Zur Lage der Bevölkerung in Südkurdistan und zum Kampf der PKK gegen die türkische Besatzungspolitik

Zum eigenen Überleben stützt sich die PDK auf die Feinde der Kurd:innen

Fragen an den Sprecher der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) Zagros Hîwa


Die Türkei erscheint militärisch stark und außen­politisch erfolgreich, auch im Rahmen der NATO. Hat der Guerilla-Widerstand langfristig eine Chance auf Erfolg?

Das türkische Militär ist in strategischer, taktischer und technologischer Hinsicht in hohem Maße von der NATO abhängig.

Zur Lage der Bevölkerung in Südkurdistan und zum Kampf der PKK gegen die türkische Besatzungspolitik | Foto: ANFIm Nahen Osten agiert die Türkei als Stellvertreterin der NATO. Ohne deren Zustimmung und Unterstützung ist es für die Türkei äußerst schwierig, militärisch und auch politisch einen Schritt zu tun. Ihre Interventionen in Syrien, Irak, Libyen, Armenien und der Ukraine stehen im Einklang mit der Politik des westlichen Militärbündnisses. Sie hat sich als äußerst flexibles Instrument für die NATO erwiesen und nutzt diesen Status, um sich das Schweigen der NATO- und EU-Mitgliedsländer zu erkaufen. Unter dem Mantel dieses Schweigens übt sie Terror gegen das kurdische Volk, die Frauen, die Jugend und alle demokratischen Kräfte in der Türkei aus.

Was vielen als außenpolitischer Erfolg der Türkei erscheint, ist in Wirklichkeit der Ausverkauf ihrer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen, um die diktatorische Herrschaft der mächtigen Eliten auf Kosten von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten zu sichern. Was auf dem NATO-Gipfel in Madrid geschah, erschien oberflächlich betrachtet als erfolgreicher Versuch der Türkei, Schweden und Finnland ihre türkische antikurdische Politik zu diktieren. Der Streit um die Auslieferung der Kurd:innen war nur ein Scheingefecht. Schweden war schon immer ein integraler Bestandteil der NATO-Politik gegen die kurdische Freiheitsbewegung. Es ist die Bühne, auf der 1986 das Stück um die Einstufung der PKK als terroristische Vereinigung nach der Ermordung des schwedischen Premierministers Olof Palme durch Gladio aufgeführt wurde.

Was in Madrid geschah, waren in Wirklichkeit immer größere Zugeständnisse der Türkei an die NATO. Die Türkei akzeptierte alle Bedingungen des westlichen Militärbündnisses bezogen auf die regionale und internationale Politik. Die türkische Politik folgte der Devise »Unterdrückung im Inland und Zugeständnisse in der Außenpolitik«. Um seine autoritäre und faschistische Macht im Inland zu festigen, lud Erdoğan den Mann in seinen Palast ein, den er des Mordes an Jamal Khashoggi beschuldigt hatte, er lud den israelischen Präsidenten in seinen Palast ein, den Mann, den er des Mordes an Palästinenser:innen beschuldigt hatte, und er akzeptierte alle Bedingungen des Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, seines langjährigen Rivalen. Das sind politische und wirtschaftliche Zugeständnisse Erdoğans an ausländische Mächte, um seine Ein-Mann-Herrschaft über die Türkei außenpolitisch abzusichern.

Die Freiheitsguerilla Kurdistans leistet seit 38 Jahren Widerstand gegen die Angriffe der zweitgrößten Armee der NATO. Der Krieg der Guerilla ist die Selbstverteidigung des kurdischen Volkes gegen die völkermörderische Politik des türkischen Staates. Der Widerstand der Guerilla hat den wahren antidemokratischen, faschistischen, sektiererischen, dschihadistischen und völkermörderischen Charakter des türkischen Nationalstaatssystems gegen die Kurd:innen und alle anderen in Anatolien und Mesopotamien lebenden ethnischen und religiösen Identitäten entlarvt. Dieser Kampf hat auch die Völker des Nahen Ostens und die gesamte Menschheit vor dem Terror der radikalen dschihadistischen Stellvertreter des türkischen Staates, al-Qaida und Islamischer Staat (IS), geschützt. Die Angriffe von Erdoğans Armee und ihren Stellvertretern in Irak und Syrien gegen das kurdische Volk und die Selbstverteidigungskräfte sind in Wirklichkeit ein Racheakt gegen sie, denn sie haben den IS besiegt und damit Erdoğans neoosmanische Träume zunichte gemacht. In diesem Sinne ist es der kurdischen Freiheitsguerilla gelungen, Erdoğans interne und regionale Pläne zu vereiteln. Dies ist ein legitimer Kampf, der einer gerechten Sache entspringt, der Sache der Freiheit und der Demokratie. Ungeachtet der türkischen Angriffe wird dieser Kampf weitergehen und alle unterdrückten Völker des Nahen Ostens inspirieren und sie so vor radikalen salafistischen Ideologien und deren Politik schützen.

Südkurdische NGOs weisen auf die schwerwiegenden Folgen der türkischen Militärangriffe für die Zivilbevölkerung hin. Was sind diese Kriegsfolgen?

Seit 1983, als die erste grenzüberschreitende Besetzung durch die Türkei stattfand, wurden Hunderte von Zivilist:innen von der türkischen Armee getötet. Insbesondere nachdem Erdoğan das Ende des Friedensprozesses am 24. Juli 2015 verkündet hatte, wurden 138 Zivilist:innen durch türkische Bombardements getötet und über 200 verwundet. Mehr als 800 Dörfer wurden evakuiert und Zehntausende von Menschen mussten ihre Häuser verlassen und leben nun als Binnenvertriebene. Diese Dorfbewohner:innen betreiben Landwirtschaft, Imkerei und Viehzucht, bauen normalerweise auf den fruchtbarsten Böden Südkurdistans und des Nahen Ostens Obst, Gemüse und Lebensmittel an und leisten damit einen großen Beitrag zur lokalen und nationalen Wirtschaft. Die Angriffe der türkischen Besatzer haben dieses wirtschaftliche und soziale Leben zerstört. Der Natur wurde großer Schaden zugefügt. Diese inzwischen besetzten Gebiete sind die ökologisch reichsten Regionen des Nahen Ostens mit einer großen Naturvielfalt, ein Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen.

Seit Jahren werden jedes Jahr durch die Bombardierungen der Türkei Millionen von Bäumen, Pflanzen und Tieren in Schutt und Asche gelegt. In den von der Türkei eroberten Gebieten findet eine Umweltkatastrophe statt. Das gesamte Terrain wird in Brand gesetzt, um die Bäume zu verbrennen. Vom Feuer verschonte Bäume werden von der türkischen Armee gefällt, auf Lastwagen verladen und in der Türkei vermarktet.
Auch der Einsatz von chemischen, thermobaren (Vakuumbomben) und taktischen Nuklearwaffen1 durch die türkische Armee in diesem Gebiet hat langfristig katastrophale Folgen für den gesamten Irak und den Nahen Osten. Die Auswirkungen dieser Waffen, der Chemikalien und der Strahlung, werden das Leben von Generationen beeinträchtigen, vergleichbar mit den Auswirkungen des Chemiewaffenangriffs auf Helebce durch die Saddam-Armee.

Ich zitiere einen Taxifahrer, mit dem ich einmal in Südkurdistan gesprochen habe: »Was nützt mir meine kurdische Identität, wenn die Politiker das Land verkaufen?« Verkauft die PDK wirklich Südkurdistan an die Türkei?

Nach dem Vertrag von Lausanne wurde Kurdistan ein ­System der Verleugnung, Assimilation und Vernichtung aufgezwungen. Den Kurd:innen wurden jegliche nationalen demokratischen Rechte verweigert und sie wurden den vier Nationalstaaten Iran, Irak, Türkei und Syrien zur Assimilation überlassen. Diejenigen, die sich der Verleugnung und Assimilierung widersetzten, wurden Opfer von Massakern und Völkermord. Der soziale, kulturelle und geschichtliche Hintergrund des kurdischen Volkes führte zu immer neuen Aufständen und zu Widerstand gegen die existenziellen Bedrohungen, denen es ausgesetzt war. Das internationale System sah sich nicht in der Lage, den nicht enden wollenden Kampf der Kurd:innen für ihre Identität und für demokratische Rechte einzudämmen, und eine Lösung schien auf eine kollaborative Kraft innerhalb der Kurd:innen selbst zu setzen und sie damit sozial, kulturell und politisch zu spalten. Als Konsequenz wurde die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) gegründet, um die Rolle des trojanischen Pferdes innerhalb des kurdischen Volkes zu spielen. Seit ihrer Gründung wurde sie gegen die Freiheitskämpfe der Kurd:innen in den vier Teilen Kurdistans eingesetzt. Sie wurde gegen die für ihre Freiheit kämpfenden Kurd:innen in Rojhilat [»Osten«: Ostkurdistan/Nordwestiran] ausgespielt und kollaborierte mit dem iranischen Regime bei der Unterdrückung des Freiheitskampfes der Kurd:innen dort. Viele Rojhilat-Politiker:innen wurden entführt, getötet, an Iran ausgeliefert. In den Jahren 1980–1985 wurde die PDK zum Kanonenfutter des iranischen Regimes und kollaborierte mit dem Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) im Kampf gegen die Kurd:innen, vor allem gegen Komala (»Gesellschaft der revoltierenden Werktätigen von Iranisch-Kurdistan«) und HDKI (Demokratische Partei Kurdistans in Iran). In Irak kollaborierte die PDK mit Saddam Hussein, dem Schlächter von Helebce und Initiator der Anfal-Operationen, um die Patriotische Union Kurdistans (YNK) und andere politische Kräfte in Başûr [»Süden«: Südkurdistan/Nordirak] zu bekämpfen. Von 1992 bis 2022, d. h. 30 Jahre lang, hat die PDK mit dem türkischen Staat zusammengearbeitet, um den kurdischen Freiheitskampf und die PKK in Bakur [»Norden«: Nordkurdistan/Südosttürkei] zu unterdrücken. Seit 2012 ist die PDK ein integraler und unverzichtbarer Bestandteil der Angriffe des türkischen Staates auf Rojava [»Westen«: Westkurdistan/Nordostsyrien]. Die PDK war die Erste, die Gräben aushob, um Rojava von Başûr zu isolieren. In dem Versuch, Rojava vollständig einzukreisen, schloss die PDK ein schmutziges Abkommen mit dem IS und lieferte Şengal (arab. Sindschar) an radikale dschihadistische Terrorist:innen aus, die ein Massaker an der êzîdischen Bevölkerung verübten, mehr als 10.000 Menschen töteten und mehr als 5000 Frauen versklavten.

Für all diese Verbrechen gegen die Kurd:innen ist die PDK von den internationalen Kräften nie zur Rechenschaft gezogen worden. 

Während alle, die mit Saddam und dem IS kollaborierten, von der »internationalen Gemeinschaft« als Terrorist:innen eingestuft wurden, wurde die PDK nie zur Verantwortung gezogen. Sie wurde sogar für alle Verbrechen, die sie gegen die Kurd:innen begangen hatte, belohnt. Das zeigt, dass die PDK keine kurdische Kraft ist, die für die Freiheit der Kurd:innen kämpft, sondern eine kollaborierende Kraft, die von der »internationalen Gemeinschaft« beauftragt wurde, gegen die Freiheitskämpfe der Kurd:innen in den vier Teilen Kurdistans vorzugehen.

Die Existenz der PDK ist also abhängig von ihrer Zusammenarbeit mit den Feinden der Kurd:innen. Je stärker der Freiheitskampf in einem Teil Kurdistans ist, desto klarer offenbart sich der wahre Charakter der PDK in der kurdischen Öffentlichkeit. In ihrem jetzigen Zustand hat sie keinerlei Beziehungen zum kurdischen Kampf für Freiheit und Demokratie. Unterstützt von den Befürworter:innen des Lausanner Vertrags, versucht sie sich als Vertreterin der kurdischen Sache zu präsentieren. Doch das Gegenteil ist der Fall. Sie missbraucht die kurdische Sache nur für ihre eigenen Interessen, insbesondere für die Interessen der Familie Barzanî. Die PDK, die von der Familie Barzanî beherrscht wird, ist ohne Einschränkung bereit, das kurdische Land und alle kurdischen politischen und kulturellen Ressourcen zu verkaufen, um das Überleben der Familie zu sichern. Mulla Mustafa Barzanî wird im Volk mit den Worten charakterisiert: »Das Kurdentum ist so wertvoll wie der Staub an deinen Schuhen«, Idris Mustafa Barzanî mit den Worten: »Wir können keine Brücken bauen, aber wir können leicht Brücken zerstören. Wir können keine Revolution machen, aber wir können leicht Revolutionen zerstören.«

Welche Zukunft sieht die PDK für sich in einem von der Türkei besetzten Kurdistan?

Um ihr eigenes Überleben zu sichern, stützt sich die PDK nicht auf das kurdische Volk, sondern auf die Feinde der Kurd:innen. Die PDK ist zurzeit der verlängerte Arm der antikurdischen Politik des türkischen Staates. Sie tut also alles, was die Feinde der Kurd:innen ihr vorschreiben, hat aber eine hervorragende Expertise darin erlangt, ihren Verrat und ihren Vertrauensbruch als Patriotismus und Kurdentum zu tarnen. Sie ist bereit, die kurdische Sache in den vier Teilen Kurdistans für ihr eigenes Überleben zu opfern. Die Türkei nutzt diese Politik der PDK, um sich nicht als Feindin der Kurd:innen, sondern der PKK, YPG (Volksverteidigungseinheiten), PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan) usw. zu präsentieren.

Wir wissen, dass die Armenier:innen im Nahen Osten Opfer eines Völkermords wurden, und den Überlebenden wurde ein kleines Gebiet im heutigen Armenien zugesprochen. Heute, 106 Jahre nach diesem Völkermord, sehen wir das gleiche Vorgehen gegen die Kurd:innen. Die »internationale Gemeinschaft« will eine kleine Enklave in Südkurdistan unter der Führung der PDK und der Familie Barzanî schaffen, aber auf Kosten der kurdischen Bevölkerung in allen anderen Teilen Kurdistans, die einem politischen, kulturellen und sogar physischen Völkermord ausgesetzt ist. Mit einem Völkermord an den Kurd:innen in anderen Teilen Kurdistans haben die Barzanîs kein Problem. Sie sind sogar bereit, diesen Völkermord zu unterstützen. Dies ist der Kern der Politik der PDK gegen Bakur und Rojava. Sie legitimiert und beschönigt alle Verbrechen, die der türkische Staat an den Kurd:innen in Bakur und Rojava und sogar in Başûr begeht. Die PDK ist heute politisch, wirtschaftlich, sozial, kulturell und militärisch mehr mit der Türkei als mit Irak verflochten. Sie betrachtet sich selbst als die zur Türkei gehörende »Türkische Republik Nordirak« und sieht sich in derselben Rolle wie die »Türkische Republik Nordzypern« in Bezug auf die Türkei.

In den letzten Wochen führte eine PDK-Delegation Gespräche mit Parteien und Politiker:innen im Deutschen Bundestag. Ein Schwerpunkt der Gespräche war offenbar die Argumentation, dass man zwischen dem türkischen Staat und der PKK stehe. Deshalb, so die Argumentation, sei es der PDK nicht möglich, gegen die Angriffe der Türkei Stellung zu beziehen. Was ist Ihrer Meinung nach die Rolle der PDK im gegenwärtigen Krieg in Südkurdistan?

Das ist eine Argumentation, die entwickelt wurde, um die Zusammenarbeit der PDK mit dem türkischen Staat zu verschleiern und die Verbrechen des türkischen Staates gegen die Kurd:innen und insbesondere gegen die Freiheitsguerilla Kurdistans zu beschönigen. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass ihre Argumentation der Wahrheit entspricht, sollten sie nicht für einen der Akteure des Konflikts zwischen der Türkei und der PKK Partei ergreifen.

Aber wir sehen, dass sie aktiv mit der türkischen Armee in deren Besatzungskrieg gegen Südkurdistan zusammenarbeiten. Sie haben ihr erlaubt, mehr als 100 Stützpunkte in Başûr zu errichten. Der türkischen Armee steht es frei, ihre Truppen von überall her, aus der Luft oder vom Boden aus, zu jedem dieser Stützpunkte zu verlegen. Die meisten der türkischen Armeestützpunkte werden von den PDK-Kräften geschützt und bewacht. Der Nachrichtendienst der PDK, Parastin, liefert dem türkischen Geheimdienst MIT und der türkischen Armee wichtige brisante Daten. Diese Daten werden für Drohnen- und Luftangriffe auf Guerillastellungen verwendet. Was auch immer die türkische Armee an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung begeht, die PDK tut alles, um sie zu beschönigen, und schreibt diese Verbrechen sogar der PKK zu. So wurden beispielsweise in einem Ferienort in der Nähe von Barmerne zwei Kinder durch den Beschuss aus dem dortigen türkischen Stützpunkt getötet. Trotz der Zeug:innenaussagen der Zivilbevölkerung und der Familien der Gefallenen beharrten die PDK-Behörden und die PDK-nahen Medien darauf, dass die PKK diese Kinder getötet habe.

Außerdem wurden bisher 138 Zivilist:innen durch türkische Bomben und Granaten getötet. PDK-Parastin und Asayîş (­Sicherheitskräfte) mischen sich in die Formulierung der Autopsieberichte ein und bestehen darauf, dass die Beschreibung der Todesursache von »türkisches Bombardement« in »einfache Explosion« geändert wird. Sie wollen nicht, dass die Türkei in Zukunft wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die Kurd:innen angeklagt werden kann.

Wie geht die PDK mit der PKK um? Sie hat ein vollständiges Embargo über alle Gebiete verhängt, die Stützpunkte der Guerilla sind. Die Kämpfer:innen der Guerilla dürfen sich nicht von einem Gebiet zum anderen bewegen. Sie dürfen keine Lebensmittel und Munition für sich kaufen. Wenn die Guerilla dieses Embargo durchbricht und von einem Gebiet in ein anderes gehen will, legt die PDK ihr Hinterhalte und tötet die Kämpfer:innen. Letztes Jahr gerieten zwei Gruppen von Kämpfer:innen der Guerilla in der Gegend von Xelîfan in einen Hinterhalt der PDK, und zehn von ihnen verloren ihr Leben. Sie waren nur nachts von einem Gebiet (Qendîl) zum anderen (Zap) unterwegs und benutzten dabei Routen, die von der Zivilbevölkerung nicht häufig benutzt werden. Die PDK hat dies nicht geduldet. Aber die türkischen Soldaten sind zu Tausenden unterwegs und benutzen sogar PDK-Ausstattung und PDK-Fahrzeuge. Die PDK verlegt ihre Truppen unter dem Schutz türkischer Drohnen und Kampfflugzeuge in das Herz der Guerilla-Gebiete. Ziel ist es, einen innerkurdischen Kampf zu provozieren und das Volk und die Pêşmerge von Başûr gegen die Guerilla zu mobilisieren.

Die PDK hat über die Angriffe des türkischen Staates eine vollständige Zensur für die Berichterstattung in den Medien verhängt. Keine unabhängigen Journalist:innen oder Menschenrechtsaktivist:innen dürfen das Kampfgebiet besuchen. Die lokalen Medien wurden angewiesen, nicht über die türkischen Besatzungsoperationen zu berichten. Andererseits werden alle Falschnachrichten und gefälschten Informationen über die Guerilla, die in den türkischen Mainstream-Medien veröffentlicht werden, sofort ungeprüft von den Medien in Başûr übernommen. Die PDK hat die dortigen Medien zu einem Werkzeug der psychologischen Kriegsführung der Türkei gegen die Kurd:innen gemacht und manipuliert damit die Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Bis jetzt sind drei internationale Delegationen nach Başûr gekommen, um die Gebiete aufzusuchen, in denen chemische Waffen eingesetzt wurden. Sie alle haben eine unabhängige Untersuchung gefordert. Aber all diesen Gruppen wurde der Zugang zu den betroffenen Gebieten verweigert, und die Mitglieder wurden in ihre Länder abgeschoben.

Was sich vor Ort abspielt, ist die uneingeschränkte Kollaboration der PDK mit der türkischen Armee und ihre unheilvolle Feindschaft gegenüber der Freiheitsbewegung Kurdistans.

 Fußnote:

1 -  Damit wird der Einsatz von Bomben beschrieben, die die in den Kriegen der Türkei bisher bekannte Sprengkraft bei weitem übertreffen und von der Guerilla als taktische Atombomben wahrgenommen werden. Das ließ sich bislang nicht verifizieren, da die Türkei hartnäckig und erfolgreich verhindert, dass ihr Einsatz geächteter Kampfmittel (wie z. B. Giftgas) untersucht wird.


 Kurdistan Report 223 | September/Oktober 2022