Sagen wir, es hätte die YPJ im Krieg in Rojava nicht gegeben. Sagen wir, die Volksverteidigungseinheiten YPG hätten zwar gekämpft, aber die YPJ wären nicht an ihrer Seite gewesen. Hätte die Welt dann auch so viel Interesse entwickelt, hätte sie sie so stark beeinflussen können? Im Krieg in Nord­syrien, im Krieg gegen den Islamischen Staat war es vor allem die immense Rolle der Frauen, die das Interesse der Welt geweckt hat. Zwar hatte die Welt bis dahin bereits gelernt, dass diese oder jene Frau einzeln oder auch kleine Frauengruppen am Krieg teilnehmen, aber eine Armee von Frauen, die sich selbst organisiert, das war neu. Dabei reden wir hier nicht davon, dass sich Frauen Militärkleidung anziehen und Waffen in die Hand nehmen, um Propaganda zu inszenieren. Nicht nur als eine Show, damit gesagt werden kann: Seht, es gibt auch Frauen, die kämpfen.

Die Wahrheit der YPJ ist – und das hat sie auch so einflussreich gemacht –, dass sie weit entfernt davon sind, bloße Propaganda, bloßes Schauspiel, bloße Reklame zu sein. Da kommt es nicht auf Militärkleidung an, denn viele unserer Freund*innen haben in Zivilkleidung gekämpft und sind in Zivilkleidung gefallen. Jene Frauen, die die Waffen aufnahmen, haben auch gekämpft. Sie sind als Märtyrerinnen gefallen. Sie haben Opfer gebracht. Sie wurden verwundet. Und das alles kam aus der Kraft ihres Herzens. Das ist die Realität, die sie hervorgebracht haben, und das ist es, was die Aufmerksamkeit der ganzen Welt erregt hat. Wenn es nur darum geht, irgendeiner Armee beizutreten, da gibt es im Mittleren Osten viele Staaten, die Frauen aufnehmen. Den syrischen Staat zum Beispiel. Seit Jahren gibt es dort eine Akademie für Frauen, in der sie eine militärische Ausbildung durchlaufen können. Aber die Beteiligung von Frauen direkt im Kampf, im Krieg – das war nur bei uns, das war neu. Das war das erste Mal. Und das noch dazu nicht als vereinzelte Kämpferinnen, sondern als eigene Armee! Eine Frauenarmee, die an der Front ihren Platz einnimmt.

Auf welcher ideologischen Grundlage hat sich eine solche Armee wie die YPJ aufgebaut und wie wurde sie so bekannt? Wie ist das Interesse so vieler Frauen geweckt worden?

Ich würde sagen, dass vielleicht nicht so viele aus ideologischen Gründen für diese Arbeit brennen. Es gibt zwar die Frauenbefreiungsideologie, das ist richtig, aber von hundert sind es vielleicht zwanzig oder zehn, die die Frauenbefreiungsideologie wirklich kennen. Dass wir allerdings für die Frauen in den Krieg ziehen, das wissen mehr. Allerdings sind Frauen auf der Suche, sich nämlich an jedem Ort zu beweisen. Die Frauen haben mittlerweile einen Geist, die Mauern der Verbote einzureißen und die stereotype Einteilung in »Männerarbeiten« und »Frauenarbeiten« sowie in Arbeiten, die Frauen nicht machen können, nicht mehr zu akzeptieren.

Daraus können wir Schlüsse ziehen, wonach die Frauen auf der Suche sind und was sie antreibt. Dabei geht es darum, dass ›ich als Frau eine eigene Kraft habe. Warum wird diese Kraft nicht gesehen? Gerade da, wo es am schwersten ist, da will ich meine Kraft sehen und entdecken‹. Die Frauen sind aus den vorgefassten Formen, die ihnen in der Gesellschaft zugedacht waren, ausgebrochen; sie sind all den Zuschreibungen entflohen. In den Frauen brennt das Feuer für die Freiheit gegen all diese Stereotypen.

Es brennt ein Aufstand in ihnen! Ein richtiges Feuer! Weder die Unterwerfung unter die Familie noch die Zuschreibungen der Gesellschaft akzeptieren sie. Sie sind gegen eine zu weiche Annäherung, aber auch gegen eine unterdrückerische. Beides wird der Frau nicht gerecht. Eine Frau muss das Wissen haben, um ihren eigenen Weg zu sehen und ihn sich auch erklären zu können. Dennoch betone ich hier ein weiteres Mal: Nicht alle Mitglieder der YPJ sind wegen der Frauenbefreiungsideologie zu uns gekommen. Es war Neugier, eine Suche. Es war der Versuch, sich zu erklären, sich zu bemühen. Und zur selben Zeit war es aus einer Angst heraus. Es gab viele Angriffe gegen uns. Wir haben den Angriff gegen Şengal gesehen. Tausende kurdische Frauen in Şengal wurden vom IS entführt, auf Bazaren verkauft, zu Sklavinnen gemacht. Und das haben die Frauen gesehen. Die Frauen standen vor der Wahl: Entweder ich kämpfe, ich werde getötet, oder ich falle in die Hände des IS und sie machen mich zu ihrer Sklavin. Es ist klar: Lieber ziehe ich in den Krieg, lieber falle ich, als dass ich in deren Hände falle. Aus großer Gefahr entstand in jedem Lebewesen Verteidigungsbereitschaft.

Dieses Beispiel war es, das die Aufmerksamkeit so vieler Frauen auf der Welt auf sich gezogen hat. Du hast ja gefragt, wie wir zur Avantgarde der Frauen der Welt geworden sind. Die Frauen der Welt haben diese Hoffnung gesehen. So zum Beispiel in Afghanistan, da ergriffen Frauen zum ersten Mal die Waffen, zogen in den Krieg und töteten einige Mitglieder von al-Qaida. In einem Interview wurden sie gefragt, warum sie zu den Waffen gegriffen und so eine Aktion gestartet haben, denn al-Qaida ist schon so lange dort und so etwas war bis dahin noch nicht geschehen. Das war 2014/2015. Darauf haben sie geantwortet: »Wir haben uns ein Beispiel an den YPJ genommen. Wir haben die YPJ gesehen und uns gesagt: Sie sind Frauen, wir sind Frauen. Sie können das, so können wir das auch. Und was wir durchlebt haben, ähnelt sich auch.« Von diesem Punkt sind sie aufgebrochen, um sich zu organisieren.

Deshalb war die Herausbildung der YPJ eine sehr große Gefahr für das System patriarchaler Unterdrückung. Es hat einen Widerspruch erzeugt. Alle sahen: Das sind Frauen. Wir sind auch Frauen. Wir haben dazu beigetragen, dass die vorherrschende Mentalität hinterfragt und verändert wird. Es ist diese Mentalität im Mittleren Osten, die wir konfrontiert haben: Die Frau kann nichts, die Frau weiß nichts. Ich weiß nicht, ob wir sagen können, dass wir sie ganz überwunden, ganz zerschlagen haben, aber es wurde eine Kerbe, ein Riss in diese Mentalität geschlagen.

Die YPJ sind eine Kraft, die gegen die Feinde der Menschlichkeit, beispielsweise den IS, kämpft und in der hunderte Kämpferinnen wie Heval Arîn Mîrkan als Symbol von Kobanê, Heval Barîn oder Heval Revan sowie Heval Avesta in Efrîn einen wichtigen Platz einnehmen. Bei jeder Operation nehmen Frauen eine Vorreiterrolle ein. Überall dort, wo es Angriffe gibt, sind es die Frauen, die für die Verteidigung eintreten. In all diesen Kämpfen sehen wir auch viele internationalistische Kämpferinnen. Was fühlen Sie, wenn Sie das sehen?

Aus vielen verschiedenen Ländern wie den USA, Frankreich, Deutschland, Italien, Kanada, Osteuropa und einigen weiteren haben sich Frauen uns angeschlossen. Sie machen sich von der anderen Seite der Welt auf den Weg und kommen hierher für eine Gesellschaft, die sie nicht kennen; für eine Sprache, die sie nicht sprechen; für ein Land, das ihnen fremd ist. Was ich mich gefragt habe, ist: warum? Wie konntet ihr diesen Mut aufbringen? Sie meinten, dass sie uns und unsere Kämpfe mitverfolgen. Von den Maßstäben unserer Freundschaft, unserer Werte, bis zu unseren Kontakten und Verbindungen begeistert sind. Du hast Freundinnen erwähnt, die zu einem Symbol wurden, wir haben nicht nur ein oder zwei dieser Symbole und nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Heval Arîn, Heval Barîn, Heval Avesta, Heval Amara, solche Frauen wurden zu Symbolen. Einige sind bekannt, aber es gibt viele mehr. Das sind junge Frauen, die ein Leben hätten führen können wie jede andere, aber das genügte ihnen nicht. Und so kommt die Frage auf: »Woher beziehen diese Frauen ihren Mut, um den Angriffen und den Kugeln der Feinde zu trotzen?« Aber diese Kraft steckt in allen Frauen.

Ich möchte von Heval Hêlîn erzählen. Sie kam aus England. Zur Zeit des Krieges in Efrîn hat sie zehn Mal vorgeschlagen, nach Efrîn zu gehen. Zuvor hatte sie an der Operation in Deir ez-Zor teilgenommen. Sie sagte: »Ich werde auf jeden Fall nach Efrîn gehen.« Ich habe ihr gesagt, dass sie nicht nach Efrîn kann. Dafür müsste sie die Gebiete des Regimes durchqueren und ihre Haare seien blond, sie würden erkennen, dass sie nicht von hier sei und sie festnehmen. Sie färbte sich die Haare schwarz, um nach Efrîn gehen zu können. Sie ging nach Efrîn und ist dort gefallen.

Mit ihrem Gefühl, mit ihrer Welt, mit ihrer gesamten Existenz ist sie gekommen, um zu kämpfen. Sie war Engländerin, ist aber gekommen, um zu kämpfen. Bei Hêlîn war es die menschliche Seite, die sozialistische Seite, ihre weibliche Seite, die gesagt hat: »In dieser Welt muss etwas Besseres aufgebaut werden.«

Es geht um Solidarität, Freundschaft, das Teilen, Moral, Gerechtigkeit für die Gesellschaft. Es sind Menschen mit großen Idealen, die den Traum einer anderen Welt haben. Sie können nicht in einem kapitalistischen System leben. Deswegen kommen sie in den Mittleren Osten, nach Rojava. Sie sehen die Opferbereitschaft der Gesellschaft, der Mütter und die der jungen Männer und Frauen. Es ist für sie wie ein Traum, dass es wirklich solch eine Welt geben kann, in der alle bereit sind, alles zu geben. Das ist etwas, was sie sehr beeindruckt. Es ist etwas Wertvolles und es bewegt mich sehr, dass Menschen aus den verschiedensten Ländern und Regionen zu uns kommen, deren Namen ich vielleicht noch nicht mal kenne. Das zeigt die Realität, die Natur der Frau, egal ob sie jetzt aus Europa, Amerika oder dem Mittleren Osten kommt. Sie ist auf­opferungsvoll und bemüht sich um den Aufbau eines anderen Lebens. Es ist richtig, dass es mit der Avantgarde der kurdischen Frauen begonnen hat, aber mittlerweile haben wir viele Wegbereiterinnen aus verschiedenen Ländern. Die Frage ist: Wie können diese Vorreiterinnen, diese Symbole zu Symbolen aller Frauen werden?

Sowohl im Mittleren Osten als auch international sind viele den YPJ beigetreten. Was für Pläne und Projekte gibt es für und mit diesen Kämpferinnen?

Das ist der solidarische Geist der Frauen, den wir wo auch immer, überall auf der Welt, schaffen können. Frauen können als Volk, als Nation, eine Haltung des Kampfes einnehmen. Und dieser Kampf kann zu einem globalen Wert, einem universellen Wert werden. Alle Frauen können daran teilhaben und sich beteiligen, ihre eigenen Interessen mit einbringen und sich selbst verteidigen. Das ist unser Ziel. Es ist wichtig, dass wir das tun. Es kommen beispielsweise Frauen zu uns, um sich Ausbilden zu lassen. Dann zeigen wir ihnen, was wir wissen, und sie teilen mit uns das, was sie wissen. Sie werden mit der Gesellschaft eins, lernen sie und unsere Kultur kennen. Wenn sie die Gesellschaft kennenlernen, lernen sie davon genauso viel wie von ihren Erfahrungen der YPJ.

Diese gemeinsame Seele der Familie, die hier in Rojava weiterlebt und immer noch verteidigt wird, wurde für die Genossinnen zu etwas, worüber sie nachdenken. Was ist der Unterschied zwischen der Kultur des Systems, das der Kapitalismus geschaffen hat, und der Gesellschaft selbst, wie sie hier gelebt wird? Was ist der Unterschied zwischen der Persönlichkeit, die sich nur um sich selbst kümmert, und der Persönlichkeit hier, die aufopferungsvoll ist? Da kommt ein Widerspruch auf. Es gibt wirklich eine Menge Dinge, die wir voneinander lernen können und die uns gemeinsam nutzen. Wir bringen Dinge zusammen, geben und nehmen. Es geht nicht nur um Krieg. Es geht um unsere Einheit, unsere Freundschaft und Kameradschaft, unsere kollektive Seele, das Ziel ist nicht nur der Krieg. Das wäre falsch. Es geht um das Wissen, um Selbstverteidigung und darum, für absolut alles bereit zu sein, vielleicht für Krieg, vielleicht für andere Dinge. Das ist unser Ziel, für unsere Freundinnen und Kameradinnen. Solange die Menschen bei uns sind, wollen wir, dass sie eine natürliche Beziehung zu allem haben. Zu ihrem Land, ihren Familien, ihrem Leben, ihren Freundinnen und Kameradinnen ... auf jeder Ebene können sie gemeinsam etwas geben und nehmen.

Möchten Sie zum Schluss vielleicht noch etwas sagen oder einen Aufruf an Frauen, die für die Freiheit kämpfen, richten?

Es gibt viele Gefahren. Es gibt Versuche von den Nationalstaaten, die Rojava-Revolution zu ersticken. Ich sage nicht: diesen oder jenen Staat. Sie arbeiten zusammen, denn sie haben die gleichen Interessen und werden dasselbe tun. Das, was Rojava auf den Beinen hält, ist die Bevölkerung. Die Einheit der Bevölkerung, die für ihre Gesellschaft und Werte einsteht. Natürlich gibt es Schwächen und Probleme. Rojava ist etwas Neues, es ist mittlerweile acht Jahre her seit Beginn der Revolution. Es ist, als ob ein Kind laufen lernen würde. Rojava ist noch ein Mädchen, noch keine junge Frau. Ihre Verteidigung muss von der Gesellschaft kommen. Aber die Vorreiterinnen der Gesellschaft sind die Frauen. Die Frauen müssen sich für Rojava einsetzen. Die Frauen müssen Rojava verteidigen. Rojava wurde wegen der Frauen zum Vorbild und die Frauen werden Rojava auf den Beinen halten.

Bis jetzt wurden bereits viele große Opfer gebracht. Aber die Phase, die vor uns liegt, ist noch anstrengender und schwieriger. Dies bedeutet, die Errungenschaften der Rojava-Revolution zu garantieren und sie gegen die kommenden Angriffe zu verteidigen. Wir haben den Angriff auf Efrîn, auf Serêkaniyê und auf Girê Spî erlebt, aber das bedeutet nicht, dass es das Ende ist. Uns gegenüber haben wir die Staaten, die uns mit ihrer traditionellen Mentalität der Unterdrückung, der Ablehnung anderer Völker spalten wollen. Die jedem Volk, das sich ihnen entgegenstellt, die Identität des Staates aufzwingen wollen. Egal, ob es der türkische, der irakische oder der syrische Staat ist. Die Gefahr ist vorhanden. Die Frauen müssen eine Wahl treffen. Wofür entscheiden sie sich, wegzulaufen oder zu verteidigen? Das gilt auch für all unsere YPJ-Kämpferinnen. Wir müssen unsere Waffen wirklich gut kennen und auf alles vorbereitet sein. Und wir dürfen uns nicht auf andere Staaten verlassen und denken, dass dieser oder jener Staat kommen und uns helfen wird. Der Staat wird den Menschen niemals helfen. Sie helfen sich nur gegenseitig und arbeiten zusammen. Aber die Menschen arbeiten mit der Bevölkerung und der Gesellschaft zusammen. Die Menschen müssen füreinander einstehen. Von all diesen Gefahren müssen wir also eine gründliche Analyse vornehmen. Unsere Kräfte müssen bereit sein. Aus diesem Grund befinden sich die meisten unserer Kämpferinnen jetzt in der Ausbildung. Und auch in der Gesellschaft müssen alle Mütter, alle Frauen hinter uns stehen. Sie müssen uns den Rückhalt geben und dürfen uns nicht alleine lassen. Es mag schwierig sein, aber nur solange sie mit uns sind, sehen wir, welchen Sinn das hat, was wir tun. Wenn die Menschen mit uns sind, werden wir wissen, wofür wir kämpfen und warum wir uns vorbereiten. Ihre Existenz gibt unserem Kampf einen Sinn. Wenn sie nicht da sind, wofür kämpfen wir dann? Unsere Hoffnung liegt in den Frauen, ihrer Arbeit und der Rolle, die sie einnehmen.