Solidarität mit Nord- und Ostsyrien

Durchbrecht das Schweigen!

Zentrum für zivile Diplomatie in Nord- und Ostsyrien


Die Angriffe der Türkei auf die demokratischen Gesellschaftsstrukturen in Nord- und Ostsyrien, im Norden des Iraks und im Iran benötigen eine Antwort der weltweiten Zivilgesellschaften, die Diplomatie der Völker.

Durchbrecht das Schweigen!Seit dem 20. November greift die Türkei kontinuierlich die Region Nord- und Ostsyrien an. Die Türkei bombardiert den gesamten Nordosten Syriens mit Kampfflugzeugen, Drohnen und Granaten. Sie nimmt vor allem Zivilist:innen und zivile Infrastruktur wie Schulen, Krankenhäuser, Genossenschaften, Gas- und Ölfelder, Kraftwerke, Getreidesilos usw. ins Visier. Genau so wurden auch die Wachen des Lagers in al-Hol, in dem mehr als 53 000 Frauen und Kinder von Mitgliedern des sogenannten Islamischen Staates (IS) leben, angegriffen. Acht der Wachleute wurden getötet, einigen IS-Mitgliedern gelang die Flucht. Die Türkei griff auch einen Ort in der Nähe des Gefängnisses an, in dem IS-Mitglieder inhaftiert sind. Alle diese Angriffe scheinen mit der Zustimmung der NATO und Russlands zu erfolgen.

Es ist offensichtlich, dass der Bombenanschlag am 13.11.2022 in Istanbul als Vorwand für einen Angriff auf Nord- und Ostsyrien genutzt wird. Und obwohl immer deutlicher wird, dass der IS oder eine andere salafistische Gruppe für diesen Anschlag verantwortlich ist, dauern die Verschwörung gegen die Menschen im Nordosten Syriens und das Schweigen der internationalen Gemeinschaft an.

Es ist auch klar, dass das vorherrschende Staatensystem eine Entscheidung gegen die Selbstermächtigung der Menschen getroffen hat, indem es die Selbstorganisierung der Menschen nicht akzeptiert und stattdessen terroristische Gruppen wie Taliban, Al-Nusra-Front oder den IS an der Macht hält. Das Szenario für Afghanistan wird nun auch hier und in der Ukraine in die Tat umgesetzt.

Die Angriffe auf Nord- und Ostsyrien stellen eine Bedrohung für die ganze Welt dar. Im Nordosten Syriens ist eine echte Demokratie entstanden, die auf Ökologie, echter Demokratie und der Freiheit der Frauen basiert. Anstatt einen Staat aufzubauen, haben die hier lebenden Menschen aller Religionen und Ethnien begonnen, ihre Gesellschaft in allen Bereichen selbst zu organisieren. Kommunen und Räte wurden als Grundlage dieser Demokratie gegründet. Menschen aller Ethnien und Religionen, darunter Araber:innen, Kurd:innen, Assyrer:innen und Êzîd:innen, leben in Frieden zusammen, und Frauen spielen eine bedeutende Rolle. Es wurden eine Geschlechterquote und das Ko-Vorsitzendensystem eingeführt, um zu gewährleisten, dass Männer und Frauen gleichermaßen vertreten sind.

Es wurde ein demographischer Wandel eingeleitet

Die herrschenden Mächte betrachten Menschen, die ihre Gesellschaft selbst organisieren, als Bedrohung. Das ist der Grund, warum Efrîn im Jahr 2018 und Serêkaniyê und Girê Spî im Jahr 2019 besetzt wurden. Mit der Invasion wurde ein demographischer Wandel eingeleitet. Die Kurd:innen wurden vertrieben und die meisten von ihnen leben bis heute als Flüchtlinge, während Dschihadist:innen in ihre Häuser eingezogen sind. Die lokale Bevölkerung zu vertreiben und durch dschihadistische Gruppen zu ersetzen scheint das Konzept zu sein, dass die Türkei mit Zustimmung der internationalen Gemeinschaft für den gesamten Nordosten Syriens verfolgt.

Wir sehen, dass der Faschismus überall auf der Welt stärker wird, und wir erkennen, dass es nicht ausreicht, diese Bedrohung nur lokal zu bekämpfen. Eine globale Bewegung gegen den Krieg ist dringend nötig, zumindest aber eine globale Solidarität.

Es ist wichtig, gemeinsame Antworten zu finden

In diesen Zeiten stellt sich also die Frage, wie können sich die Völker gegenseitig unterstützen? Wie können zum Beispiel die Menschen an anderen Orten diesen Kampf unterstützen? Und wie können wir euch an anderen Orten unterstützen? Wie können wir diesen Kampf noch mehr zusammenbringen? Besonders in diesen gefährlichen Zeiten, in denen eine Demokratie, ein Volk zerstört werden könnte. Nord- und Ostsyrien ist zu einer Hoffnung, zu einer Inspiration für alle Menschen geworden, die nach Demokratie und Frieden streben. Die Zerstörung des Projekts der autonomen Verwaltung in Nord- und Ostsyrien wird Auswirkungen auf die ganze Welt haben. Faschismus, einschließlich des Faschismus des IS oder der Al-Nusra-Front, ist immer global und stellt eine echte Bedrohung für alle Menschen dar, die in Demokratie, Frieden und Pluralität leben wollen. Wenn die Demokratie im Nordosten Syriens zerstört wird, wird der Faschismus auf der ganzen Welt stärker werden.

Es ist wichtig, gemeinsame Antworten auf diese Fragen zu finden, denn mit diesen Problemen sind wir weltweit konfrontiert. Auf der einen Seite stehen die faschistischen Kräfte und auf der anderen Seite die Menschen, die einfach nur in Frieden, Pluralität und Demokratie zusammenleben wollen. Es ist wichtig, dass alle Menschen, die nach Demokratie und Frieden streben, also die gesamte Zivilgesellschaft, diese Bedrohung als ihre eigene erkennen und anfangen, Brücken zu bauen und zumindest nicht Teil dieses globalen Krieges zu werden.

Wir rufen die Zivilgesellschaft zu Solidarität mit den Völkern in Nord- und Ostsyrien auf und schlagen folgende Aktionsformen vor:

  • Protestieren Sie gegen diesen Krieg, diskutieren Sie, ergreifen Sie Partei, schreiben Sie Artikel, verfassen Sie Erklärungen, und werden Sie zu einer einheitlichen Stimme gegen die Logik des Krieges und für den Frieden.
  • Ergreifen Sie Maßnahmen, die Druck auf jene Regierungen ausüben, die dieser Invasion schweigend zusehen.
  • Entwickeln Sie Bündnisse und Netzwerke, um eine gemeinsame Front gegen Aggression, Faschismus und Krieg aufzubauen.
  • Führen Sie eilige und dringliche Unterstützungskampagnen durch, wie z.B. Unterschriftensammlungen, um die Verhinderung von Luftangriffen auf Nord- und Ostsyrien zu fordern.

Durchbrecht das Schweigen!

Stoppt den Krieg der Türkei in Nord- und Ostsyrien!


 Kurdistan Report 225 | Januar/Februar 2023