Diese alternativen Ökonomien sind Inspirationen für eine nachhaltige Welt

Frieden mit der Erde und untereinander schließen

Ashish Kothari


Frieden mit der Biosphäre zu schließen, erfordert den Aufbau von Gemeinschaften und Beziehungen, die sich auf den Schutz des menschlichen und nichtmenschlichen Lebens konzentrieren.

Niemand in ihrem Dorf hatte während der Ausgangssperre mit Lebensmittelknappheit zu kämpfen, noch litten sie unter COVID-19, versicherte mir Moligeri Chandramma im März 2021 über einen Dolmetscher. Die Bäuerin aus dem südindischen Trockengebiet baut auf etwas mehr als einem Hektar Land mehr als 40 Arten und Sorten von Nutzpflanzen an, vor allem einheimische Hirse, Reis, Linsen und Gewürze. Chandramma ist Mitglied der Deccan Development Society (DDS), einer Kooperative von fast 5000 Dalit- (unterdrückte Kaste) und Adivasi-Frauen (indigene Volksgruppe), deren bemerkenswerte Verknüpfung von Biodiversitätserhalt und landwirtschaftlicher Existenzsicherung ihnen 2019 den renommierten Equator Award der Vereinten Nationen einbrachte. Nachdem sie sich in den 1980er Jahren aus Verhältnissen mit extremer Unterernährung und sozialer und geschlechtsspezifischer Diskriminierung befreit hatten, genießen diese Bäuer:innen heute Ernährungssouveränität und wirtschaftliche Sicherheit. Sie trotzen nicht nur der Pandemie, sondern jede Familie in der DDS trug 2020 rund 10 Kilogramm Nahrungsmittel zu den Hilfsmaßnahmen der Region für Menschen ohne Land und Lebensgrundlage bei.

Auf der anderen Seite der Welt verwalten sechs indigene Quechua-Gemeinschaften in den peruanischen Anden den Parque de la Papa (Kartoffelpark) in Pisac, Cusco, einer Berglandschaft, die zu den ursprünglichen Heimatgebieten der Kartoffel gehört. Sie schützen die Region als »biokulturelles Erbe«, eine Fundgrube biologischer und kultureller Reichtümer, geerbt von ihren Vorfahren, und bewahren mehr als 1300 Kartoffelsorten. Als ich 2008 mit anderen Forscher:innen und Aktivist:innen das Gebiet besuchte, war ich angesichts der Vielfalt verblüfft.

»Dies ist das Ergebnis von 20 Jahren konsequenter Arbeit an der Relokalisierung unseres Lebensmittelsystems, seit einer Zeit, als unsere Grundbedürfnisse zu sehr von externen Agenturen abhängig waren«, erklärte der Landwirt Mariano Sutta Apocusi im August 2020 gegenüber Local Futures, einer Organisation, die sich der Stärkung von Gemeinschaften weltweit widmet. »Die Fokussierung auf das Lokale hat uns geholfen, den Zugang zu einer großen Vielfalt an Lebensmitteln zu verbessern und sie erschwinglich zu machen – insbesondere einheimische Kartoffeln, Quinoa, Kiwicha, andere Andenknollen und Mais, die wir mit indigenen agrarökologischen Methoden anbauen.« Als die Pandemie ausbrach, ergriffen die indigenen Gemeinden strenge Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen, selbst als sie eine Rekordernte einfuhren und mehr als eine Tonne Kartoffeln an Migrant:innen, ältere Menschen und ein Heim für misshandelte junge Mütter in der Stadt Cusco verteilten.

In Europa traten viele Initiativen der »Solidarwirtschaft« bei, als die COVID-bedingten Schließungen eine große Zahl von Menschen arbeitslos machten. Dieses Konzept fördert eine Kultur der Fürsorge und des Teilens. Die Sozialzentren Disgraça und RDA69 in Lissabon, Portugal, verfolgen das Ziel, das Gemeinschaftsleben in einer ansonsten stark zersplitterten Stadt wiederherzustellen. Sie verteilten kostenlose oder billige Lebensmittel an alle, die sie benötigten. Sie boten nicht nur Mahlzeiten an, sondern auch Räume, in denen Geflüchtete, Obdachlose, arbeitslose Jugendliche und andere, die sonst vielleicht von der Gesellschaft vergessen worden wären, mit bessergestellten Familien in Kontakt treten und Beziehungen zu ihnen aufbauen konnten. Auf diese Weise konnte eine Art soziales Sicherheitsnetz entstehen. Die Organisierenden vertrauten darauf, dass diejenigen, die über ausreichende Mittel verfügten, Lebensmittel oder Geld spenden würden, um das Gemeinschaftsgefühl in den umliegenden Vierteln zu stärken.

Die Pandemie hat die Instabilität einer globalisierten Wirtschaft offenbart, die zwar als vorteilhaft für alle angepriesen wird, in Wirklichkeit aber große Ungleichheiten und Unsicherheiten schafft. Allein in Indien fielen im Jahr 2020 75 Millionen Menschen unter die Armutsgrenze; weltweit wurden Hunderte von Millionen Menschen, die für ihr Überleben und ihren Lebensunterhalt auf den Fernhandel und den Austausch von Waren und Dienstleistungen angewiesen sind, schwer getroffen. Ähnliche, wenn auch weniger extreme Verschiebungen der Besitzverhältnisse traten während der Finanzkrise 2008 auf, als Rohstoffspekulationen zusammen mit der Umstellung von Nahrungsmittel-Getreide für die Produktion von Biokraftstoffen zu einem rasanten Anstieg der weltweiten Getreidepreise führten. Dies führte in vielen Ländern, die von Nahrungsmittelimporten abhängig waren, zu Hungerrevolten. Eine Bedrohung für das Überleben entsteht auch dann, wenn Kriege oder andere Unruhen den Warenverkehr zum Erliegen bringen. In solchen Krisen geht es den Gemeinschaften besser, wenn sie Zugang zu lokalen Märkten und Dienstleistungen haben. um sich selbst mit Nahrungsmitteln, Energie und Wasser versorgen zu können sowie gleichzeitig Hilfe für weniger Privilegierte zu leisten.

Der Wert dieser alternativen Lebensweisen geht jedoch weit über ihre Widerstandsfähigkeit bei relativ kurzfristigen Krisen wie der Pandemie hinaus. Als Forscher und Umweltaktivist in einem »Entwicklungsland« setze ich mich seit langem dafür ein, dass die Weltanschauungen der naturnah lebenden Völker in die globalen Strategien zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen einfließen, wie z. B. bei der International Union for Conservation of Nature und dem UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt. Und in den letzten Jahrzehnten bin ich mit Globalisierungskritiker:innen wie dem Sozialwissenschaftler und Umweltschützer Wolfgang Sachs zu der Überzeugung gelangt, dass die Abwehr von Katastrophen wie dem Zusammenbruch der biologischen Vielfalt nicht nur ökologische Anpassungen, sondern auch radikale Änderungen der vorherrschenden wirtschaftlichen, sozialen und sogar politischen Paradigmen erfordert.

Im Jahr 2014 initiierten einige von uns in Indien einen Prozess, um Wege in eine Welt des friedlichen Zusammenlebens mit den Menschen und der Natur zu finden. Fünf Jahre später (und zufälligerweise kurz vor dem Ausbruch der Pandemie) wuchs das Vorhaben zu einem internationalen Online-Netzwerk, das wir Global Tapestry of Alternatives nannten. Dieses Projekt und andere Untersuchungen zeigen, dass gangbare Wege, egal wo sie liegen, in der Regel auf Eigenständigkeit und Solidarität beruhen.

Solche Werte stehen im Widerspruch zur Globalisierung, die den Bewohnenden des Globalen Nordens (d.h. den bessergestellten Menschen, egal wo wir leben) viele Dinge liefert, die wir als notwendig erachten. Im Gegensatz zu dem Versprechen von immer mehr materiellem Wohlstand, das unserer Zivilisation zugrunde liegt, haben die Menschen, die am Rande dieser Zivilisation leben, eine Vielzahl von Visionen für ein gutes Leben, die jeweils auf die Besonderheiten ihrer Ökosysteme und Kulturen zugeschnitten sind. Um die Kipppunkte der irreversiblen Destabilisierung der Biosphäre zu umgehen, müssen wir meiner Meinung nach alternativen Strukturen wie denjenigen der Dalit-Bäuer:innen, der Quechua-Konservator:innen und der Lissabonner Freiwilligen den Aufbau und die globale Vernetzung ermöglichen.

Eine aufschlussreiche Reise

In Indien aufzuwachsen, wo Lebensstile im Einklang mit den lokalen Ökosystemen in weiten Teilen überlebt haben, hat zweifellos meine Vorstellungen davon beeinflusst, was echte Nachhaltigkeit ausmacht. In den 1970er Jahren demonstrierte ich als Gymnasiast, der gerne Vögel in den Wäldern um Delhi beobachtete, zusammen mit Klassenkamerad:innen vor der saudi-arabischen Botschaft. Damals kamen einige Prinzen in das Land, um die (heute vom Aussterben bedrohte) indische Großtrappe zu jagen. Unser Protest und der der Bishnoi-Gemeinschaft in Rajasthan, die traditionell diese Vögel und andere Wildtiere schützt, brachte die indische Regierung in Verlegenheit, und sie forderte die Jäger auf, das Land zu verlassen. Viele von uns setzten sich daraufhin für den Schutz des Delhi Ridge Forest ein, eines der größten städtischen Dschungel der Welt. Im Jahr 1979 gründeten wir eine Umweltgruppe, um unserem Vorhaben ein System zu geben. Wir nannten sie Kalpavriksh, nach einem mythischen Baum, der Wünsche wahr werden lässt; der Name symbolisierte unser wachsendes Bewusstsein, dass die Natur uns alles gibt.

Unser Aktivismus lehrte uns mindestens genauso viel wie das, was wir in der Schule und in der Universität gelernt hatten. Als wir zum Beispiel die Ursachen der Luftverschmutzung in Delhi untersuchten, befragten wir Dorfbewohnende, die in der Nähe eines Kohlekraftwerks außerhalb der Stadt lebten. Es stellte sich heraus, dass sie von dem Staub und der Verschmutzung viel stärker betroffen waren als wir Stadtbewohnende – obwohl sie keinen Strom aus dem Kraftwerk bezogen. Die Vorteile des Projekts kamen vor allem denjenigen zugute, die bereits bessergestellt waren, während die Benachteiligten die meisten Nachteile zu spüren bekamen.

Ende 1980 reisten wir in den westlichen Himalaya, um die Protagonist:innen der legendären Chipko-Bewegung zu treffen. Seit 1973 hatten Frauen aus den Dörfern Bäume, die von der Forstbehörde oder von Unternehmen aus dem indischen Flachland abgeholzt werden sollten, mit ihrem Körper geschützt. Die zu fällenden Deodar-Bäume sowie Eichen, Rhododendren und andere Arten seien heilig, sagten uns die Frauen, und für sie überlebenswichtig. Sie lieferten Viehfutter, Dünger und Wildfutter und versorgten ihre Wasserquellen. Selbst als Student aus der Stadt konnte ich die zentrale Rolle jener Frauen beim Schutz der Umwelt erkennen – und auch die Ungerechtigkeit, dass weit entfernte Bürokrat:innen Entscheidungen treffen, ohne die Auswirkungen auf die Menschen vor Ort in Betracht zu ziehen.

Bald darauf erfuhren meine Freunde und ich, dass im Einzugsgebiet des Narmada-Flusses in Zentralindien 30 große Dämme gebaut werden sollten. Millionen von Menschen verehrten die Narmada als stürmische, aber fruchtbare Göttin – so rein, dass man glaubt, die Ganga besuche sie jedes Jahr, um ihre Sünden abzuwaschen. Bei unseren Wanderungen, Bootstouren und Busfahrten entlang der 1300 Kilometer langen Narmada waren wir überwältigt von den Wasserfällen, die in spektakuläre Schluchten stürzt en, von den dicht bewaldeten Hängen voller wilder Tiere, von Feldern mit verschiedenen Nutzpflanzen, florierenden Dörfern und alten Tempeln, die alle ertränkt werden würden. Wir begannen, die Entwicklung der Pläne selbst zu hinterfragen. Würde die Zerstörung den möglichen Nutzen nicht bei weitem überwiegen? Fast vier Jahrzehnte später haben sich unsere Befürchtungen auf tragische Weise bewahrheitet. Hunderttausende von Vertriebenen warten immer noch auf eine angemessene Entschädigung, und von dem Fluss ist – flussabwärts der Dämme – nichts als ein Rinnsal übrig geblieben, das es dem Meerwasser ermöglicht, 100 Kilometer ins Landesinnere zu gelangen.

Im Laufe der Jahre wurde mir klar, wie mächtige wirtschaftliche Kräfte rund um den Globus wirken und soziale Ungerechtigkeit und ökologische Zerstörung eng miteinander verknüpfen. Die Ära der Kolonialisierung und der Sklaverei hat die wirtschaftliche und militärische Reichweite einiger Nationalstaaten und der mit ihnen verbündeten Unternehmen enorm ausgeweitet und den weltweiten Abbau natürlicher Ressourcen und die Ausbeutung von Arbeitskräften ermöglicht, um die aufkommende industrielle Revolution in Europa und Nordamerika zu finanzieren. Wirtschaftshistoriker:innen, Anthropolog:innen und andere haben aufgezeigt, wie diese schmerzhafte Geschichte das Fundament der heutigen globalen Wirtschaft darstellt. Abgesehen davon, dass dieses Wirtschaftssystem irreversible ökologische Schäden verursacht, entzieht es vielen Gemeinschaften den Zugang zu den gemeinsamen Ressourcen – Flüssen, Wiesen und Wäldern, die für ihr Überleben wichtig sind – und schafft gleichzeitig eine Abhängigkeit von externen Märkten. Das massive Leid während der Pandemie hat diese historischen und aktuellen Verwerfungen nur noch deutlicher gemacht.

Bei meinen Streifzügen durch die Jahrzehnte und insbesondere bei der Recherche für ein Buchprojekt mit dem Wirtschaftswissenschaftler Aseem Shrivastava wurde ich auf einen weitaus hoffnungsvolleren Trend aufmerksam. Im ganzen Land und sogar auf der ganzen Welt unterstützten Hunderte von sozialen Bewegungen marginalisierte Menschen dabei, die Kontrolle über ihr Leben und ihren Lebensunterhalt zurückzuerobern. Im Jahr 2014 initiierte Kalpavriksh eine Reihe von Zusammenkünften mit dem Namen Vikalp Sangam oder Confluence of Alternatives (Zusammenschluss von Alternativen), bei denen die treibenden Kräfte dieser Bewegungen zusammenkommen, Ideen und Erfahrungen austauschen und gemeinsam eine kritische Masse für den Wandel aufbauen konnten.

Diese Zusammenarbeit und das Lesen verschiedenster Texte gaben mir Einblicke in eine wichtige Frage, die ich untersuchte: Was sind die wesentlichen Merkmale wünschenswerter und lebensfähiger Alternativen? Erfreulicherweise war ich mit dieser Suche bei weitem nicht allein. Auf einer Degrowth-Konferenz in Leipzig im Jahr 2014 hörte ich mit Begeisterung einen Vortrag von Alberto Acosta, einem Wirtschaftswissenschaftler und ehemaligen Politiker aus Ecuador. Er berichtete über das buen vivir, eine indigene Weltanschauung, die auf einem guten Zusammenleben untereinander und mit den lokalen Ökosystemen beruht. Obwohl Acosta kein Englisch und ich kein Spanisch sprach, versuchten wir angeregt uns zu unterhalten; später stieß der Degrowth-Experte Federico Demaria zu uns und half beim Übersetzen. Wir beschlossen, eine Zusammenstellung sich entwickelnder Alternativen aus aller Welt zu erarbeiten und notierten 20 mögliche Ideen auf der Rückseite eines Briefumschlags. Später holten wir den Entwicklungskritiker Arturo Escobar und die Ökofeministin Ariel Salleh als Mitherausgeber:innen eines Bandes mit dem Titel Pluriverse ins Boot. Die Zahl der in dem Band aufgeführten Alternativen wuchs auf über 100 an.

Gemeinschaftlich genutzte Ressourcen

Trotz ihrer schillernden Vielfalt haben die weltweit entstehenden Alternativen bestimmte Grundprinzipien gemeinsam. Das Wichtigste ist die Aufrechterhaltung oder Wiederbelebung der gemeinschaftlichen Verwaltung der Allmende (gemeinschaftlichen Eigentums) – von Land, Ökosystemen, Saatgut, Wasser und Wissen. Im England des 12. Jahrhunderts begannen die Mächtigen damit, Felder, Wiesen, Wälder und Bäche, die bis dahin von allen genutzt worden waren, einzuzäunen oder zu »umschließen«. Die Einfriedung durch Grundbesitzer und Industrielle breitete sich in Europa aus und beschleunigte sich mit der industriellen Revolution. Diese zwang Millionen von Enteigneten dazu, entweder in die Fabriken zu gehen oder in die Neue Welt auszuwandern, was der einheimischen Bevölkerung sehr schadete. Imperialistische Nationen eroberten große Teile der Kontinente und strukturierten die Wirtschaft der Kolonien um, indem sie Rohstoffe für Fabriken abbauten, Märkte für den Export von Industriegütern eroberten und Nahrungsmittel wie Weizen, Zucker und Tee für die neu entstandene Arbeitendenklasse beschafften. Auf diese Weise errichteten die Kolonialherren und ihre Verbündeten ein System ständiger wirtschaftlicher Vorherrschaft, was die Trennung zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden (d.h. die Welt der Ausgegrenzten, egal wo sie leben) hervorbrachte.

Die Welle antikolonialer Bewegungen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts – von denen viele erfolgreich waren – sorgte für die Angst, dass die Versorgung mit Rohstoffen für die Industrie und die Märkte für hochwertige Endprodukte versiegen würden. Präsident Harry S. Truman reagierte darauf, indem er ein Programm zur Linderung der Armut in den von ihm als »unterentwickelt« bezeichneten Gebieten mit ihrer »primitiven und stagnierenden« Wirtschaft einrichtete. Wie der Ökologe Debal Deb ausführlich darlegt, halfen neu gegründete, von den reichen Ländern kontrollierte Finanzinstitutionen den ehemaligen Kolonien, sich auf dem vom Westen vorgezeichneten Weg zu »entwickeln«, indem sie die Materialien und Energiequellen für Autos, Kühlschränke und andere Konsumgüter bereitstellten und Märkte dafür schufen. Ein wesentlicher Aspekt dieser Entwicklung waren die Privatisierung oder die staatliche Enteignung von Gemeindegütern zur Förderung von Metallen, Öl und Wasser. Diese wurde propagiert und in der Regel durch strenge Bedingungen für Kredite der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds durchgesetzt.

Wie Elinor Ostrom, Trägerin des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 2009, gezeigt hat, werden die Gemeindegüter jedoch viel nachhaltiger von den Gemeinschaften verwaltet, denen sie entrissen wurden, als von den Regierungen oder Unternehmen, die sie an sich reißen. Diese Erkenntnis hat zu zahllosen Projekten an der Basis geführt, die überlebenden Gemeindegüter zu schützen und die Kontrolle über andere wiederherzustellen. Der Begriff der Gemeindegüter hat sich auch auf »physische und Wissensressourcen« ausgeweitet, die wir »alle zum Wohle aller teilen«, erklärt die Soziologin Ana Margarida Esteves, die an der European Commons Assembly mitarbeitet, einer Dachorganisation für Hunderte solcher Organisationen.

Viele der Projekte ähneln dem DDS und dem Parque de la Papa, indem sie die gemeinschaftliche Verwaltung von Gemeinschaftsressourcen nutzen, um die Agrarökologie (kleinbäuerliche Landwirtschaft, die den Boden, das Wasser und die biologische Vielfalt erhält) und die Ernährungssouveränität (Kontrolle über alle Mittel der Nahrungsmittelproduktion, einschließlich Land, Boden, Saatgut und das Wissen über deren Verwendung) zu fördern. Der 1993 in Brasilien gegründeten Bewegung für Ernährungssouveränität La Via Campesina gehören heute rund 200 Millionen Bäuer:innen in 81 Ländern an. Solche Versuche der Selbstversorgung und der gemeinschaftlichen Verwaltung erstrecken sich auch auf andere Grundbedürfnisse, wie Energie und Wasser. In Costa Rica, Spanien und Italien erzeugen ländliche Genossenschaften seit den 1990er Jahren Strom vor Ort und kontrollieren dessen Verteilung. Und Hunderte von Dörfern in Westindien haben sich auf eine »Wasserdemokratie« zubewegt, die auf dezentraler Wassergewinnung und gemeinschaftlicher Verwaltung von Feuchtgebieten und Grundwasser beruht. Die Mobilisierung der Menschen, lokale Wissenssysteme zu erhalten, aufzubauen oder wiederherzustellen, ist für solche Projekte von entscheidender Bedeutung.

Gesicherte Rechte zur Verwaltung der Allmende sind ebenfalls wichtig. Im ecuadorianischen Amazonasgebiet hat das indigene Volk der Sapara hart für kollektive Rechte zum Erhalt ihrer Heimat, des Regenwalds, gekämpft. Sie verteidigen ihn nun gegen Öl- und Bergbauinteressen und entwickeln gleichzeitig ein Modell für wirtschaftliches Wohlergehen, das ihre traditionellen Kosmovisionen – Wege des Wissens, des Seins und des Handelns, die physisch und spirituell mit ihrer Umgebung verbunden sind – mit neuen Tätigkeiten wie gemeinschaftlich geführtem Ökotourismus verbindet. Ihre Einkünfte aus dem Tourismus sind während der Pandemie zurückgegangen, aber ihre Wälder und ihre Gemeinschaftsethik versorgen sie fast vollständig mit Nahrung, Wasser, Energie, Wohnraum, Medikamenten, Unterhaltung und Genuss, Gesundheit und Bildung, die sie brauchen. Sie bieten jetzt Online-Sitzungen über ihre Kosmovisionen, Traumanalysen und Heilung an. Ich habe 2019 in ihrem Ökotourismus-Camp in Naku persönlich an solchen Sitzungen teilgenommen. Die virtuelle Version ist nicht so fesselnd, stellt aber dennoch eine innovative Anpassung an die Umstände dar.

Städte zu begrünen oder sie einladender zu gestalten, wie es die Sozialzentren in Lissabon tun, erfordert auch eine gemeinschaftsbasierte Verwaltung und eine Wirtschaft der Fürsorge und des Teilens. Im gesamten Globalen Süden haben Entwicklungsprojekte Hunderte von Millionen Menschen in die Städte getrieben, wo sie in Slums leben und unter gefährlichen Bedingungen arbeiten. Die wohlhabenden Stadtbewohnenden könnten ihren Teil beitragen, indem sie weniger konsumieren. Denn es sind der Raubbau von Ressourcen und die Abfallentsorgung, die die Menschen in die Peripherie vertreiben. Es hat sich ein Spektrum von Wegen zu gerechteren und nachhaltigeren Städten herausgebildet. Dazu gehören beispielsweise die Transition-Bewegung, die versucht, die Allmende zu regenerieren und die europäischen Städte kohlenstoffneutral zu machen. Auch gibt es die Munizipalismus-Bewegung, die ein Netzwerk von Fearless Cities (Städte ohne Angst) schafft, darunter Barcelona, Valparaiso, Madrid und Athen, um Geflüchteten und Migrant:innen ein sicheres Umfeld zu bieten. Die urbane Landwirtschaft in Havanna deckt mehr als die Hälfte des Bedarfs an frischen Lebensmitteln und hat viele andere städtische Landwirtschaftsinitiativen auf der ganzen Welt inspiriert.

Fünf Blütenblätter

Diese Initiativen weisen auf die Notwendigkeit grundlegender Veränderungen in fünf miteinander verknüpften Bereichen hin. Im wirtschaftlichen Bereich müssen wir uns vom Entwicklungsparadigma lösen – einschließlich der Vorstellung, dass Wirtschaftswachstum, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), das beste Mittel ist, um das Wohlergehen aller zu erreichen. Stattdessen brauchen wir Systeme, die die ökologischen Grenzen respektieren, das Gemeinwohl in all seinen Dimensionen betonen und lokalen Handel etablieren, um mehr Souveränität zu ermöglichen – und wir brauchen gute Messgrößen für diese Indikatoren. Bhutan experimentiert seit langem mit dem Bruttonationalglück als Index; die Idee hat weitere Varianten hervorgebracht, wie etwa Neuseelands jüngste Konzentration auf die geistige Gesundheit und andere derartige Fortschrittsmessungen.

Wir brauchen auch Freiheit von zentraler monetärer und finanzieller Kontrolle. Es gibt viele Experimente mit alternativen Währungen und Volkswirtschaften, die auf Vertrauen und lokalem Austausch basieren. Das vielleicht innovativste dieser Experimente ist das »Time Banking«, ein System zum Tausch von Dienstleistungen, das auf dem Grundsatz beruht, dass alle Fähigkeiten oder Berufe den gleichen Respekt verdienen. So kann man zum Beispiel eine einstündige Yoga-Lektion gegen eine Stunde Fahrradreparatur eintauschen.

In vielen Teilen der Welt versuchen die Arbeitnehmer:innen, die Kontrolle über die Produktionsmittel zu erlangen: Land, Natur, Wissen und Werkzeuge. Vor einigen Jahren besuchte ich Vio.Me, eine Waschmittelfabrik in Thessaloniki, Griechenland, die von den Arbeitenden übernommen und von der chemischen Produktion auf die auf Olivenöl basierende umweltfreundliche Produktion umgestellt worden war und in der sie unabhängig von der tatsächlichen Leistung der einzelnen Arbeitenden völlige Lohngleichheit hergestellt hatten. Der Slogan an ihrer Wand lautete: »Wir haben keinen Chef!«

In der Tat wird die Arbeit selbst neu definiert. Die globalisierte Moderne hat eine Kluft zwischen Arbeit und Freizeit geschaffen, weshalb wir verzweifelt auf das Wochenende warten! Viele Bewegungen versuchen, diese Kluft zu überbrücken und mehr Freude, Kreativität und Zufriedenheit zu ermöglichen. In den Industrieländern bringen die Menschen die manuelle Herstellung von Kleidung, Schuhen oder verarbeiteten Lebensmitteln unter Bannern wie »Die Zukunft ist handgemacht« zurück. In Westindien kehren viele junge Menschen von der seelentötenden Routine in den Fabriken zur Handweberei zurück, die ihnen die Kontrolle über ihren Zeitplan ermöglicht und gleichzeitig ein kreatives Ventil bietet.

Im politischen Bereich entmachtet die Zentralisierung der Macht eines Nationalstaats – ob demokratisch oder autoritär – viele Bevölkerungsgruppen. Das Volk der Sapara in Ecuador und die Adivasi in Zentralindien plädieren für eine direktere Demokratie, in der die Macht in erster Linie bei der Gemeinschaft liegt. Der Staat – sofern er überhaupt noch existiert – würde dann vor allem bei der Koordinierung in größerem Maßstab helfen, während er den Entscheidungseinheiten vor Ort gegenüber streng rechenschaftspflichtig wäre. Der alte indische Begriff swaraj, wörtlich übersetzt mit »Selbstherrschaft«, ist hier besonders relevant. Er betont die individuelle und kollektive Autonomie und Freiheit, die mit der Verantwortung für die Autonomie und Freiheit der anderen verbunden sind. Eine Gemeinschaft, die swaraj praktiziert, darf beispielsweise keinen Bach stauen, wenn dadurch die Wasserversorgung der flussabwärts gelegenen Dörfer gefährdet wird; ihr Wohlergehen darf nicht dasjenige anderer gefährden.

Eine solche Vorstellung von Demokratie stellt auch die Grenzen von Nationalstaaten in Frage, von denen viele Folgen der Kolonialgeschichte sind und ökologisch und kulturell zusammenhängende Gebiete zerrissen haben. Das kurdische Volk zum Beispiel ist auf die Türkei, den Iran, den Irak und Syrien aufgeteilt. Seit drei Jahrzehnten kämpfen sie um Autonomie und direkte Demokratie auf der Grundlage von Prinzipien der ökologischen Nachhaltigkeit und der Frauenbefreiung – und zwar ohne Grenzen, die sie trennen. Und indigene Gruppen in Mexiko, die sich als Zapatistas bezeichnen, haben mehr als drei Jahrzehnte lang eine autonome Region auf der Grundlage ähnlicher Prinzipien durchgesetzt und aufrechterhalten.

Die Entwicklung hin zu einer solchen radikalen Demokratie würde mit einer Welt mit weit weniger Grenzen einhergehen, in der Zehntausende von relativ autonomen und selbständigen Gemeinschaften zu einem Geflecht von Alternativen verwoben wären. Diese Gesellschaften würden durch »horizontale« Netzwerke des gleichberechtigten und respektvollen Austauschs sowie durch »vertikale«, aber nach unten rechenschaftspflichtige Institutionen, die Prozesse und Aktivitäten in der gesamten Landschaft steuern, miteinander verbunden sein.
Mehrere Experimente mit Bioregionalismus in großem Maßstab sind bereits im Gange, auch wenn die meisten in ihrer Steuerung eher von oben nach unten verlaufen. In Australien versucht die Great Eastern Ranges Initiative, den Schutz von Ökosystemen auf einer Länge von 3600 Kilometern zu koordinieren und gleichzeitig die Lebensgrundlagen und die Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten. Und ein Projekt, das sich über sechs Länder in den Anden erstreckt, zielt darauf ab, das Qhapaq Ñan, ein 30 000 Kilometer langes im Inkareich erbautes Straßennetz zusammen mit dem damit verbundenen kulturellen, historischen und ökologischen Erbe als Weltkulturerbe zu erhalten.

Auch bei lokaler Selbstverwaltung können natürlich Unterdrückung und Ausgrenzung vorkommen. Die stark patriarchalisch und kastenabhängig geprägten traditionellen Dorfräte in vielen Teilen Indiens und die fremdenfeindlichen Ansätze des rechten Flügels in Europa zur Bekämpfung von Migrationsbewegungen veranschaulichen diesen Nachteil. Ein dritter entscheidender Bereich der Transformation ist daher die soziale Gerechtigkeit, die den Kampf gegen Rassismus, das Kastensystem, das Patriarchat und andere traditionelle oder moderne Formen der Diskriminierung und Ausbeutung umfasst. Glücklicherweise geht der Erfolg im Kampf gegen das vorherrschende Wirtschaftssystem oft Hand in Hand mit dem Überwinden von Diskriminierung, wie z. B. bei den Dalit-Bäuerinnen, die die jahrhundertelange Unterdrückung durch Kaste und Patriarchat abschütteln, um Ernährungssouveränität zu erlangen.

Politische Autonomie und wirtschaftliche Eigenständigkeit müssen nicht gleich Isolation und Fremdenfeindlichkeit bedeuten. Vielmehr würde ein kultureller und materieller Austausch, der auf dem Fundament von lokaler Souveränität und ökologischer Nachhaltigkeit fußt, die moderne Globalisierung ersetzen, die – absurderweise – zwar die freie Mobilität von Waren und Finanzen ermöglicht, aber verzweifelte Menschen an Grenzen aufhält. Diese Art der lokalen Organisierung wäre offen für Menschen in Not; vor dem Klimawandel oder Krieg Geflüchtete würden willkommen geheißen, wie im Netzwerk der Fearless Cities in Europa. Sowohl die fundierte praktische Umsetzung als auch eine politische Veränderung könnten den Übergang zu einem solchen System erleichtern. Notwendig ist natürlich auch der Wiederaufbau der Gesellschaft in Krisenregionen, damit die Menschen nicht mehr fliehen müssen.

Der radikale Wandel macht auch Veränderungen in einem vierten Bereich erforderlich: dem der Kultur und des Wissens. Die Globalisierung wertet Sprachen, Kulturen und Wissenssysteme ab, die sich nicht an die Entwicklung anpassen. Mehrere Bewegungen stellen sich dieser homogenisierenden Tendenz entgegen. Das Volk der Sapara versucht beispielsweise, seine fast ausgestorbene Sprache wiederzubeleben und sein Wissen über den Wald zu bewahren, indem es dies in den Lehrplan der örtlichen Schule aufnimmt. Viele Gemeinden »entkolonialisieren« ihre Landkarten, verwenden wieder ihre eigenen Ortsnamen und boykottieren politische Grenzen. Sogar die aus der Kolonialzeit stammende Mercator-Projektion, die zur Erstellung der bekannten Weltkarte verwendet wurde, wird auf den Kopf gestellt. (Erst kürzlich habe ich festgestellt, dass Afrika groß genug ist, um Europa, China, die USA und Indien zusammenzufassen.) Zunehmend arbeiten traditionelle und moderne Wissenschaften zusammen, um die drängendsten Probleme der Menschheit zu lösen. Bei der Bewertung der biologischen Vielfalt in der Arktis arbeiten beispielsweise indigene Völker und Universitätswissenschaftler:innen zusammen, um die Klimakrise zu bewältigen.

Ein Problem ist, dass die heutigen Bildungseinrichtungen Absolvierende ausbilden, die dem herrschenden Wirtschaftssystem dienen und es aufrechterhalten. Die Menschen bringen jedoch die Gemeinschaft und die Natur zurück in die Lernräume. Zu diesen Bestrebungen gehören Waldschulen in vielen Teilen Europas, die Kindern praktisches Lernen inmitten der Natur ermöglichen, die autonomen Schulen der Zapatisten, die über verschiedene Kulturen und Kämpfe unterrichten, und die Ecoversities-Allianz von Hochschulzentren auf der ganzen Welt, die es Wissenschaftler:innen ermöglicht, Wissen über die Grenzen akademischer Disziplinen hinweg zu suchen.

Der wichtigste Bereich der Transformation ist jedoch die ökologische – die Erkenntnis, dass wir Teil der Natur sind und dass auch andere Spezies ein eigenes Recht auf Respekt haben. Überall im Globalen Süden sind Gemeinschaften führend darin, geschädigte Ökosysteme und Wildtierpopulationen zu regenerieren und die Artenvielfalt zu erhalten. Zehntausende von »Lebensgebieten« werden zum Beispiel von indigenen oder anderen lokalen Gemeinschaften verwaltet. Dazu gehören lokal verwaltete Meeresgebiete im Südpazifik, indigene Gebiete in Lateinamerika und Australien, Gemeindewälder in Südasien und die Gebiete der Ancestral Domain auf den Philippinen. Bemerkenswert sind auch Gesetze oder Gerichtsurteile in mehreren Ländern, die besagen, dass beispielsweise Flüsse den gleichen Schutz genießen wie Menschen. Die UN-Erklärung zur Harmonie mit der Natur aus dem Jahr 2009 ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem solchen Ziel.

Werte

Ich werde oft gefragt, wie man erfolgreiche Alternativen ausweitet. Es wäre jedoch selbstzerstörerisch zu versuchen, eine DDS oder einen Parque de la Papa auszuweiten oder zu replizieren. Das Wesentliche dieses Ansatzes ist die Vielfalt: die Erkenntnis, dass jede Situation anders ist. Was die Menschen tun können, ist – und das ist tatsächlich die Art und Weise, wie sich Initiativen erfolgreich ausbreiten –, die zugrunde liegenden Werte zu verstehen und sie in ihren eigenen Gemeinschaften anzuwenden, während sie sich mit ähnlichen Organisationen vernetzen, um die Wirkung zu verbreitern.

Im Rahmen des Vikalp-Sangam-Prozesses wurden die folgenden Werte als entscheidend identifiziert: Solidarität, Würde, Verbundenheit, Rechte und Pflichten, Vielfalt, Autonomie und Freiheit, Selbständigkeit und Selbstbestimmung, Einfachheit, Gewaltlosigkeit und Respekt vor allem Leben. Überall auf der Welt formulieren sowohl alte als auch moderne Weltanschauungen, die sich auf das Leben konzentrieren, ähnliche Grundsätze. Indigene Völker und andere lokale Gemeinschaften leben seit Jahrhunderten nach Weltanschauungen wie »buen vivir«, »swaraj«, »ubuntu« (einer afrikanischen Philosophie, die das Wohlergehen aller Lebewesen als miteinander verbunden ansieht) und vielen anderen derartigen ethischen Systemen und setzen sie wieder ein. Gleichzeitig sind Ansätze wie Degrowth und Ökofeminismus innerhalb der Industriegesellschaften entstanden und haben starke Gegenkulturen hervorgebracht.

Im Zentrum dieser Weltanschauungen steht ein einfaches Prinzip: Wir alle besitzen Macht. Dass wir bei der Ausübung dieser Macht nicht nur unsere eigene Autonomie und Freiheit behaupten, sondern auch dafür verantwortlich sind, die Autonomie anderer zu gewährleisten. Ein solcher Swaraj verschmilzt mit ökologischer Nachhaltigkeit zu einem Öko-Swaraj, der die Achtung vor allem Leben einschließt.

Es liegt auf der Hand, dass solche grundlegenden Veränderungen auf einen tief verwurzelten Status quo treffen, der gewaltsam zurückschlägt, wenn er eine Bedrohung wahrnimmt. Hunderte von Umweltschützenden werden jedes Jahr ermordet. Eine weitere große Herausforderung besteht darin, dass viele Menschen im Globalen Norden mit den Idealen eines guten Lebens jenseits des amerikanischen Traums nicht vertraut sind. Dennoch lässt die Tatsache, dass viele fortschrittliche Initiativen wachsen und neue entstehen, darauf schließen, dass eine Kombination aus Widerstand und konstruktiven Alternativen durchaus eine Chance hat.

Die COVID-Pandemie ist eine Katastrophe, die die Menschheit vor die Wahl stellt. Kehren wir direkt zum alten Zustand zurück oder schlagen wir von dieser globalen ökologischen und sozialen Krise aus neue Wege ein? Um die Wahrscheinlichkeit für Letzteres zu erhöhen, müssen wir weit über die Ansätze des Green New Deal in den USA, Europa und anderswo hinausgehen. Ihr intensiver Fokus auf die Klimakrise und Arbeitnehmendenrechte ist wertvoll, aber wir müssen auch nichtnachhaltige Konsummuster, eklatante Ungleichheiten und die Notwendigkeit zentralisierter Nationalstaaten in Frage stellen.

Eine wirklich lebenserhaltende Verbesserung würde alle Bereiche des Öko-Swaraj betonen und könnte über vier Wege erreicht werden. Einer davon ist die Schaffung oder Wiederbelebung einer menschenwürdigen, sicheren und selbständigen Lebensgrundlage für zwei Milliarden Menschen, die auf einer kollektiven Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und kleinerer Produktionsprozesse wie Landwirtschaft, Fischerei, Handwerk, der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen basiert. Ein weiterer Weg ist ein Programm zur Regeneration und Erhaltung von Ökosystemen, das von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften geleitet wird. Ein dritter sind unmittelbare öffentliche Investitionen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Verkehr, Wohnen, Energie und anderer Grundbedürfnisse, die von der lokalen demokratischen Verwaltung geplant und durchgeführt werden. Und schließlich sind Anreize und Fehlanreize für nachhaltige Produktions- und Konsummuster von entscheidender Bedeutung. Diese Ansätze würden Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt miteinander verbinden und allen, insbesondere den am stärksten Ausgegrenzten, eine Stimme geben. Ein Vorschlag für eine Million Klimaarbeitsplätze in Südafrika ist in diesem Sinne zu verstehen, ebenso wie ein feministischer Konjunkturplan für Hawaii und mehrere andere Vorschläge für soziale Gerechtigkeit in anderen Ländern.

Nichts davon wird einfach sein, aber ich glaube, es ist unerlässlich, wenn wir Frieden mit der Erde und untereinander schließen wollen.

Ashish Kothari ist Gründungsmitglied von Kalpavriksh, einer Umweltorganisation in Indien. Er hilft bei der Koordinierung des Global Tapestry of Alternatives und war Mitautor oder Mitherausgeber mehrerer Bücher, darunter »Churning the Earth« (2012) und »Pluriverse« (2019).

https://www.scientificamerican.com/article/these-alternative-economies-are-inspirations-for-a-sustainable-world/


 Kurdistan Report 225 | Januar/Februar 2023