»Freiheit und Selbstbestimmung«
Bericht einer Delegationsreise nach Kurdistan erschienen
Florian Osuch
In wenigen Wochen feiern die Menschen in Kurdistan ihr Neujahrsfest Newroz. Die Feierlichkeiten am 21. März sind für die Menschen dort und auch hierzulande ein bedeutender Tag. Für die Freiheitsbestrebungen ist Newroz ein Symbol der Widerständigkeit und auch der Zuversicht. Zu den Hauptfestivitäten nach Amed (türkisch Diyabarkır) kamen im vorigen Jahr bis zu zwei Millionen Menschen. An diesen Feierlichkeiten nahmen auch junge Menschen einer Delegationsreise aus Deutschland teil. Zehn Tage war die Gruppe auf Einladung des kurdischen Studierendenverbandes YXK in Nordkurdistan/Türkei unterwegs. Aus den Erfahrungen und Begegnungen ist eine Dokumentation entstanden, die jetzt erschienen ist. Reiseberichte, Interviews, Bilderserien und Hintergrundreportagen geben einen umfangreichen Einblick in die kurdische Bewegung und das Ringen der Menschen nach Befreiung, Selbstbestimmung, Demokratie und Frieden.
Die Delegation legte insgesamt rund 1 300 Kilometer zurück. In einer Rundtour ging es von Amed ins Grenzgebiet Türkei-Iran-Irak unter anderem nach Roboski. In dem Ort kamen im Dezember 2011 bei einem Massaker der türkischen Armee 34 Menschen ums Leben. In Colemêrg (Hakkâri) im äußersten Südosten der Türkei halfen die Delegationsteilnehmer beim Verladen von Hilfsgütern, die für Westkurdistan/Syrien bestimmt waren.
Die Reisegruppe wollte die kurdische Freiheitsbewegung kennenlernen und gleichzeitig mögliche Repressionen gegen die Newroz-Feiern dokumentieren. »Mit unserer Anwesenheit wollten wir ein starkes Zeichen der Solidarität setzen«, heißt es. Die Situation war zu Reisebeginn schwer einzuschätzen. Einerseits hatte die türkische Regierung wenige Wochen zuvor verkündet, Gespräche mit dem inhaftierten Kurdenführer Abdullah Öcalan zu führen. Andererseits waren erst zwei Monate vergangen, dass drei kurdische Aktivistinnen in Paris ermordet worden waren.
Unterstützt wurde die Delegation unter anderem von der Linkspartei im Europaparlament. Jürgen Klute (MdEP, Die Linke) schreibt in einem Beitrag, dass die Dokumentation nicht nur »qualitativ gelungen« sei, sondern auch »zur rechten Zeit« erscheint. Die Türkei sei im vorigen Jahr »so sehr im Licht der internationalen Öffentlichkeit« gewesen wie lange nicht mehr. Im Zentrum standen das historische Friedensangebot der kurdischen Bewegung und die Gezi-Park-Bewegung, die sich von Istanbul in zahlreiche türkische Städte ausbreitete.
Besonders lesenswert in der Publikation ist das ausführliche Interview mit der kurdischen Parlamentsabgeordneten Emine Ayna (»Die kurdische Freiheitsbewegung ist eine Klassenbewegung«). Darüber hinaus gibt es Berichte zur Situation der Jugendlichen in Kurdistan sowie Hintergründe zur Rolle der Frauen in der Freiheitsbewegung und zu alternativen Bildungsangeboten. Thematisiert wird auch die ständige Angst vor Repression und die Situation der politischen Gefangenen. Herausragend ist wohl der Beitrag zur Queer-Bewegung. Die kurdische schwul-lesbisch-transgender-Organisation Hebûn kritisiert, dass sich »westliche« Partnerorganisationen viel zu wenig für die Situation in Kurdistan interessieren würden.
Die kurdische Bewegung im Kampf um Selbstbestimmung. Bericht einer Delegationsreise, 92 Seiten, Bezug über den kurdischen Studierendenverband YXK per Mail: