Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
die Blicke der kurdischen Gesellschaft und ihrer Freundinnen und Freunde richten sich in diesen Sommermonaten auf die besorgniserregenden Entwicklungen in Südkurdistan (Irak). Denn die türkische Besatzungspolitik hat in den letzten Jahren die türkischen Grenzen weit überschritten. Die Armee unternahm Angriffe und Invasionen in Rojava (Nordsyrien) und in Südkurdistan.
Seit dem 23. April 2021 greift die türkische Armee mit Unterstützung ihrer NATO-Verbündeten nun die Regionen Zap, Avaşîn und Metîna in der Autonomieregion Kurdistan-Irak an. Im Rahmen dieser Vernichtungsoperationen, die von der Türkei als »Operation Klauen-Blitz« und »Operation Klauen-Donnerschlag« betitelt werden, werden tagtäglich Dörfer bombardiert und von türkischen Truppen eingenommen. Die Zerstörung der Lebensgrundlage hat bereits zu der Vertreibung von mehr als 1500 Menschen geführt. Die internationale Staatengemeinschaft ignoriert diesen offenen Bruch des Völkerrechts weiterhin.
Die Initiative der internationalen »Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan« im Juni dieses Jahres hat hierbei nochmals klar die verschiedenen Interessen der jeweiligen regionalen und internationalen Akteure offen zur Schau gestellt. An der Delegation beteiligten sich Menschen aus elf europäischen Ländern mit unterschiedlichen Professionen und politischen Hintergründen. Sie hatten das Ziel, nach Südkurdistan zu reisen, um sich einen direkten Eindruck von der Situation vor Ort zu verschaffen und sich für ein Ende des Krieges und der Zerstörung einzusetzen. Während ein Teil der Delegation durch deutsche und südkurdische Behörden an der Reise gehindert wurde, hat es ein Teil der Gruppe geschafft, mit der Zivilgesellschaft und Parteien zusammenzukommen, um die menschenrechtliche Situation vor Ort zu dokumentieren.
Diese verfassungswidrige Repression gegen die Delegationsteilnehmer:innen und die Argumentation vor allem der deutschen Behörden haben einmal mehr gezeigt, dass die völkerrechtswidrigen Angriffskriege der Türkei in der Region keinen Alleingang darstellen, sondern international abgesprochen sind. Die »Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan« sprach daher von einer aktiven Unterstützung des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der Türkei durch die deutsche Bundesregierung.
Angesichts dieses Vernichtungskonzeptes, dem sich die Gesellschaft in Südkurdistan und die kurdischen Widerstandskräfte ausgesetzt sehen, ist die am 14. Juni 2021 ausgerufene internationale Initiative »DEFEND KURDISTAN gegen die türkische Besatzung!« wegweisend und bedeutend. Mit vereinter Stimme verurteilt sie die Besatzung Südkurdistans durch das türkische Militär und stellt sich solidarisch an die Seite der Gesellschaft und der kurdischen Widerstandskräfte. Sie ruft alle Freund:innen der kurdischen Freiheitsbewegung auf, sich zu erheben, die Botschaft zu verbreiten und ihren Beitrag für ein Ende der türkischen Besatzung in Kurdistan zu leisten.
In diesem Sinne wünschen wir erfolgreiche Sommermonate.
Eure Redaktion
Kurdistan Report 216 | Juli/August 2021