Formen des Widerstands in Lateinamerika als Aktualisierung der Poder Popular

Zivilgesellschaft als Aktivposten beim autonomen politischen Wandel

Bloque Latinoamericano


»Bloque Latinoamericano« (Lateinamerikanischer Block) entstand Ende 2018 aus dem Zusammenschluss verschiedener linker Organisationen und Aktivist:innen, die sich solidarisch mit den Kämpfen der Völker Lateinamerikas engagierten, aber vor allem auch aus politischen Organisationen von Migrant:innen, Geflüchteten und Communities in der Diaspora in Deutschland. Im praktischen Fokus der Organisation stehen: gelebter Internationalismus, das Schmieden antikolonialer Bündnisse, Verteidigung von Land und Natur sowie der antipatriarchale Kampf.

Jenseits des manchmal romantischen und exotischen Bildes der Kämpfe, die in Lateinamerika seit Jahrhunderten stattfinden, können wir sehen, dass es verschiedene Beispiele für realen Widerstand mit realen Menschen und realen Bewegungen, die sich gegen verschiedene Formen von Herrschaft organisieren, gab und gibt. Was einst als Verbindung von Kolonialismus und Abhängigkeit angesehen wurde, sind heute der Neokolonialismus, die extraktivistische Wirtschaft und die Prekarität des Lebens, die weitgehend die neuen Formen des Widerstands bestimmen, die Erben der historischen Kämpfe. In verschiedenen Ländern Lateinamerikas ist heute zu beobachten, dass die Kämpfe der Bewegungen zur Verteidigung der Natur, der feministischen Bewegungen sowie der LGTBIQ+-Community und der indigenen Völker an der Spitze der Forderungen nach sozialen Grundrechten (Recht auf Gesundheit, Wohnung, Bildung) und Grundrechten (Zugang zu Wasser und einer verschmutzungsfreien Umwelt) stehen. In diesem Sinne müssen die sozialen Revolten der letzten Jahre in Ecuador und Chile (2019), Kolumbien (2021) und Peru (2022) nicht als isolierte Ereignisse verstanden werden, sondern als Konkretisierung historischer Forderungen, die einerseits verlangen, Teil der notwendigen sozialen Transformationen zu sein, und, andererseits, historische Formen des Widerstands und der partizipativen und direkten Demokratie aktualisieren. Eine dieser Formen ist das Konzept Poder Popular (dt. Macht des Volkes). Aber was kann man unter diesem Konzept verstehen? Dazu ist es notwendig, ihre historische Bedeutung und, wie wir sie begreifen, ihre Kontingenz und Aktualität im aktuellen politischen Szenario zu verstehen.

Das Konzept Poder Popular ist in der lateinamerikanischen Vorstellungswelt seit den 60er Jahren in verschiedenen Kontexten präsent und wurde daher von sozialen Bewegungen und politischen Organisationen auf unterschiedliche Weise verwendet. Jedoch bezieht sich der genannte Begriff in einem allgemeinen Sinne auf das Aufbrechen der Arbeiter:innen- und Volksbewegung, auf die Mobilisierungen der Beherrschten und Ausgebeuteten, die in einem kapitalistischen Kontext organisiert sind und denen es aus ihrer subalternen Position und mit ihrer intervenierenden Mobilisierungskraft gelingt, eigene Machträume zu schaffen, die autonom und subversiv gegenüber der herrschenden Gesellschaftsordnung sind. Diese Macht kann eine lokale, kommunale, regionale oder sogar eine nationale territoriale Doppelmacht sein, die die Legitimität und das Gewaltmonopol des Staates selbst in Frage stellt. Aber für ihre Verwirklichung muss sie sich aus realen Subjekten und vor allem aus ökonomischen Räumen entwickeln: Aus diesem Grund erhalten die Erfahrungen der Poder Popular eine besondere revolutionäre Kraft, wenn sie von den Lohnabhängigen und den Arbeiter:innen ausgehen, da ihr Widerstand die Reproduktion und Akkumulation des Kapitals direkt bedroht.

Wir müssen dann als Beispiel das Chile der 70er Jahre und die »Industriegürtel« (Cordones Industriales1) in Betracht ziehen. Dabei handelte es sich um territoriale Koordinierungsgremien zwischen Arbeitnehmer:innen aus mehreren Dutzend Betrieben und Unternehmen in einem bestimmten geografischen Gebiet. Jeder Cordón bestand aus einer Gruppe von Unternehmen oder Fabriken, die den Kampf der Arbeitnehmer:innen in demselben Gebiet koordinierten. Zum Zeitpunkt des Militär- und Zivilputsches am 11. September 1973 waren 31 Cordones eingerichtet. Die Industriegürtel fungierten von Anfang an als Organe der Arbeiter:innenmacht und des Bündnisses mit den Volkssektoren auf dem Land und in der Stadt und breiteten sich während des Streiks der Unternehmer:innen im Oktober 1972 über das gesamte chilenische Staatsgebiet aus. Das heißt, die Cordones entstanden aus der Kombination von Erfahrung und dem Bedürfnis, sich gegen die Eigentümer:innen der Produktionsmittel zu wehren und zu organisieren.

Ein anderes, näher liegendes Beispiel ist die Entstehung der national-populären Regierung in Bolivien (mit Evo Morales als Präsident), die ihre Wurzeln in der sozialen Mobilisierung vor 2005 hat. Daher lässt sich ihr Ursprung nur erklären, wenn man die Entstehung der sozialen Bewegungen betrachtet, die seit den 90er Jahren und vor allem ab 2000 zu beobachten sind. Die Bewegung zum Sozialismus (MAS)2 als bolivianische Regierung definiert diese als eine Regierung, in der die sozialen Bewegungen eine grundlegende Rolle spielen, da sie eine wesentliche Stütze für die von ihr angestrebten Veränderungen in Bolivien sind.

Dazu noch ein weiteres interessantes Beispiel ist die Kommune von Oaxaca (Mexiko) im Jahr 2006: Sie war ein Schlüssel­erlebnis, wenn wir über die Macht des Volkes im 21. Jahrhundert sprechen, denn sie bestätigte ein außergewöhnliches Maß an Demokratie von unten, an volks-indigener und gewerkschaftlicher Demokratie, so etwas wie die erste Kommune unseres Jahrhunderts, ein bisschen wie die Pariser Kommune am Ende des 19. Jahrhunderts.3

Um diese emblematischen Erfahrungen mit der Gegenwart in Verbindung zu bringen, müssen wir uns die folgende Frage stellen: Warum sind diese Formen des Widerstands in Lateinamerika so dringend? Die Antwort ist zwar einfach und leicht abzuleiten, muss aber klar und deutlich gesagt werden: Es ist der Neoliberalismus in seiner maximalen Ausprägung, der von den Menschen Formen des Widerstands verlangt. Gegenwärtig sind es gerade die oben erwähnten sozialen Bewegungen, denen es einerseits gelungen ist, die Demokratie durch eine direktere Beteiligung zu vertiefen, wie wir im aktuellen verfassungsgebenden Prozess in Chile mit der direkten Beteiligung eines breiten Spektrums sozialer Akteur:innen aus der Zivilgesellschaft sehen können,4 oder andererseits Situationen echter Autonomie bei der Ausübung der Volksmacht und wirksamen Widerstands gegen den Extraktivismus zu schaffen. Dies ist der Fall des indigenen und bäuerlichen Kampfes gegen das Conga-Bergbauprojekt in Peru,5 wo wir ein paradigmatisches Beispiel für den lateinamerikanischen Widerstand gegen den Bergbau haben, da die soziale Mobilisierung trotz des Machtgefälles zwischen den Konfliktparteien die Aussetzung des Conga-Projekts erreicht hat und zu einer Erfahrung erfolgreichen sozialen Widerstands wurde, die ein Bezugspunkt für andere bäuerliche und indigene Gemeinschaften in Peru und der Welt sein wird.

Abschließend möchten wir mit diesen Beispielen unterstreichen, dass die Zivilgesellschaft im Allgemeinen eine grundlegende Protagonistin ist und eine aktive Rolle in den Prozessen des politischen Wandels einnimmt. Die Kombination aus autonomer ziviler Aktivität, dem zivilen Impuls für linke Regierungen und der konsequenten Beteiligung der Zivilgesellschaft an national-populären Regimen hat der Politik in Lateinamerika ein neues Gesicht gegeben. Insbesondere die Beziehung zwischen der Zivilgesellschaft und den Regierungen der einzelnen Länder wurde sowohl durch unabhängige als auch durch von der Regierung geförderte Formen der Partizipation gestärkt. Es lohnt sich, den weitgehend unabhängigen Charakter der Beteiligung der Zivilgesellschaft zu betonen, ein Aspekt, der sie von populistischen Regierungen unterscheidet, die die Bürger:innenbeteiligung zwar integriert haben, aber immer unter einer vertikalen und der Zivilgesellschaft selbst untergeordneten Bedingung.

Konkretisierung der unterschiedlichen Kämpfe der Zivilgesellschaft: Chile, Bolivien, Honduras, Kolumbien und Mexiko

Eine Bewegung, die seit 2019 besonders sichtbar ist, die aktuelle feministische und LGBTIQ+-Bewegung, breitete sich ausgehend von Lateinamerika auf der ganzen Welt aus. Der Kampf gegen die Feminizide war der Auslöser.

Am 25. November 2019 trat in Chile eine Frauengruppe namens »Las Tesis« (Die Thesen) ins Licht der Öffentlichkeit. Sie waren Teil der radikalen Protestbewegung von Schüler:innen, jungen Arbeiter:innen und Studierenden. Ihre Performance »El violador es tu« (Der Vergewaltiger bist du) wurde bald von Frauen, Mädchen und LGBTIQ+ auf allen Kontinenten, vor allem in allen Ländern Mittel- und Südamerikas übernommen. Diese Bewegung, die damit sichtbar wurde, war klassen- und herkunftsübergreifend. Sie führte dazu, dass diejenigen, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, bis dahin weitgehend unsichtbar waren und kaum eine Stimme hatten, unübersehbar und unüberhörbar wurden.

Einige Monate später, am 8. Mai 2020, waren allein in Mexiko-Stadt 35 Millionen Frauen und LGBTIQ+ auf der Straße. Ihr Lied war der »Canción sin miedo«, das Lied ohne Furcht.6
Die gemeinsame Parole war »Ni una más« (Nicht eine mehr).

Ein anderer Teil der aktuellen Kämpfe ist der Widerstand gegen den neokolonialen Extraktivismus und die Zerstörung der Erde durch vor allem transnationale Konzerne.

1999 sprach Evo Morales bei den überwältigenden Protesten gegen die WTO (Welthandelsorganisation). Das Treffen von mehr als 150 Regierungschef:innen plus Chef:innen zahlreicher transnationaler Konzerne wurde verhindert.
Evo Morales war Sprecher der Coca-Bauern und der Bewegung gegen den Verkauf des Wassers von Cochabamba an den US-Konzern Bechtel für 1 Dollar(!) Die Familie des damaligen US-Präsidenten Bush ist an diesem Konzern beteiligt. Der Kampf sowohl gegen die Privatisierung des Wassers als auch gegen die Zerstörung der Felder der Coca-Bäuer:innen wurde einige Jahre später gewonnen.

Evo Morales wurde der erste indigene Präsident Boliviens.

Zwar ist es den Reichen und Besitzenden für eine kurze Zeit gelungen, Evo Morales und die Bewegung MAS zurückzudrängen, mit unbewiesenen Beschuldigungen, aber heute sind sie wieder da.

Ein weiterer nationenübergreifender, zivilgesellschaftlicher Widerstand ist der der Ursprünglichen Bewohner:innen des lateinamerikanischen Kontinents gegen die Privatisierung und als deren Folge die Zerstörung und Vergiftung der Erde. Seit mehr als 500 Jahren kämpfen sie gegen ihre Vernichtung, Unterwerfung und Vertreibung. Für sie ist die Erde, die madre tierra (Mutter Erde), die Quelle allen Lebens. Sie begreifen sich als ihre Beschützer:innen. Das ist weder romantisch noch esoterisch, sondern existentiell. Für alle Menschen.

Die Denkweise der Ursprünglichen Bewohner:innen steht quer zur kolonialen und kapitalistisch-neoliberalen. Von den Vertreter:innen der kapitalistischen Moderne werden sie als rückständig verachtet, in Wirklichkeit stehen sie an der Spitze der Bewegung. Dafür werden sie angegriffen, vertrieben und ermordet. Da sie aber basisdemokratisch – von unten – organisiert sind, ist es für die jeweils Herrschenden so gut wie unmöglich, sie zum Schweigen zu bringen.

Kolumbien, Cauca:

»›Die Kraft hierfür gaben uns die Natur, unsere Kosmovision und unsere Ahnen, die seit der europäischen Invasion gegen ihre Auslöschung kämpften‹, erklärte Blanca Andrade, Veteranin der Bewegung. ›Dies war nicht die Leistung von Einzelnen, dies ist das Ergebnis eines kollektiven Prozesses unserer Gemeinden‹, rief Ermes Pete, Mitglied des neunköpfigen Obersten Rates des Cric [Indigener Regionalrat des Cauca], unter großem Beifall. ›Es ist eine lange Geschichte mit vielen Fehlern. Aber wir lernen beim Gehen, wie wir Indigenen sagen. Wir dürfen diese Geschichte niemals vergessen – wir müssen sie weiter kämpfen, weiter erschaffen.‹7

Honduras:

»Die indigene Basisbewegung wehrt sich seit Jahrzehnten gegen den Ausverkauf ihres Territoriums, insbesondere gegen die rund 40 Staudämme, die derzeit in Planung oder Umsetzung sind, ebenso wie die Dutzenden Bergbauprojekte, gegen die Rodung der Wälder und weitere neo-koloniale Maßnahmen, die die souveräne Gestaltung und den Schutz des Lebensraums der Lenca untergraben (wie z. B. auch das Wald-Programm REDD+, die Militarisierung, etc.). Insbesondere in Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das Wasserkraftwerk Agua Zarca wurde Berta des Öfteren die ›Mutter der Flüsse‹ genannt. In ihrer Rede bei der Preisverleihung des Goldman Preises, einem der weltweit bedeutendsten Umweltpreisen, welchen sie 2015 verliehen bekam, erklärte sie, warum sie ihr Leben diesem Kampf widmete:

›In unseren Weltanschauungen sind wir Wesen, die aus der Erde, dem Wasser und dem Mais entstanden sind. Als Lenca sind wir seit Generationen Hüter der Flüsse, beschützt außerdem von den Geistern der Mädchen. Diese zeigen uns, was es bedeutet, auf verschiedene Weise das eigene Leben der Verteidigung der Flüsse zu widmen, nämlich, das Leben für das Wohl der Menschheit und dieses Planeten zu geben.‹

Die Ermordung Bertas [2016 in ihrem Haus erschossen] ist Teil der systematischen Kampagne gegen sie und COPINH, um deren unbequemen Widerstand zu brechen. Darunter fielen die Ermordung vieler weiterer Mitglieder von COPINH in den letzten Jahren, ebenso wie unzählige Morddrohungen, die Kriminalisierung der Staudamm-Gegner*innen, das Einleiten von Gerichtsverfahren gegen Berta Cáceres, welche aufgrund nicht existenter Beweise für die Beschuldigungen fallen gelassen werden mussten, die Verfolgung von Berta und mehrere Mordversuche.«8

Peru: Kampf der peruanischen Indigenas gegen Gold- und Kupferbergbauprojekt

Seit 2011 kämpfen Indigenas in den peruanischen Anden gegen ein Gold- und Kupferbergbauprojekt, das das Wasser der Seen vergiften würde. Seitdem beteiligen sich immer mehr Menschen, auch aus den Städten, an den Kämpfen – trotz heftiger Repression in den vergangenen elf Jahren.

23. April 2022, in der Stadt Cajamarca: »Tag für Tag versammeln sich mehr als 20.000 Menschen auf dem historischen Plaza de Armas und demonstrieren unter dem Motto ›Conga no va‹ (Kein Conga!) friedlich gegen das Bergbauprojekt. Zusammen mit den politischen Vertretern der Region fordern sie eine Garantie der Unantastbarkeit der Bergseen. Auch die Städter kennen die Gefahren des Bergbaus.«9

»Auf 4000 Metern Höhe in den peruanischen Anden bewachen seit fast zwei Wochen mehr als 8000 Bauern dutzende von Bergseen. Die natürlichen Wasserspeicher sind akut vom Goldbergbau bedroht. Für die Bauern sind die Seen lebenswichtig, denn sie liefern Wasser für die Vieh- und Landwirtschaft im Tal. Sie bitten den neuen peruanischen Präsidenten seine Wahlversprechen einzulösen und sich gegen das Gold- und Kupferbergbauprojekt Conga auszusprechen.«10

Chile:

Seit dem Beginn der Proteste von Schüler:innen und Studierenden, die sich an der Erhöhung der Fahrpreise in öffentlichen Verkehrsmitteln entzündet haben, kam es zu immer härteren Auseinandersetzungen zwischen den Protestierenden und der neoliberalen Regierung Piñeras. Er ist einer der Nachfolger von Augusto Pinochet, der den Militärputsch gegen die sozialistische Regierung der Unidad Popular Salvador Allendes 1973 zu verantworten hatte. Er und alle nach ihm, bis Dezember 2021, machten Chile zum Musterland des Neoliberalismus. Das führte zu einer unfassbaren Verarmung des allergrößten Teils der chilenischen Bevölkerung und zu einer Potenzierung des Reichtums der kleinen Oberschicht. Diese konnte sich nur durch massive Repression und die Resignation und Hoffnungslosigkeit der Bevölkerung an der Macht halten.

Das änderte sich ab 2019. Zwar war auch damals die Repression sehr groß – Tausende Verletzte, Gefolterte und viele politische Gefangene, mehr als 400 meist jungen Menschen wurde durch gummiummantelte Stahlgeschosse der Polizei mindestens ein Auge ausgeschossen –, aber der Aufstand wurde nicht gebremst: Am 20.12.2021 wurde Gabriel Boric, Sprecher der Studierendenproteste, zum Präsidenten gewählt. Im September diesen Jahres wird Chile die neoliberale Verfassung außer Kraft setzen und sich eine neue geben, an der alle Teile der Zivilgesellschaft beteiligt sein sollen. Dieser Prozess ist nicht einfach, hat doch z. B. Piñera kurz vor Ende seiner Amtszeit noch die Rechte an den Lithiumvorkommen auf dem Gebiet der Mapuche an transnationale Konzerne (an denen auch seine Familie beteiligt ist) vergeben. Die Kämpfe gegen das Abholzen der Wälder dort laufen.

Mexiko:

Derzeit stehen indigene Gemeinschaften und Frauen an der Spitze der Proteste, Kämpfe und Widerstände. Vor allem der Congreso Nacional Indigena (CNI) ist zu nennen, der sich 1995, ein Jahr nach dem zapatistischen Aufstand in Chiapas, einem Bundesstaat Mexikos, gegründet hat. Dort sind fast alle indigenen Völker Mexikos basisdemokratisch organisiert, das EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional), also die Zapatistas, mit eingeschlossen. Die Kämpfe richten sich gegen Ausbeutung und Vertreibung, gegen die Privatisierung von Wasser und Erde und deren damit einhergehende Vergiftung. Sie richten sich auch gegen Bergbauprojekte und die Abholzung der Regenwälder.

Aktuell werden fünf Megaprojekte des sozialdemokratischen mexikanischen Präsidenten und seiner Regierung bekämpft, die transnationalen Konzernen Tür und Tor weit öffnen und die Zerstörung der Erde und die Verseuchung der Flüsse und Seen weiter vorantreiben. Eines davon ist der Tren Maya, eine 1500 km lange Eisenbahnstrecke, die über weite Teile durch Gebiete indigener Völker (die vertrieben werden sollen) und ursprüngliche Wälder führt (die natürlich abgeholzt werden) und an der riesige Tourismuszentren, aber auch Fabriken geplant sind.

Ein zweites Megaprojekt ist die Verbindung der Atlantik- mit der Pazifikküste durch Autobahnen, gesäumt von Fabrikanlagen. Auch diesem Projekt fällt unberührte Natur zum Opfer und auch es führt durch indigene Gebiete, deren Bewohner:innen vertrieben werden sollen. Der Widerstand wächst auf allen Ebenen – wie auch die Repression durch Armee, Polizei und Paramilitärs. Parallel dazu werden immer mehr autonome Regionen aufgebaut, die ein eigenständiges Bildungs-, Gesundheits- und Rechtssystem praktizieren und kollektive Landwirtschaft betreiben.

Für weitere Informationen über Bloque Latinoamericano https://bloquelatinoamericanoberlin.org/

Fußnoten:

1 - https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2013/09/cordones_alix.pdf

2 - http://www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/bolivien/movimento-al-socialismo-instrumento-politico-por-la-soberania-de-los-pueblos-mas-ipsp-19093.html

3 - https://www.jenspetzkastner.de/artikel/bewegung/archiv-bewegung/oaxaca-kommune

4 - https://www.ipg-journal.de/regionen/lateinamerika/artikel/neue-verfassung-in-chile-5191/

5 - https://lateinamerika-nachrichten.de/artikel/der-kampf-um-den-bergbau/

6 - Canción sin Miedo (Fearless song – Mexican Feminist Hymn) – https://www.youtube.com/watch?v=FB_PPyghdpI

7 - https://amerika21.de/2020/02/237755/kolumbien-indigene-cauca-cric

8 - https://www.ftwatch.at/honduras-ermordung-der-menschenrechtsverteidigerin-berta-caceres/

9 - https://www.regenwald.org/petitionen/806/peru-aufstand-gegen-das-gold

10 - Ebd.


 Kurdistan Report 222 | Juli/August 2022